„Das ist das Härteste im ganzen Winter“
Österreichs Abfahrtsheros Fritz Strobl hält seit elf Jahren den Streckenrekord auf der gefürchteten Streif.
AZ: Herr Strobl, was empfanden Sie beim Sturz von Daniel Albrecht?
FRITZ STROBL: Entsetzen. Aber so leid’s mir tut, da kann keiner was dafür außer dem Daniel selber. Das war ein richtig saublöder Fehler. Und solche Fehler darfst dir nicht erlauben. Nicht auf der Streif.
Sie sind sie ja oft gefahren.
1993 das erste Mal. Da war ich 20, unerschrocken, ein junger Bursch. Aber als ich aus dem Starthäusl rausgeschaut habe, da habe ich die Welt nicht mehr verstanden. Ich hab mir gedacht: Ja, bist du deppert. Der Blick nach unten, der Blick ins nichts. Sich da rauszustoßen, kostet mehr Überwindung als sonst wo. Die Mausefalle gleich am Anfang mit 85 Prozent Gefälle, wo du von 0 auf 100 in vier Sekunden bist, das ist das Härteste im ganzen Winter.
Sie hatten nie Angst?
Nein. Nur unheimlichen Respekt. Wie alle Fahrer. Das merkst du auch oben vor dem Rennen. Bei anderen Rennen, in Gröden und Lake Louise, da machen die Fahrer noch Gaudi bis zum Start. In Kitzbühel herrscht rund ums Starthaus Totenstille.
Vor allem, wenn die Fahrer dort am Fernseher einen Sturz sehen, wie am Donnerstag den von Albrecht. Wie ist es da möglich, da noch nach einer Stunde Unterbrechung Vollgas runterzustechen?
Du darfst nicht nachdenken, du darfst das nicht an dich rankommen lassen. Du baust eine Mauer um dich herum auf. Wenn du einmal ins Grübeln gerätst, ob du jetzt runterfährst oder nicht, hast du schon verloren. Wenn du unsicher bist, kannst dir sicher sein, dass sie dich irgendwo aus dem Fangzaun kratzen. Wenn ich im Kopf einen Rückzieher mache, dann wird es richtig gefährlich.
Was unterscheidet also den Charakter eines Abfahrers von dem eines Slalomläufers? Brauchen Abfahrer mehr Mut?
Nein, sie brauchen nur mehr Ruhe, um sich konzentriert vorzubereiten auf die Strecke. Die Besichtigung, die mentale Einstellung, all das muss stimmen. Dann kommst auch gut unten an. Und schnell.
Sie waren schneller als je ein anderer Mensch auf der Streif, Ihr Streckenrekord von 1997 steht noch immer. Verraten Sie doch, wie man die Streif am besten bezwingt.
Du musst Erfahrung sammeln, als Anfänger gewinnst du hier nie. Und du musst reinwachsen in den Hang. Du kannst hier nie gewinnen, wenn du gegen den Berg fährst. Es geht nur mit dem Berg.
Interview: Florian Kinast
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