Depressionen im Sport: Wie’s Hannawald geschafft hat

Der frühere Skispringer ließ seine Depressionen behandeln – und rätselt weiter über die Auslöser.Zuvor hatte der Wintersportler selbst seine Karriere 2005 beendet – wegen der Folgen der Depression.
MÜNCHEN Sven Hannawald klingt erleichtert. Offen spricht der Skisprung-Olympiasieger von 2002 über seine Depressionen. „Ich bin froh, dass ich damals den Weg – auch in die Klinik – gegangen bin“, sagt der 35-Jährige zwei Tage nach dem Selbstmord von Nationaltorhüter Robert Enke. Der Wintersportler selbst hatte seine Karriere 2005 beendet – wegen der Folgen der Depression.
„Die Depression war ein Alarmsignal meines Körpers, dass ich etwas ändern muss“, sagt Hannawald. Er entschied sich auf dem Höhepunkt des Ruhms zum Ausstieg. „Mir ist es damit bessergegangen, da ich neben dem Sport auch die Liebe und Zuneigung meiner Familie hatte“, erzählt er.
In der Saison 2001/2002 hatte Hannawald als bislang einziger Skispringer alle Stationen der Vierschanzentournee gewonnen, zwei Jahre später bemerkte er Veränderungen: „Wenn man merkt, dass man nicht zur Ruhe kommt, sind das erste Anzeichen und man sollte einen Arzt aufsuchen.“ Er vertraute sich den Medizinern an – und fand Heilung: „Ich wollte, dass mit mir wieder alles in Ordnung kommt.“
Gründe, die zum Ausbruch der Depression führten, kann Hannawald nicht nennen. „Die Krankheit ist aufgetreten und die Gründe sind vielflächig. Man muss auch der Typ dafür sein. Andere haben den Druck auch, gehen aber anders damit um.“ Genau deshalb macht ihn der Freitod Enkes so betroffen. „Ich bin wie wohl alle Leute bestürzt“, sagt Hannawald. Jedoch will er seine Erkrankung nicht mit der Enkes vergleichen. „Ich glaube nicht, dass man das 1:1 übertragen kann. Dass ich den gleichen Weg wie Robert Enke gegangen wäre, glaube ich nicht“, betont er. Suizid-Gedanken hatte er nicht. „Bei mir war die Krankheit im Anfangsstadium. Ich habe das ein Jahr mit mir herumgeschleppt.“ Enke hätte sich sechs Jahre in diesem Leben aufgehalten: „Schon die Anfangsphase ist so heftig, dass ich damit nie sechs Jahre hätte umgehen können.“
Er hofft, dass die Öffentlichkeit die Krankheit Depression künftig anders beurteilt. Allerdings ist Hannawald dagegen, dass Sportler ihre Probleme an die „große Glocke“ hängen: „Wenn mir vom Arzt geraten wird, in die Klinik zu gehen, würde ich das machen. Und wenn es dann bekanntwerden würde, würde ich reden.“ Freiwillig würde er aber nie sagen: „Ich habe Depressionen.“