Diskuswerferin Kristin Pudenz: "Ich bin eine Wettkampf-Athletin"
Die Scheibe flog und flog, die Weitennehmer im Berliner Olympiastadion mussten ihr ein gutes Stück hinterherlaufen. 67,10 Meter, der deutsche Meistertitel für Kristin Pudenz. Wie bei Olympia 2021, wo sie Silber gewann, verbesserte die Diskuswerferin ihre persönliche Bestmarke just da, als es darauf ankam.
Pudenz sagt der AZ: "Ich bin auf jeden Fall eine Wettkampf-Athletin, im Training werfe ich meist zwei, drei Meter weniger als im Wettkampf. Das hat mit der größeren Anspannung und dem Adrenalin zu tun, aber auch mit dem Spaß am Wettkampf. Ich bin froh, dass ich auch mental auf den Punkt meine Leistung zeigen kann, das war nicht immer so."
Kristin Pudenz: Mit 29 in der Form ihres Lebens
Die Werferin des SC Potsdam ist zur Weltmeisterschaft mit 29 Jahren in der Form ihres Lebens. Sie sagt mit Blick auf das am Freitag beginnende Turnier in Eugene (USA) und die Europameisterschaft in München (ab 11. August): "Natürlich wäre es schön, diese Leistung der DM noch mal zu steigern beziehungsweise zumindest zu bestätigen. Mit dieser Weite bin ich bei beiden Wettkämpfen definitiv Medaillenkandidatin und möchte gerne auch bei beiden eine mit nach Hause nehmen."
Für Pudenz zahlt sich nun aus, dass sie in schweren Phasen der Karriere Geduld mit sich hatte. Denn sie war jahrelang nahe an der Spitze, aber eben nicht darüber. "Der Moment, der mich zum Umdenken bewegt hat, war 2018 die EM in Berlin. Ich saß auf der Tribüne und habe die deutschen Diskuswerferinnen angefeuert, obwohl ich auch die Norm hatte. Ich war aber 2018 noch nicht auf diesem Niveau, mich national durchzusetzen."
Danach entschied sie, "noch einmal alles Mögliche zu versuchen in der Hoffnung, dass ich mich noch steigern kann". Sie nahm durch die Zusammenarbeit mit einem Ernährungsberater mehrere Kilo ab, holte sich Unterstützung von einem Mentalcoach und einen Neuroathletik-Trainer. "Ich habe einfach noch mal alles für den Sport gegeben."
Der 1,91 m großen Pudenz gelang danach der nationale und der internationale Durchbruch. Die Selbstzweifel, die sie plagten, sind weniger geworden: "Ich traue mir mittlerweile selber zu, wirklich Medaillen bei internationalen Höhepunkten gewinnen zu können und Weiten über 68 m werfen zu können."
Schon allein auf deutscher Ebene ist dies eine Leistung in den traditionell medaillenreichen Wurf-Disziplinen. "Bei den Deutschen Meisterschaften dieses Jahr zum Beispiel hatten wir fünf Frauen mit Weiten über der EM-Norm, insgesamt waren dieses Jahr sogar sieben Frauen über der EM-Norm."
Werfer "gehen in letzter Zeit etwas unter"
Sie findet angesichts der Zahlen, dass die Leichtathletik in der Öffentlichkeit gut ankommt, aber die Werfer "in letzter Zeit etwas untergehen. Man hat sich schon fast daran gewöhnt, dass der deutsche Wurf bei internationalen Wettkämpfen vorne mitmischt und es ist nichts Besonderes mehr. Das finde ich schade."
Denn gerade der Diskuswurf ist eine verzwickte, arbeitsintensive Disziplin. Es geht um die individuelle Kombination aus Kraft, Schnelligkeit und Feingefühl für die Technik, beschreibt Pudenz. "Und man braucht eine Menge Geduld, manchmal dauert es ganz schön lange, an einem technischen Detail zu arbeiten."
Aber, sagt Pudenz, "wenn es dann endlich Klick macht, macht es umso mehr Spaß." So, wie nun auch bei ihr selbst.
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