Der gute Mensch von Rockenheim
HOCKENHEIM - „Ich bin Rennfahrer wegen Gott.“ Jetzt will Lewis Hamilton für eine bessere Welt sorgen. Liebevoll kümmert sich der Champion um seinen behinderten Bruder Nicolas.
Die Gummistiefel sind etwas zu klobig, das Schlagzeug vielleicht ein bisschen zu groß. Aber der schmächtige Junge schlägt sich auch bei diesem vielleicht etwas zu improvisierten Spektakel wacker. Natürlich. Schließlich ist er Lewis Hamilton. Der Perfekte. Der Wunderknabe der Formel 1.
Nach seinem überragenden Sieg vor zwei Wochen beim Heimrennen in Silverstone führt er die WM-Wertung zusammen mit den Ferrari-Piloten Kimi Räikkönen und Felipe Massa an. „Er ist ein Glücksfall für die Formel 1", sagt Formel-1-Zampano Bernie Ecclestone. „Wer Formel 1 sagt, meint Hamilton", behauptet sein Boss, Motorsport-Chef Norbert Haug.
Wenn man Hamilton nett bittet, läuft er sogar in Gummistiefeln durch den künstlichen Teich unter der Mercedes-Tribüne, wo sein Arbeitgeber dieses Wochenende am Hockenheimring seine Ehrengäste empfängt. Oder er spielt Schlagzeug. Oder er fährt in aller Herrgottsfrühe zu einem Sponsor, um an einem Musik-Quiz teilzunehmen und Musiktitel zu erraten.
Seit seinem Sieg vor zwei Wochen rockt Hamilton wieder die Formel 1. Und in Hockenheim will er natürlich auch wieder gewinnen. Für sich selbst, aber vor allem für „Mercedes und die vielen deutschen Fans.".
Wenn Hamilton in der Königsklasse des Motorsports nicht schon für Furore sorgen würde, dann hätte man diesen höflichen jungen Briten klonen müssen. Auch weil er mit seinem ewigen Lächeln und seinen guten Manieren perfekt vermarktbar ist für seinen Arbeitgeber McLaren-Mercedes.
Hamilton weiß das. Und er weiß vor allem, dass er populär ist, dass die Menschen bisweilen sogar etwas zu sehr an seinen Lippen hängen, wenn er spricht. Doch genau diesen Umstand nutzt er aus, um hin- und wieder auch über Dinge zu reden, die auf den ersten Blick so gar nicht in die Benzin geschwängerte Atmosphäre eines Rennwochenendes passen. „Ich möchte die Welt besser machen", sagte Hamilton gestern bei seiner Ankunft in Hockenheim, „ich möchte meine Popularität, mein Image dafür benutzen, Gutes zu tun. Ich möchte einen See voll Gutes schaffen", sagt er sogar.
Worte, die man schnell in den Wind sagen kann, klar. Aber man ist geneigt, diesem erst 23-Jährigen sogar das abzunehmen. Hat er schließlich nicht vor kurzem erst eine eigene Stiftung gegründet? Kümmert er sich nicht liebevoll um seinen Bruder Nicolas, der an Kinderlähmung leidet?
„Ich bekomme so viele Charity-Anfragen", sagt Hamilton, „jetzt, wo ich die Stiftung habe, kann ich selber entscheiden, wohin das Geld fließt und wem ich helfe."
Und wieso Hamilton, der gute Mensch von Rockenheim, so viel Gutes schaffen will, verrät er auch gleich. „Gott hat mir so viel Schönes geschenkt, da möchte ich etwas zurückgeben", sagt er in einer Inbrunst, die man sonst nur von brasilianischen Fußballspielern kennt. Denn religiös ist Hamilton, was denn sonst, natürlich auch: „Gott ist für mich schon das ganze Leben da. Ohne Gott wäre ich gar nichts. Gott ist für mich die Nummer 1", sagt er. „Ich bin ein sehr gläubiger Mensch und meine Religion nimmt einen sehr großen Platz in meinem Leben ein."
In einer religiösen Familie sei er aufgewachsen, verrät er, „in einer wundervollen Familie", noch dazu. „Ich bin Rennfahrer wegen Gott, ich habe diese wunderbare Familie dank Gott", sagt er weiter, „ohne Gott wäre ich Nichts."
Ans Schlagzeug sollte er sich aber vielleicht doch noch ein paar Mal setzen, bevor er wieder eine kleine spontane Vorführung gibt.
Filippo Cataldo