Das Herz nimmt Abschied
Tobias Angerer beendet am Wochenende seine Karriere. Er führte Deutschlands Skilangläufer zu großen Triumphen – nur Gold blieb ihm verwehrt.
Oslo -Ein letztes Mal will Tobias Angerer die Schmerzen spüren, einmal noch den Höllenritt wagen, dann ist endgültig Schluss. Mit dem legendären "Fünfziger" am Holmenkollen endet am Sonntag für den charismatischen Skilangläufer eine Karriere, die alles zu bieten hatte.
"Das wird mein allerletztes Rennen und ein sehr schöner Rahmen. Ich bin dankbar für alles, war immer gesund. Das ist genau der richtige Zeitpunkt, um auf Wiedersehen zu sagen", sagt der Oberbayer.
Grund zur Dankbarkeit hat Angerer wahrlich genug. Der 36-Jährige gehörte 15 Jahre lang zu den Spitzensportlern mit einem uneingeschränkt positiven Image: Sportlich überaus erfolgreich, skandalfrei, Familienvater mit drei Kindern, ein smarter Kerl, Typ Naturbursche. "Ich habe meinen Sport immer sauber ausgeführt, und darauf bin ich sehr, sehr stolz. Ich kann in den Spiegel schauen", sagt er heute.
Mit Rene Sommerfeldt und Axel Teichmann sowie Bundestrainer Jochen Behle bildete Angerer das Herzstück der goldenen Generation, die den deutschen Langlauf aus der Bedeutungslosigkeit führte. Viermal in Folge gewannen deutsche Läufer den Gesamtweltcup, zunächst Sommerfeldt (2004), dann Teichmann (2005) und schließlich Angerer im Doppelpack (2006 und 2007).
Zehn Medaillen bei Großereignissen gewann der Blondschopf mit dem Kämpferherzen, Gold blieb ihm verwehrt. Silber in der Doppelverfolgung 2010 in Vancouver und Bronze vier Jahre zuvor in Turin über 15 km waren die wertvollsten Erfolge. Im Januar 2007 gewann Angerer zudem die Premiere der Tour de Ski – der Platz in den Geschichtsbüchern ist ihm sicher.
Der letzte Winter lief dagegen alles andere als geplant. Zum Jahreswechsel war Angerer bei der Tour de Ski am Tiefpunkt angelangt: Der stolze Bayer stieg aus, zog sich ins Einzeltraining zurück und rannte drei Wochen später doch noch zum Sotschi-Ticket. Bei seinen letzten Olympischen Spielen ließ er als 15. im Skiathlon noch einmal alte Stärke aufblitzen, dann zwang ihn ein grippaler Infekt zur vorzeitigen Abreise. Groll hegt Angerer dennoch nicht, der Blick geht längst nach vorne.
Angerer wird die Seiten wechseln und in einer Agentur für Sportmarketing arbeiten, im September 2014 beginnt er zudem ein Studium an der Fachhochschule für angewandtes Management in Erding."Ich werde Sportler beraten und meine Erfahrungen weitergeben," sagt Angerer.
Und ein wenig mehr Zeit für die Kinder Jonathan, Karlotta und Ioanna soll dann auch drin sein: "Die Familie kommt dann endlich ein bisserl mehr zum Zuge."
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