David "Big Papi" Ortiz beendet seine MLB-Karriere
Boston - Als dann plötzlich alles vorbei war, das Spiel, die Saison, vor allem aber die Karriere von David Ortiz, da legte sich Stille über den Fenway Park in Boston.
Es dauerte ein paar Sekunden, ehe sich die Anhänger der heimischen Red Sox gesammelt hatten, dann kamen sie, die Sprechchöre - "thank you, Papi". Zehn Minuten lang riefen sie nach ihm, ehe Ortiz aus der Kabine auftauchte, zum Werferhügel ging, winkte - und weinte.
Eine der bemerkenswertesten Karrieren in der amerikanischen Nationalsportart Baseball ist am Montagabend zu Ende gegangen. Ortiz, bald 41 Jahre alt, hatte bereits im vergangenen November angekündigt, dass diese Saison, immerhin seine 20., die letzte für ihn sein werde. Doch sie endete früher als angenommen. Im Play-off-Viertelfinale unterlagen die Red Rox den Cleveland Indians mit 0:3, einen "sweep" nennen sie das.
"Big Papi" zeigt Emotionen
"Als ich da rausging zum Werferhügel habe ich realisiert, ich habe realisiert, dass ... es war vorbei", sagte Ortiz. "Es war ja das letzte Mal, dass ich als Spieler vor Publikum stand. Und da kamen die Emotionen wieder raus." Emotionen, auf die er an diesem Abend gerne verzichtet hätte. Doch die Magie, die "Big Papi", ein Bär von einem Mann, gerade in den entscheidenden Oktobertagen oft verströmt hatte, sie stellte sich nicht ein.
Es hat wenige Spieler in der Major League Baseball gegeben, die ihr ganzes Können vor allem dann abriefen, wenn es um die World Series ging, wenn es darauf ankam, das letzte Spiel einer Saison zu gewinnen. Ortiz war einer davon, sie haben ihn in eine Reihe gestellt mit den Legenden Babe Ruth und Mickey Mantle, oder mit Reggie Jackson, genannt "Mr. October". Dreimal hat "Big Papi" den Red Sox zur Meisterschaft verholfen, 2004, 2007 und 2013.
Danach hatte es für den kräftigen Mann mit dem Wohlstandsbauch aus der Dominikanischen Republik zunächst nicht ausgesehen. Die Seattle Mariners verpflichteten ihn 1992 als noch nicht einmal 17 Jahre altes Talent, fünf Jahre später schoben sie ihn zu den Minnesota Twins ab, dort erhielt er nach der Saison 2002 jedoch keinen Vertrag mehr. Die Red Sox gingen das Wagnis ein, den von Knieproblemen belasteten Ortiz zu verpflichten. Ein Coup.
Ruf bleibt bestehen - trotz unglamourösem Abschied
Ortiz war ein derart gefährlicher Hitter (Schlagmann), dass ihn die gegnerischen Mannschaften häufig absichtlich zur ersten Base gehen ließen, nur so war ausgeschlossen, dass er traf. Denn: Der große, starke Papi schlug den Ball auch im gesetzten Alter noch mit einer furchterregenden Selbstverständlichkeit ins Feld oder gleich darüber hinaus. Nur in der Serie gegen die viel schwächer eingeschätzten Indians wollte es irgendwie nicht mehr klappen.
Dem Ruf von "Big Papi" wird es nichts anhaben können, dass sein Abschied eher unglamourös ausfiel. Vergessen und verdrängt auch, dass sein Name auf einer Liste aus dem Jahre 2003 auftauchte - darauf standen etwa 100 Spieler, die angeblich bei einem oder mehreren Dopingtests durchgefallen waren. Ja, sagte Ortiz stets, er habe Nahrungsergänzungsmittel genommen, aber niemals Steroide oder ähnliche Substanzen.
Die Verantwortlichen der MLB haben dem Superstar in den vergangenen Wochen noch einmal bestätigt, dass er sich nichts habe zu Schulden kommen lassen. Und so kann Ortiz nach 2472 Hits, 541 Homeruns und einer ziemlich beeindruckenden Trefferquote von 28,6 Prozent guten Gewissens abtreten. Ja, ein bisschen was werde ihm fehlen, das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Werfer und Schlagmann "werde ich vermissen", sagte er.
Die Werfer in der MLB dagegen werden in Zukunft ein paar Schweißperlen weniger auf der Stirn stehen haben.
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