„Der Toni, das war unser Beckenbauer“
Franz Klammer trauert um sein Vorbild – und erklärt, warum Toni Sailer in Österreich ein derartiges Idol war.
AZ: Herr Klammer, der österreichische Skisport hat eine seiner größten Legenden verloren: Toni Sailer verstarb im Alter von 73 Jahren.
FRANZ KLAMMER: Ja, und ich muss zugeben, ich bin den Tränen nahe. Der Toni war ein guter Freund von mir, ein Mensch, der mir sehr viel bedeutet hat, der mich einen großen Teil meines Lebens begleitet hat. Ohne ihn und sein Wissen, hätte es den Skifahrer Klammer in dieser Art nie gegeben. Nicht nur der österreichische Skisport trauert, ganz Österreich trauert. Wir haben einen der größten Sportler verloren, den es je gab. Und wir haben einen unglaublichen Menschen verloren.
Sailer war Ihr ganz persönliches Idol.
Absolut. Als kleiner Bub wollte ich immer so sein wie er. Später war er mein Trainer und auch der Teamchef. Es war schön, mit ihm zusammenzuarbeiten und wie aus diesem Verhältnis Idol – Fan irgendwann eine echte Freundschaft entstanden ist.
Auch für Österreich ist Sailer immer ein Symbol über den Sport hinaus gewesen.
Richtig, es gibt kaum ein größeres Idol. Was für euch Deutsche der Franz Beckenbauer ist, war der Toni für uns. Vielleicht war er sogar mehr. Denn er hat mit seinen Erfolgen unserem Land, das nach dem Krieg am Boden war, wieder so etwas wie Hoffnung und Selbstbewusstsein gegeben. Deswegen hatte der Toni immer eine historische Dimension, die nicht in der Welt des Sports gefangen war.
Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?
Anfang des Jahres beim Hahnenkamm-Rennen in Kitzbühel. Ich wusste, dass es ihm nicht gut ging, aber er hat sich nichts anmerken lassen. Er hat nie groß über seine Krankheit gesprochen. Er hat das immer mit großer Würde genommen. Er hat nur mal gesagt: „Das ist wie im Sport auch, man muss es eh nehmen, wie es kommt.“ Er hat das Leben geliebt, und jeder, der das Leben liebt, akzeptiert den Tod. Denn der gehört zum Leben.
Was ist denn Ihre schönste Erinnerung an Toni Sailer?
Das sind so viele. Aber vielleicht, als ich erstmals mit ihm zu einem Rennen fahren durfte. Auf dem Weg dahin, hat er mir erzählt, wie es so abgeht und damit die Angst genommen. Er hat sein unglaubliches Wissen immer mit uns geteilt. Und auch später, wenn man zusammen saß, hing man förmlich an seinen Lippen, denn er war ein sehr weiser Mann. Und nicht zu vergessen. „A Hetz“ hast mit dem Toni auch immer gehabt. Wirklich immer. Ich werde ihn sehr vermissen.
Interview: Matthias Kerber
- Themen:
- Franz Beckenbauer