Das Duell der Patriotinnen
Frankfurt - Eigentlich war der Frankfurter Römer ja für die deutschen Fußballerinnen reserviert. Detailliert standen die Planungen der Stadt Frankfurt für einen großen Empfang und eine rauschende Feier am Montag für den Fall, dass die DFB-Auswahl sich den dritten Weltmeistertitel in Folge einverleibt hätte. Nun hat sich Oberbürgermeisterin Petra Roth, die ihre Stadt so gern als „Herz des Frauenfußballs" bezeichnet, etwas anderes ausgedacht. Entweder die USA oder Japan sollen nun auf den Balkon kommen – wer halt der neue Titelträger wird.
Zu gönnen ist es sowohl den tatendurstigen US-Girls als auch den tapferen Asiatinnen, die jeweils mit 3:1-Siegen gegen Frankreich (USA) beziehungsweise Schweden (Japan) das Finale am Sonntag (20.45 Uhr) erreicht haben.
Topfavorit ist sicherlich der Weltranglistenerste USA. Kein Team erscheint körperlich robuster und physisch präsenter als das Ensemble um die stürmende Wuchtbrumme Abby Wambach. Doch zu der vielen Kraft kommt eine fast schon spirituelle Berufung. Keine Mannschaft wird mehr von patriotischen Gefühlen getragen. Pia Sundhage, die den Spielerinnen bei Amtsantritt einen Klassiker von Bob Dylan vorsang („The times they are a changin'"), um auf die Veränderungen unter ihrer Regie hinzuweisen, hat erst diesen Korpsgeist geschaffen. „Fußball ist auch Spaß, wir müssen auch mal lachen”, sagt die Schwedin. „Mir ist wichtig, dass sich jeder für die Gruppe verantwortlich fühlt."
Hope Solo, die Modellathletin zwischen den Pfosten, sagt: „Wir werfen unser Herz auf den Platz. Diese Gruppe verströmt jetzt eine besondere Energie. Erst Pia hat uns alle zusammengebracht."
Bei der Einigung haben ein paar Feindbilder geholfen. „Die Deutschen haben uns den Titel 2003 bei unserer WM in den Staaten gestohlen”, erklärt Abby Wambach, „nun sind wir nach Deutschland gekommen, um uns die Trophäe zurückzuholen."
Auch die Japanerinnen sind von einem besonderen Geist beseelt – nur geht es nicht um die Befriedigung von Revanchegelüsten. Sondern um Balsam für geschundene Seelen in der durch das verheerende Erdbeben teils zerstörten Heimat. „Unser Land hat durch die Katastrophe viel mitgemacht. Wir wollen den Opfern mit unseren Leistungen helfen, eine kleine Hilfestellung geben und ein bisschen Mut machen”, sagt Nationaltrainer Norio Sasaki.
Der 53-Jährige hat sich der emotionalen Triebfeder bedient, seinen Auserwählten Sequenzen von explodierten Atomreaktoren, ausgelöschten Städten und verängstigten Menschen zu zeigen. Das sei, so sagt auch Spielmacherin Homare Sawa, der Antrieb ihrer hiesigen Mission. Trainer Sasaki will auch vor dem Finale an die Folgen des Erdbebens erinnern. Und dann gibt es noch eine andere motivierende Sache zu klären, die Frage nach einer möglichen Titelprämie. „Wir haben bei dieser WM noch gar nicht über Geld versprochen", sagt Sasaki, „aber der Verbandspräsident ist jetzt hier. Ich fände es schön, wenn wir belohnt werden. Eine Armbanduhr für alle, das wäre doch eine schöne Sache." Mehr brauchen echte Patriotinnen wohl nicht.
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