Doppelvierer-Gold: Im Sog des Achters
Auch der Doppelvierer gewinnt Gold mit fast einer Bootslänge Vorsprung. Damit sind die Ruderer bereits jetzt besser als vor vier Jahren. Und feiern können sie sowieso
LONDON Na gut, der Balotelli wurde es dann doch nicht. Karl Schulze behielt sein Trikot an, als er das Siegerpodest erklomm. Auch verharrte der Ruderer nicht in jener Unglaublicher-Hulk-Pose, die Italiens Fußball-EM-Star nach seinem Treffer gegen Deutschland eingenommen hatte. Doch die beeindruckenden Muskeln spielen ließ Schulze dann sehr wohl.
Man gewinnt ja schließlich nicht alle Tage Olympia-Gold. Zusammen mit seinen Teamkollegen aus dem Männer-Doppelvierer, Schlagmann Tim Grohmann, Philipp Wende und Lauritz Schoof feierte er ausgelassen die verblüffende Triumphfahrt auf dem Dorney Lake zu Gold. Selbst die Weltcup-Sieger aus Kroatien hatten nicht den Hauch einer Chance gegen den deutschen Doppel-Vierer. „Heute hat alles gepasst. Als die Kroaten angegriffen haben, sind wir weggezogen. Das war der Knackpunkt”, kommentierte Grohmann.
Die überraschende Dominanz mit einer Bootslänge Vorsprung genossen die Kraftpakete in vollen Zügen. Inbrünstig sangen sie bei der Siegerehrung die deutsche Hymne mit und ließen sich im Anschluss von Familienmitgliedern und Freude feiern. „Mein Gott, was gibt es Schöneres. Nach dem letzten Jahr war das die Revanche”, kommentierte der überglückliche Schulze.
Anders als vor knapp einem Jahr, als ein rudertechnischer Fehler kurz vor dem Ziel den sicher geglaubten Sieg bei der WM gekostet hatte, bewahrte die Mannschaft diesmal die Nerven. Vom ersten Ruderschlag an übernahm sie die Regie. Bereits nach 500 Metern betrug die Führung eine halbe Bootslänge. Auf alle Versuche der Kroaten wussten die Deutschen die richtige Antwort. Deshalb war der Widerstand der Konkurrenten bereits weit vor dem Ziel gebrochen. Mit unerwartet großem Vorsprung kam das DRV-Boot ins Ziel. „Das war beeindruckend”, lobte Cheftrainer Hartmut Buschbacher.
Besonders großen Grund zur Freude hatte Lauritz Schoof. Beim WM-Finale vor einem Jahr in Bled hatte sich der Rendsburger im Schlussspurt einen sogenannten „Krebs” eingefangen. Dieser Fehler kurz vor dem Ziel hatte Australien zum Sieg verholfen. Dem Unglücksraben machte das noch lange zu schaffen. Ein Mentaltrainer half, das Geschehen zu verarbeiten. Der famose Auftritt von Eton befreite Schoof von schwerer Last: „Auf den letzten 300 Metern habe ich gedacht. Jetzt bloß keine Gefühle zulassen. Wahnsinn, ich kann es immer noch nicht glauben.”
Damit steht der DRV nach Gold für den Achter und Silber für den Frauen-Doppelvierer bereits vor dem letzten Finaltag deutlich besser da als noch in Peking. Vor vier Jahren hatte es nach der dürftigen Bilanz mit jeweils einmal Silber und Bronze Kritik an dem über Jahrzehnte erfolgsverwöhnten Verband gegeben. „Gold im Achter und Vierer werden uns deutlichen Auftrieb geben”, sagte Buschbacher.
Da konnte auch der etwas unglückliche sechste und damit letzte Platz von Marcel Hacker im Einer die Freude nicht trüben. Der 34-Jährige, der mit Medaillen-Ambitionen gestartet war, verlor beim Triumph des Neuseeländers Mahe Drysdale kurz nach Beginn schon den Anschluss an die Spitze und ruderte schließlich abgeschlagen ins Ziel. Silber holte der tschechische Vizeweltmeister Ondrej Synek. Bronze sicherte sich der Brite Alan Campbell.
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