Der Frühreife: So tickt Tour-de-France-Sieger Pogacar

Toursieger Tadej Pogacar gilt schon länger als Supertalent, doch auch der Verdacht fährt mit. Die AZ stellt den Triumphator vor
Simon Stuhlfelner
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Auch Tadej Pogacars Freundin Urska Zigart ist Radprofi.
Jan De Meuleneir/imago images Auch Tadej Pogacars Freundin Urska Zigart ist Radprofi.

München - Der Mann, der die Radsportwelt auf den Kopf gestellt hat, präsentierte sich nach seinem großen Triumph fast schüchtern. So angriffslustig wie Tadej Pogacar, der zweitjüngste Sieger der Tour-de-France-Geschichte, auf dem Rad ist, so zurückhaltend ist er im echten Leben.

"Ich bin doch nur ein Junge aus Slowenien, ich habe zwei Schwestern und einen Bruder. Ich weiß nicht, was ich jetzt sagen soll", stammelte Pogacar, nachdem er durch seinen epischen Zeitfahrsieg auf der vorletzten Etappe dem bis dahin souveränen Primoz Roglic das Gelbe Trikot noch entrissen und der Tour de France eine der überraschendsten Wendungen ihrer Geschichte beschert hatte. "Ich möchte Spaß haben, das Leben genießen, die kleinen Dinge. Schon diese Pressekonferenz ist zu groß für mich", erklärte er den versammelten Journalisten aus aller Welt.

Wer ist dieser seit Montag 22-Jährige, dem Ex-Superstar und -Doper Lance Armstrong "eine der besten Leistungen, die wir jemals im Radsport gesehen haben", attestierte?

Pogacar war schon immer seiner Zeit voraus

Pogacar wuchs in der 6000-Einwohner-Gemeinde Komenda im Oberkrain, 25 Kilometer nördlich der Hauptstadt Ljubljana, auf, er lebt mittlerweile in Monaco. Seine Mutter ist Universitätsprofessorin, passenderweise im Fach Französisch, sein Vater Designer. Und irgendwie war der kleine Tadej schon immer seiner Zeit voraus, ein Frühreifer, seit er mit neun Jahren mit dem Radsport begann.

"Seine Altersgenossen überragten ihn um zehn bis 20 Zentimeter", erinnerte sich sein Jugendtrainer Miha Koncilija bei "radsport-news.com", "er lernte dabei zu kämpfen, sich gegen Größere und Stärkere durchzusetzen." Koncilija erinnert sich an kuriose Bilder bei Siegerehrungen, als Pogacar auf der obersten Stufe des Podiums von den weiter unten Stehenden überragt wurde - aber er hatte die Älteren, die "Größeren und Stärkeren" im Rennen eben besiegt.

Jüngster Sieger eines World-Tour-Rennens

Als er in seinem ersten Profijahr beim Team UAE Emirates im Mai 2019 die Kalifornien-Rundfahrt gewann und damit zum jüngsten Sieger eines World-Tour-Rennens wurde, bekam er statt der sonst üblichen Champagnerflasche einen Plüsch-Teddybären überreicht.

In Kalifornien ist Alkoholkonsum offiziell erst ab dem 21. Lebensjahr erlaubt.

Eine der größten Stärken des Supertalents ist offenbar seine Erholungsfähigkeit. "Ja, ich regeneriere wohl ziemlich gut", sagt Pogacar. Das erlaubt ihm, auch in der letzten Woche einer langen Rundfahrt noch frisch zu sein. Als er im Herbst 2019 bei der Spanien-Rundfahrt sein Debüt bei einer Grand Tour gab, stürmte er mit einem unglaublichen Solo-Ritt auf der vorletzten Etappe noch auf Rang drei der
Gesamtwertung.

Freundin Urska Zigart ist ebenfalls Radprofi

Und dann ist da diese eigenartige Mischung zwischen Gelassenheit und Angriffslust. Pogacar sei auch nach den nervenaufreibendsten Etappen stets äußerst gefasst und ruhig in den Teambus zurückgekehrt, heißt es aus seiner Mannschaft. Zuerst habe er stets seine Freundin Urska Zigart (23) angerufen, die ebenfalls Radprofi ist. Vor dem entscheidenden Zeitfahren habe er in einer Ecke gehockt und vor sich hingesummt, berichtete sein Sportlicher Leiter Andrej Hauptman in der "L'Equipe".

Aber kann einer, der die Radsport-Elite an einem Tag so in Grund und Boden fährt, überhaupt sauber sein? Pogacar gewann nicht nur das Gelbe Trikot, sondern auch die Berg- und Nachwuchswertung sowie drei Etappen, an drei Bergpässen stellte er Rekorde für die schnellste jemals gemessene Zeit auf. "Er hat Roglic völlig zerstört. Eine unglaublich starke Leistung. Hoffen wir, dass wir uns auch noch in fünf Jahren darüber Freude dürfen", unkte TV-Experte Jens Voigt dann auch bei Eurosport.

"Will versuchen, der gleiche zu bleiben"

Es gibt allerdings keine konkreten Doping-Verdächtigungen gegen Pogacar, aber klar: Wer sich im Radsport bewegt, hat immer Kontakt mit vorbelasteten Personen. Pogacars Entdecker und Sportchef Hauptman etwa wurde im Jahr 2000 als Profi von der Tour ausgeschlossen, weil sein Hämatokritwert zu hoch war. UAE-Teamchef Mauro Gianetti leitete früher das Skandalteam Saunier Duval, das 2008 wegen eines Dopingfalls von der Tour ausgeschlossen wurde. Und der bei der Operation Aderlass aufgeflogene Dopingarzt Mark S. soll auch Verbindungen in den slowenischen Radsport gehabt haben.

Pogacar kann das alles erstmal kalt lassen. "Die Dinge werden sich für mich verändern. Ich will versuchen, der gleiche zu bleiben", sagte er nach seinem Toursieg.

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