Die rote Schande

In Hockenheim muss Ferrari-Pilot Massa vom Gas gehen, damit sein Teamkollege Alonso siegt. Schumi gefällt’s, Lauda wettert: „Betrug!“
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Der rote Sündenfall: Fernando Alonso (vorn) ist an seinem Ferrari-Teamkollegen Felipe Massa vorbeigezogen. Gegenwehr? Im Gegenteil. Das Manöver hat sich über Boxenfunk angekündigt.
Bongarts/Getty Images Der rote Sündenfall: Fernando Alonso (vorn) ist an seinem Ferrari-Teamkollegen Felipe Massa vorbeigezogen. Gegenwehr? Im Gegenteil. Das Manöver hat sich über Boxenfunk angekündigt.

In Hockenheim muss Ferrari-Pilot Massa vom Gas gehen, damit sein Teamkollege Alonso siegt. Schumi gefällt’s, Lauda wettert: „Betrug!“

HOCKENHEIM „Let Michael pass for the Championship“, hörte Rubens Barrichello 2002 während des Rennens in Österreich in seinem Kopfhörer. Der Funkspruch damals kam vom seinerzeitigen Ferrari- Teamchef Jean Todt. Barrichello ließ Schumacher passieren, die Formel-1-Welt jaulte auf, wenig später verbot die FIA die Teamorder.

Jean Todt ist mittlerweile selbst Chef der FIA. Mal sehen, wie er jetzt reagiert. In der 49. Runde des Großen Preises von Hockenheim führte Todts Nachfolger bei Ferrari, Stefano Domenicali, ganz nebenbei nämlich die Teamorder wieder ein. Der Leidtragende diesmal: Felipe Massa, der beim Start sowohl seinen Teamkollegen Fernando Alonso als auch den von der Pole-Position gestarteten Sebastian Vettel überholt und das Rennen bis souverän angeführt hatte.

Doch dann gab Massa beim Herausbeschleunigen nicht genug Gas, Alonso zog vorbei. Zu allem Überfluss machte Ferrari die Teamorder auch noch selbst öffentlich. „Felipe, Fernando ist schneller als du. Kannst du bestätigen, dass du diese Information verstanden hast“, funkte Massas Renningenieur seinem Schützling zu. Massa verstand, ließ Alonso vorbei. „Sorry, Felipe“, hörte Massa nach dem Manöver.

Alonso gewann schließlich das Rennen vor Massa – und fragte nach der Zieldurchfahrt: „Was war mit Felipe los? Hatte er Probleme mit dem Getriebe?“ Sein Renningenieur antwortete lapidar: „Nein, nein, er ist okay, genieße deinen Sieg.“

Ob Alonso das tatsächlich lange kann, ist allerdings fraglich. Gut möglich, dass Vettel, der nach seinem verpatzten Start ein fehlerfreies, aber gleichzeitig auch unspektakuläres Rennen fuhr und als Dritter ins Ziel kam, doch noch nachträglich seinen ersten Sieg beim Heim-Rennen feiern darf. Eine Untersuchung des Vorfalls ist wahrscheinlich. Mögliche Strafen reichen von einer Geld- und Zeitstrafe bis zur Disqualifikation der beiden Fahrer. Viel schwerer dürfte aber der Imageschaden wiegen: „Das war ein verdienter Ferrari-Sieg mit einem riesigen Schönheitsfehler“, sagte der dreimalige Weltmeister und RTL-Experte Niki Lauda, „das war inakzeptabel, unverständlich und Betrug am Zuschauer!“

Womöglich wollte Ferrari mit der Aktion nur ein Statement setzen – und Red Bull unterstützen. Nach den Vorfällen von Silverstone, als Vettel und sein Teamkollege Webber während des Rennens aneinander gerieten, erklärte Red-Bull-Chef Christian Horner, dass bei Red Bull künftig der in der WM-Führung vorne liegende Fahrer seinen Teamkollegen unterstützen müsste.

Die Teamorder der Scuderia aber fand Horner überhaupt nicht lustig: „Das war ganz klar Teamorder, die haben die Position gewechselt, sich dann sogar noch bei Felipe entschuldigt, das ist schon eine Schande.“ Eine Schande in rot.

Rückendeckung bekam Ferrari von Michael Schumacher: „Das ist keine Kaffeefahrt hier, es geht um die WM“, sagte er. „Ich kann die Diskussion nicht verstehen. Das ist doch alles Mumpitz.“ Schumacher war und ist weiter ein Befürworter der Teamorder. „Es kann nur einer Weltmeister werden. Es geht ums Team. Wenn am Ende fünf Punkte fehlen, würden alle sagen: Was für Deppen wart ihr denn damals in Hockenheim?“ Die alten Allianzen halten. fil

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