Laura Dahlmeier ist tot: Angehörige wollen ihren letzten Wunsch erfüllen

Update vom 30. Juli: Die ehemalige deutsche Biathletin Laura Dahlmeier ist beim Bergsteigen im pakistanischen Karakorum-Gebirge tödlich verunglückt. Das teilte ihr Management der Deutschen Presse-Agentur mit. Die 31-Jährige war am Montag auf rund 5.700 Metern Höhe von einem Steinschlag getroffen worden.
"Auf Grundlage der Erkenntnisse aus dem Hubschrauber-Überflug und der Schilderungen der Seilpartnerin zur Schwere der Verletzungen ist vom sofortigen Tod Laura Dahlmeiers auszugehen", zitiert das ZDF das Management der ehemaligen Biathletin.
Die Bergung des Leichnams sei für die Rettungskräfte unter den aktuellen schwierigen Bedingungen mit Steinschlag und einem Wetterumschwung am Laila Peak mit einem zu hohen Risiko verbunden und nicht realisierbar. Auch eine Bergung per Hubschrauber sei nicht möglich gewesen.
Vorerst keine Bergung - Dahlmeiers Wunsch
"Es war Laura Dahlmeiers ausdrücklicher und niedergeschriebener Wille, dass in einem Fall wie diesem niemand sein Leben riskieren darf, um sie zu bergen", teilte das Management mit. "Ihr Wunsch war es, ihren Leichnam in diesem Fall am Berg zurückzulassen. Dies ist auch im Sinne der Angehörigen, die außerdem ausdrücklich darum bitten, Lauras letzten Wunsch zu respektieren."
"Wir nehmen Abschied von einem großartigen Menschen", teilte die Familie mit, verbunden mit Dank an die Retter. "Laura hat mit ihrer herzlichen und geradlinigen Art unser Leben und das Leben vieler bereichert. Sie hat uns vorgelebt, dass es sich lohnt für die eigenen Träume und Ziele einzustehen und sich dabei immer treu zu bleiben."
Deutschland trauert um Laura Dahlmeier
"Laura Dahlmeier war eine Botschafterin unseres Landes in der Welt, ein Vorbild für ein friedliches, fröhliches und faires Miteinander über Grenzen hinweg. So wird sie mir, so wird sie vielen Menschen in unserem Land in Erinnerung bleiben", schrieb Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in einem Kondolenzschreiben und sprach der Familie der 31-Jährigen sein "tief empfundenes Beileid" aus.
"Wie so viele Menschen in unserem Land habe ich bis zuletzt um Laura Dahlmeier gebangt und gehofft, dass sie nach ihrem tragischen Bergunfall in Pakistan doch noch lebend geborgen werden könnte", schrieb Steinmeier. Die Hoffnung erfüllte sich nicht. Dahlmeiers Tod bei einer Bergtour teilte ihr Management der Deutschen Presse-Agentur mit. Eine Suchaktion wurde abgebrochen.
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) drückte sein Mitgefühl aus. "Bayern trauert um eine Königin des Wintersports. Die Nachricht vom Tod von Laura Dahlmeier macht tief betroffen", schrieb Söder in den sozialen Medien: "Sie war ehrgeizig und erfolgreich und blieb dabei immer heimatverbunden und bescheiden. Mit ihren Leistungen im Biathlon beeindruckte sie die ganze Welt."
Auch Manuel Neuer zeigte sich fassungslos vom plötzlichen Tod der Sportlerin. "Sie war ein großes Vorbild in der Hinsicht, dass sie ihr Leben gelebt hat und sich überhaupt nicht von anderen Leuten beeinflussen ließ", sagte Neuner der Deutschen Presse-Agentur: "Da war sie für mich eine Pionierin. Dass sie immer ihrer Leidenschaft gefolgt ist - das haben wenige geschafft so wie Laura."
Update vom 30. Juli, 13 Uhr: Große Sorge um Laura Dahlmeier: Die ehemalige deutsche Biathletin ist am 28. Juli gegen Mittag (Ortszeit) beim Bergsteigen im Karakorum-Gebirge in Pakistan schwer verunglückt. Die 31-Jährige sei durch einen Steinschlag am Laila Peak mindestens schwerst verletzt worden, teilte ihr Management mit. Es konnten noch keine Rettungskräfte zur Bergsportlerin vordringen, weil die große Steinschlaggefahr in dem Gebiet anhält. Einzig ein Hubschrauber habe die schwer zugängliche Unglücksstelle überflogen – dabei waren bei der einst besten Biathletin der Welt keine Lebenszeichen zu erkennen. Wie "Bild" mit Bezug auf das pakistanische Portal "Dawn.com" meldet, soll es Dahlmeier aber noch nach dem Unglück gelungen sein, mit ihrer Seilpartnerin Marina Krauss zu kommunizieren. Dieser sei es aber nicht möglich gewesen, zu Dahlmeier zu gelangen.
Bergung mit Hubschrauber nicht möglich
Am Dienstagabend wurde die Suche nach Dahlmeier nach Angaben eines pakistanischen Behördensprechers vorerst eingestellt. Grund sei die hereingebrochene Dunkelheit, wie ein Sprecher der Tourismusbehörde vor Ort am Abend (Ortszeit) mitteilte. Am Mittwoch gestalte sich die Bergung von Dahlmeier aufgrund der Bedingungen auf dem Laila Peak weiter schwierig. "Es wurde festgestellt, dass eine Bergung per Hubschrauber nicht möglich ist", sagte Areeb Ahmed Mukhtar, ein hochrangiger lokaler Beamter im Bezirk Ghanche, der Nachrichtenagentur AFP: "Die Bedingungen in der Höhe, in der sie verletzt wurde, sind extrem schwierig."
Rettungsaktion am Mittwoch wieder gestartet
Inzwischen ist der Rettungseinsatz für Dahlmeier aber wieder aufgenommen worden. Das teilte ein Behördensprecher der Deutschen Presse-Agentur mit. Bisher könne die Mission jedoch nur am Boden stattfinden. Helikopter seien aufgrund der schlechten Wetterbedingungen weiterhin nicht gestartet. Vier erfahrene Kletterer und zwei Bergträger seien in zwei Teams auf dem Berg unterwegs, um die 31-Jährige zu bergen. Ein Hoffnungsschimmer könnte die Aussage von Karrar Haidri, Vizepräsident des Alpine Club of Pakistan, sein. Gegenüber der Nachrichtenagentur AP äußert er zwar, dass es noch immer keine Klarheit über den Zustand von Dahlmeier gebe. Sie habe schwere Verletzungen erlitten, "aber sie hat Sauerstoff dabei. Es gibt Kletterer, die Tage überlebt haben", so Haidri zu AP.
Dahlmeier wurde von Steinschlag erfasst
Dahlmeier war den Angaben zufolge mit ihrer Seilpartnerin an dem 6.069 Meter hohen Laila Peak unterwegs, als sie am Montag gegen Mittag (Ortszeit) auf rund 5.700 Metern von einem Steinschlag erfasst wurde. Die beiden waren demnach alleine im alpinen Stil unterwegs, das bedeutet mit möglichst leichter Ausrüstung und ohne Expeditionslogistik.
Die Seilpartnerin setzte sofort einen Notruf ab, der Rettungseinsatz wurde umgehend eingeleitet. Aufgrund der Abgeschiedenheit des Gebiets konnte ein Rettungshubschrauber die Unfallstelle erst am Dienstagmorgen erreichen. Beim Flug über die schwer zugängliche Unglücksstelle habe man festgestellt, dass die erfahrene Bergsteigerin mindestens schwerst verletzt sei.

Ein internationales Bergrettungsteam koordiniere die Bergung, hieß es weiter. Dabei würden die Bergretter von erfahrenen internationalen Bergsteigern und Bergsteigerinnen unterstützt, die sich in der Region aufhielten. Nach Informationen der Bild-Zeitung ist auch Kletter-Star Thomas Huber (58) vor Ort, war an der Rettungsaktion beteiligt und half mit, Dahlmeiers Seilpartnerin Marina Krauss in Sicherheit zu bringen. Huber hatte das Vorwort zu Dahlmeiers Buch "Wenn ich was mach, mach ich‘s gescheid" geschrieben und sie erst im April beim Klettern an der Eiger-Nordwand getroffen.
Der pyramidenförmige Laila Peak liegt unweit des K2, des zweithöchsten Bergs der Welt, nahe der Grenze zu China. Die Region zieht jedes Jahr Bergsteiger an, die Risiken durch Lawinen und Unwetter sind aber hoch. Die Ex-Biathletin war den Angaben zufolge seit Ende Juni mit Freunden in der Region unterwegs. Sie hatte am 8. Juli bereits erfolgreich den Great Trango Tower (6.287 m) bestiegen. Der Laila Peak war das zweite geplante Gipfelziel.
Emotionale Worte von Felix Loch: "Auf einmal steht die Zeit still"
Derweil meldeten sich die ersten Sportler via social media: "Auf einmal steht die Zeit still. Wir alle denken an dich, Laura!!", schrieb der dreimalige Rodel-Olympiasieger Felix Loch auf Instagram. Die zweimalige Langlauf-Olympiasiegerin Evi Sachenbacher-Stehle, später zu den Biathletinnen gewechselt, schrieb: "Wir sind in Gedanken bei dir Laura!"
Im Januar 2022 war Dahlmeiers Ex-Freund Robert Grasegger im Alter von nur 29 Jahren bei einem Lawinenunglück in Patagonien ums Leben gekommen. Obwohl sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ein Paar waren, traf Dahlmeier sein Tod tief.
Die Garmisch-Partenkirchnerin ist staatlich geprüfte Berg- und Skiführerin, aktives Mitglied bei der Bergwacht und gilt als erfahrene und risikobewusste Bergsteigerin. Im Mai 2019 hatte die Oberbayerin im Alter von nur 25 Jahren ihre Karriere als Leistungssportlerin beendet und ein Studium der Sportwissenschaften an der TU München begonnen. Seit 2023 arbeitet sie auch als Berg- und Skiführerin. Neben ihren Berg- und Klettertouren war Dahlmeier zuletzt auch als TV-Expertin für das ZDF aktiv, freute sich im März diesen Jahres im Interview mit der AZ noch über Franziska Preuß` Gewinn des Gesamtweltcups.

Dahlmeier war schon als Kind mit ihrem Vater beim Klettern
Schon als Kind wurde Dahlmeier von Vater Andreas zum Klettern und auf Bergtouren mitgenommen. Von ihm lernte sie die alpinistischen Grundkenntnisse. Auch während ihrer Biathlon-Karriere kletterte sie teilweise im maximal ansspruchsvollen Schwierigkeitsgrad IX, in senkrechten 1000-Meter-Wänden im Yosemite-Nationalpark, in 80 Grad steilen Eispassagen in Peru, bestieg den höchsten Berg Irans oder eine 1100 Meter hohe Granitwand des Petit Dru nahe des Montblanc. Ihre Besteigung von Europas höchstem Berg mit den Huberbuam wurde per Video aufgenommen.

Im Herbst 2023 bestieg sie mit ihrem jüngeren Bruder Pirmin einen Siebentausender im Pamir-Gebirge. Der AZ erzählte sie im Interview dazu: "Wir hatten für sieben Tage Essen und Gas dabei, der Rucksack war gescheit schwer: 23 Kilo." Das schwerwiegendere Problem bei dieser Expedition in ihr bis dahin völlig unbekanntem Gebiet war ein ganz anderes:
"Hätte wärmeren Schuh mitnehmen müssen"
"Ich hatte während der gesamten Expedition Probleme mit kalten Füßen. Im Nachhinein hätte ich einfach einen wärmeren Schuh mitnehmen müssen – oder einen größeren. Ich habe alles Mögliche versucht: Alufolien, Extra-Sohle, zwei Paar Socken, Daunen-Boots, die Schuhe mehrmals während der Tour ausgezogen und die Füße aufmassiert, der Bruder hat meine Füße unter die Achseln genommen, damit das Blut wieder zirkuliert – alles umsonst. Es war halt ein Sechstausender-Schuh, mit dem ich schon in Peru unterwegs war – aber es war halt kein Achttausender-Schuh. Die Locals haben das sofort erkannt, meine Schuhe gesehen und gesagt: ‚No good.‘ Ich war halt noch nie auf so einer Höhe und dachte, das passt schon. Hat nicht gepasst. Dieses am Ende entscheidende Detail habe ich übersehen."
Bei der nächsten großen Expedition im November vergangenen Jahres, zum 6814 Meter hohen Ama Dablam in Nepal, passierte ihr das natürlich nicht noch einmal. Ihr gelang vielmehr die schnellste bekannte Besteigung des Ama Dablam durch eine Frau.
Dass sie nun den Laila Peak in den Masherbrum-Bergen in Angriff nehmen wollte, hatte sie vorab nicht öffentlich kommuniziert. "Ankündigungsalpinismus mache ich nicht so gern", hatte Laura Dahlmeier der AZ erzählt, "man weiß ja nie, wie es ausgeht."