"Dann ist Riem tot"

Beim Rennverein formiert sich der Aufstand gegen Präsident Poth und dessen Pläne, das Trainingsgelände zu verkaufen. Die Opposition warnt vor Spekulanten und fürchtet um den Sport
Joscha Thieringer |
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Aufgalopp in Riem - am Ostermontag.
Lajos-Eric Balogh Aufgalopp in Riem - am Ostermontag.

MÜNCHEN Eine unabhängige Wahlprognose gibt es nicht, der Buschfunk ist derzeit die wichtigste Informationsquelle der Mitglieder des Münchener Rennvereins. Am Renntag an Maria Himmelfahrt standen auf der Galopprennbahn Riem nur zwischendurch die Pferde im Mittelpunkt der Gespräche. „Was hältst du vom Verkauf?” und „Wie wirst du abstimmen?" – das waren die wirklich spannenden Fragen unter den Mitgliedern.

Am 13. September entscheidet sich die Zukunft des finanziell angeschlagenen Galoppklubs, dann soll auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung über einen Rettungsplan abgestimmt werden: Präsident Norbert Poth will das 39,2 Hektar umfassende Trainingsgelände für 64 Millionen Euro verkaufen (AZ berichtete). Ein Riesendeal, weshalb Poth, der am Mittwoch seinen 72. Geburtstag feiert, bei der Abstimmung eine Dreiviertelmehrheit benötigt. „München könnte bald das Galopp-Mekka Deutschlands sein”, verspricht Poth. „Ich glaube nicht, dass es ein Problem bei der Abstimmung geben wird.”

Doch mittlerweile formiert sich im 80-köpfigen Verein Widerstand – ausgehend von der entfernten Normandie. Dort lebt seit einigen Jahren Fritz Rühl. Der 69-Jährige, seit über 25 Jahren Mitglied und in den 90er Jahren zeitweise im Vorstand, ist nicht einverstanden mit Poths Plänen: „Wenn es die Trainierbahn nicht mehr gibt, ist Riem tot”, warnt Rühl, der in der Galoppszene als bestens vernetzt gilt: „Außerdem hat der Rennverein in der Vergangenheit nur schlechte Erfahrungen mit Grundstücksverkäufen gemacht. Es ist bereits viel Vereinsgeld in dunkle Kanäle geflossen, da ist Misstrauen angebracht.”

Tatsächlich hat der 1865 gegründete Münchener Rennverein nach dem 2. Weltkrieg rund 170 Hektar Land im Osten der Stadt besessen, mittlerweile sind es nur noch 100, demnächst vielleicht nur noch 60. „Ein Grundstücksverkauf darf nur die allerletzte Option sein”, fordert Rühl.

Er hat einen Antrag eingereicht, über den zu Beginn der Mitgliederversammlung votiert werden soll: „Ich fordere die Einberufung eines sechsköpfigen Wirtschafts- und Finanzausschusses, der als neues Vereinsorgan die Angelegenheit prüft und nach echten Alternativen sucht.” Bis dahin soll die Abstimmung über den Verkauf zurückgestellt werden. „Ich verstehe die Hektik nicht”, ereifert sich Rühl, „auch wenn die Vereinskasse jetzt leer ist: Wir besitzen hundert Hektar Land, da leiht uns doch jede Bank gerne Geld.”

Wenn die Trainierbahn dann wirklich von Grün- in Bauland umgewidmet würde, könne man „den Verkauf notfalls in die eigene Hand nehmen”, meint Rühl. Rund 160 Euro pro Quadratmeter bekäme der Rennverein von Investor Erich Schwaiger nach aktuellem Stand. Viel zu wenig, sagt Rühl: „Ich habe mit einem Immobilienexperten gesprochen, der sagte mir, der Wert liegt bei über 350 Euro. Dann müssten wir nicht alles verkaufen, da würden ein paar Hektar reichen. Und ich weiß aus verlässlicher Quelle im Stadtrat, dass München sehr interessiert ist an unserem Gelände. Die brauchen Sozialen Wohnungsbau.”

Also hat Rühl angefangen, sich Mitstreiter für seine Opposition zu suchen. Zehn bis zwanzig, je nach Zahl der anwesenden Mitglieder, könnten reichen, um Poths Verkaufspläne zu kippen. „Ich wähne die alten Mitglieder auf meiner Seite”, sagt Rühl.

Einer davon ist Erich Pils, einst Trainerchampion. „Ich glaube auch an die Möglichkeit einer Zwischenfinanzierung durch eine Bank. Warum sollen wir einem Spekulanten zig Millionen schenken?”, fragt Pils. „Ich habe nämlich von Besitzern der angrenzenden Äcker gehört, dass die Sache mit der Bauland-Umwidmung schon recht weit ist.”

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