"Der Fan dominiert den Künstler"

„Ich bin Bayern-Fan, seit ich denken kann”, sagt Bruno Jonas – und erklärt, warum er im Stadion auch mal derb wird, welche Rolle der Fußball auf der Bühne spielt.
Gunnar Jans, Patrick Strasser |
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Bruno Jonas kehrt wieder auf die Mattscheibe zurück
Gregor Feindt Bruno Jonas kehrt wieder auf die Mattscheibe zurück

„Ich bin Bayern-Fan, seit ich denken kann”, sagt Bruno Jonas – und erklärt, warum er im Stadion auch mal derb wird, welche Rolle der Fußball auf der Bühne spielt – und welche Kicker komisch sind

AZ: Herr Jonas, der FC Bayern wünscht sich, dass heute jeder Münchner Farbe bekennt – und etwas Rotes trägt. Sind Sie dabei?

BRUNO JONAS: Wenn's hilft. Wenn wir daheim Fußball schauen, wird der Bayern-Altar aufgebaut. Mit Fahne und Schal. Der Bua ist ein ganz großer Fan. Meine Frau auch, die ist der größte Fan überhaupt, sie verträgt auch keine humorvollen Bemerkungen während des Spiels. Wenn ich mal der Gaudi halber sag: Schau hin, der Tymoshchuk spielt ohne Stirnbandel und der Gomez wieder mit gestrecktem Hals. Da krieg ich sofort die Rote Karte!

Woher stammt Ihre Leidenschaft?

Ich bin Bayern-Fan, seit ich denken kann. Selbst habe ich beim FC Passau in der Schüler gespielt, mit fünf, sechs Jahren habe ich angefangen zu kicken. Dann sind die Bayern in die Bundesliga aufgestiegen und ab dem Zeitpunkt hat es nur noch Bayern und Beckenbauer gegeben. Ich kann mich noch an sein erstes Länderspiel erinnern. Gegen Schweden haben wir gespielt. Der Franz mit der 4 auf dem Rücken. Ich bin dann auch nur noch mit der 4 aufgelaufen. Das war im Herbst 1965. Mit Willy Schulz. Piontek, Höttges. Im Tor Tilkowski. Vorne Seeler.

Ihre Position?

Auf der Straße? Überall. Da gab’s keine feste Position. Im Verein war ich rechter Läufer, heute wäre das: ein Sechser. Staubsauger vor der Abwehr mit Drang nach vorn. Auf der Straße hat man sich immer Namen gegeben. Namen berühmter Spieler. Ich wollte eine Zeit lang Helmut Haller sein.

Kein Bayern-Spieler.

Ja dumm, gell. Mir hat halt der Haller imponiert. Aber als die Bayern 1965 aufgestiegen sind, Werner Olk war Kapitän: Diese Aufstiegsmannschaft, das waren unsere Helden. Brenninger, Nafziger, Müller.

Aber die Sechzger sind 1966 Meister geworden. München war blau – Sie waren rot.

Ja, komisch, ich weiß auch nicht, warum. Für mich hat es immer nur Bayern gegeben.

War das ideologisch geprägt?

Sicher! Sechzig und Bayern das sind zwei Religionen. Die einen sind Katholiken und die anderen sind Altkatholiken. Die Wahrheit ist aufm Platz.

Was für eine Art Stadionbesucher sind Sie? Schreien Sie statt „Fahr zua!” im Stadion schon mal „Spui ab!”?

Wenn’s mich packt, fallen schon Kraftausdrücke, die kann ich hier nicht wiederholen. Da geht es auch schon mal gegen die eigene Mannschaft oder gegen den Trainer – wenn mich die Leidenschaft im Griff hat, bin ich auch mal außer mir. Ich weiß noch, dass ich einmal im Stadion war, als die Bayern unter dem Motivator Klinsmann gegen Werder Bremen gespielt haben. Es war wenig Spiel und das auch nicht schön. Auweh zwick! Auf einmal sind wir 0:4 hinten gelegen. Fürchterlich. Es war ein Grauen. Und dann sagt da so ein Bremen-Fan direkt hinter mir: „Also wenn ich Bayern-Fan wäre, dann wäre ich jetzt betrübt.” Da war ich dann kurz davor, dass ich mich zu ihm umdrehe und ihm a Fotzn gebe. Der hätte auch nicht verstanden, wenn ich ihn angeschrien hätt: „A Packl Fotzn ist schnell aufg’rissen!” Ich hab’ mich beherrschen können. Ich kann mich da manchmal aufregen. Da bin ich wie eine Stichflamme. Dann frag’ ich mich: war ich das jetzt? Aber das macht ja die Leidenschaft aus. Mein Problem ist allerdings: Ich bin ja oft auf Tour und stehe oft selbst auf der Bühne, wenn die Bayern spielen. Leider.

Und dann spielen Sie für Fußball-Ignoranten?

Ist mir auch total unverständlich. Ich spiel’ ja traditionell den ganzen Mai im Lustspielhaus: Letzten Samstag, beim Pokalfinale, hab’ ich auch gespielt, das hat mich schon geärgert, dass ich da die Bayern gegen Dortmund nicht komplett sehen konnte. Ich bin vom Lustspielhaus schnell rüber ins Vereinsheim, habe die erste halbe Stunde gelitten. Dann bin ich dagestanden und hab immer gedacht: Mensch, Mensch, Mensch, jetzt musst du gleich selbst spielen. Als ich dann auf der Bühne gestanden bin, sind mir viele Leute im Publikum aufgefallen, die immer mal wieder auf ihr iPhone geschaut haben. Ich habe auch immer dran gedacht, wie wird’s denn stehen? Plötzlich hat einer im Publikum laut gesagt: Oh! Ich hab’ sofort nachgefragt, 3:1 hat er gesagt. Das gibt's doch nicht, hab’ ich gerufen, erzähl’ doch keinen Schmarrn! Einer hat auch mal so einen Mini-Fernseher dabei und im Sakko versucht, heimlich zu schauen. Wenn’s dunkel ist, sieht man das ja. Den hab’ ich dann auch gefragt: Wie steht’s denn? Es sind nie leichte Vorstellungen, wenn der FC Bayern und ich gleichzeitig spielen.

War da der Künstler in Ihnen verärgert oder der Fußballfan amüsiert?

Der Fan dominiert den Künstler. Ich habe dann eine extra lange Pause gemacht, bin rüber zum Fernseher und habe mir die letzten 20 Minuten angeschaut.

Und diesen Samstag? Beim Champions-League-Finale?

Bin ich im Stadion. Schon vor langer Zeit habe ich gesagt: Am 19. Mai spiele ich nicht. Schon letztes Jahr war ich mir sicher: Die Bayern kommen ins Finale.

In Ihren Programmen kommen keinerlei Fußball-Anspielungen vor – obwohl die doch genug Vorlagen geben als Comedy-Opfer.

Na ja, sich über einen Lothar Matthäus beispielsweise lustig zu machen, ist nicht wirklich schwer. Der fordert einen Satiriker nicht wirklich heraus. Außerdem: Leidenschaft verhindert den Humor. Ich merk das an mir selber. Je leidenschaftlicher ich bei einem Spiel dabei bin, desto ernster wird die Angelegenheit. Es gibt Momente, da kannst nicht mehr lachen. Humor verlangt Distanz und die hat der Fan während des Spiels in der Regel nicht. Nach dem Schlusspfiff geht es wieder.

Gibt es witzige Figuren im Fußball? Oder ist das Business zu ernst?

Klar. Der Calmund zum Beispiel ist sehr komisch. Der Rehhagel wird auch immer komischer. Oder das G’schau vom Preetz, find ich auch komisch. Der Klopp ist ein sehr schlagfertiger Trainer. Wie er damals dieses fiktive Interview mit Arnd Zeigler gemacht hat, das war großartig. Früher Max Merkel, der hat ja super-Sprüche gehabt mit seinem Wiener Schmäh. Viele sind eher unfreiwillig komisch. Oft wird halt was gesagt direkt nach dem Spiel, noch abgehetzt, kurzatmig, mit wenig Sauerstoff im Hirn – da lacht man natürlich drüber.

Bruno Jonas: „es geht weiter” noch von Di. 22.05., bis Sa., 26.05. im Lustspielhaus. Telefon 344974. Zum Finaleschauen empfiehlt er das KUBU, Am Glockenbach 14 (Public Viewing mit Auftritt Willy Michl)
 

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