Die Geschichte vom armen, dummen Everl
Der Dopingfall um Evi Biathletin Sachenbacher-Stehle: Nun soll’s der Gute-Laune-Tee aus Asien gewesen sein. Der Verband versucht, den Skandal herunterzuspielen – und spricht von Naivität.
Sotschi Mei, die Evi halt. Das arme, naive Everl. Auf diese Entschuldigungsstrategie scheinen sich im Dopingfall der Biathletin Evi Sachenbacher-Stehle, meint: „Es ist nicht nur ärgerlich, es ist mehr als dumm von ihr.“
Fakt ist: Sachenbacher-Stehle hat zwischen vier und sieben Nahrungsergänzungsmitteln zu sich genommen, die sie von ihrem Mentaltrainer, einem früheren Leistungssportler, erhielt. Das verbotene Mittel hat sich wohl in einem „Gute-Laune“-Tee aus Asien befunden. Die Identität dieses Mental-„Gurus“ wurde noch nicht gelüftet. Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen rund um den Dopingfall.
Was droht Evi? Das Regelwerk des Biathlon-Weltverbandes sieht eine Zweijahressperre vor. Sollte die IBU aber zum Ergebnis kommen, dass die 33-Jährige nicht beabsichtigt habe, ihre Leistung zu steigern, kann es der Verband bei einer Abmahnung belassen. Dafür muss der Athlet aber den Nachweis erbringen. Sachenbacher-Stehle wird nicht als Wiederholungstäterin bewertet, die Schutzsperre, die sei bei den Spielen 2006 wegen auffälliger Blutwerte erhalten hat, gilt nicht als Dopingfall. Doch Evi drohen weitere Konsequenzen. Als Hauptfeldwebel der Sportförderkompanie liegen bei einer Überführung wegen Dopings „die Voraussetzungen für eine Förderung durch die Bundeswehr nicht mehr vor, der Athlet wird aus der Spitzenförderung herausgenommen“. Damit wäre sie nicht aus der Bundeswehr an sich entlassen. Zudem kann ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden.
Was macht der DOSB? Der DOSB hat Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet. Sachenbacher-Stehle hat aber auch die Athletenvereinbarung des DOSB unterschrieben. Als Sanktionen hieraus sind bei Dopingvergehen Vertragsstrafen (bis 10.000 Euro) oder die Rückzahlung der Entsendungskosten möglich. Die Staatsanwaltschaft München I hat bereits am Freitag ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Was ergaben die Hausdurchsuchungen? Das Landeskriminalamt hat zwei private Gebäude von Sachenbacher-Stehle sowie den Olympiastützpunkt der Biathleten in Ruhpolding durchsucht. „In einem der Objekte wurden Nahrungsergänzungsmittel sichergestellt“, sagte Staatsanwalt Peter Preuß. Der Tatvorwurf lautet: „Unerlaubtes Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport“. „Der Tatverdacht besteht gegen einen unbekannten Dritten, nicht Sachenbacher-Stehle“, sagte Preuß.
Was wird aus Evi? Anwalt Marc Henkelein kündigte eine aktive Mitarbeit seiner Mandantin bei der Aufklärung an. Sollte Evi gesperrt werden, ist die Karriere der 33-Jährigen, die im Monat laut „Bild“ 16500 Euro verdient, wohl beendet. Sie hat sechs Privatsponsoren, bisher haben die sich noch nicht geäußert, ob sie sich zurückziehen wollen. Was sind Nahrungsergänzungsmittel? Die Zusammensetzung dieser ist oft nicht ersichtlich, deswegen wurden über 400 Dopingfälle durch Verunreinigungen (z.B. Asafa Powell) bekannt. Auf der „Kölner Liste“ sind Hunderte Ergänzungsmittel aufgeführt, die auf Dopingsubstanzen getestet wurden. Die Nationale Anti-Doping-Agentur empfiehlt, auf Ergänzungsmittel zu verzichten.
Was macht die Politik? Justizminister Heiko Maas kündigte eine verschärfte Dopinggesetzgebung an: „Sowohl der Besitz als auch die Anwendung von Doping-Mitteln sollen unter Strafe gestellt werden. Doping-Sündern und Doping-Ärzten drohen dann Haftstrafen von bis zu fünf Jahren.“ Bisher ist nur der Besitz oder Erwerb „nicht geringer Mengen“ strafrechtlich relevant.
Kontrollen in Sotschi: Bei 2631 Tests wurden auch noch Langläufer Johannes Dürr (Österreich), die Eishockeyspieler Nicklas Backström (Schweden) & Vitalijs Pavlovs (Lettland), Langläuferin Marina Lisogor (Ukraine) und Bobfahrer William Frullani (Italien) überführt.