Die Vertragsfahrt
Formel-1-Ass Nick Heidfeld, gestern beim Heimrennen am Hockenheimring Vierter, begeistert seinen Chef bei BMW endlich wieder
HOCKENHEIM Hat sich Nick Heidfeld gestern mit seinem Ritt auf den Hockenheimring womöglich schon ein weiteres Jahr bei BMW gesichert? „Nick ist sensationell gefahren", sagte BMW-Motorsportboss Mario Theissen über den vierten Platz Heidfelds. „Er ist die schnellste Runde gefahren, er hatte den richtigen Speed, hat keinen Fehler gemacht und war am Ende sogar schneller unterwegs als Felipe Massa im Ferrari."
Der Chef war also geradezu euphorisch, auch, wenn Heidfeld es – anders als vor zwei Wochen in England – nicht aufs Podest geschafft hatte. „Das heute war genauso gut wie der zweite Platz von Silverstone", sagte Theissen.
Es ist sicherlich nicht so, dass der BMW-Boss plötzlich bescheiden geworden wäre und sich jetzt, nachdem Robert Kubica Anfang Juni das Rennen in Kanada gewonnen hat, grundsätzlich auch mit Platzierungen jenseits des Treppchens glücklich wäre, aber „wenn man von Platz sieben und zwölf ins Rennen geht und dann auf Platz vier und sieben landet, dann kann man sehr zufrieden sein. Das war eine Klasse-Leistung", erklärte Theissen.
Das sah auch der Experte so. „Es war ein toller Erfolg für Nick und ein großartiger Tag für BMW nach dem schwierigen Qualifying", sagte Ex-Weltmeister Keke Rosberg.
Von Rang zwölf ins Rennen gegangen war gestern übrigens Heidfeld, der somit in der Qualifikation wieder einmal langsamer gewesen war als Kubica. Und waren diese Niederlagen im Qualifying nicht auch der Grund dafür gewesen, dass Theissens Vertrauen in Heidfeld immer mehr am Schwinden schien, dass längst Gerüchte die Runde machten, der Ingenieur aus Monschau würde den Fahrermarkt sondieren? Gestern war das alles kein Thema mehr. Denn: „Wir waren schneller als Ferrari, und Nick hat eine tolle Aufholjagd gezeigt", befand Theissen.
Fährt Heidfeld so seinem neuen Vertrag entgegen? Er wirkte erleichtert, als er eine halbe Stunde nach dem Rennen neben einem lächelnden Theissen vor dem BMW-Motorhome seine Interviews gab. „Wenn man bedenkt, von wo ich gestartet bin, hätte es nicht besser laufen können", sagte er, „ich war das ganze Wochenende schnell und wusste, dass wir vom Speed vorne mitfahren können."
Und auch den enttäuschenden zwölfte Platz im Qualifying konnte Heidfeld dieses Mal kurz und schmerzlos erklären. „Ich habe es einfach vermasselt, das sollte natürlich nicht passieren, aber so ist es eben."
Kein Wort mehr davon, dass er seine Reifen aus welchen Gründen auch immer nicht auf die richtige Temperatur bringen konnte, dass Kubica besser mit dem Boliden zurecht käme. Stattdessen ein klassischer Fahrfehler. Ärgerlich, aber eben auch verzeih- und vermittelbar. Vor allem auch Theissen, diesem stets analytisch und klar denkenden Menschen.
Um seine Fahrer scheint sich Theissen vorerst keine Sorgen mehr machen zu müssen. Er kann sich also wieder anderen, klareren Problemen widmen. Solchen vor allem, die keine Analysen von Persönlichkeitsstrukturen erfordern. Theissen: „Wir müssen jetzt in den nächsten Tagen analysieren, wieso das Auto nicht immer so schnell fährt wie hier im Rennen." Schließlich wolle man beim nächsten Rennen in Ungarn „nicht nur im Ziel, sondern auch am Start weiter vorne stehen."
Filippo Cataldo