„Canadian Cowboy“ reitet zu Gold

Erik Guay aus Kanada hat überraschend das Abfahrtsrennen bei der alpinen Ski-WM in Garmisch-Partenkirchen gewonnen.
Garmisch-Partenkirchen Als Didier Cuche endlich im Ziel war, ballte Erik Guay die Hände zur Faust und schrie seine Freude hinaus. Zuvor hatte der Kanadier sämtliche Glückwünsche abgelehnt, trotz seines famosen Streckenrekords, mit dem er die „Kandahar“ bezwungen hatte.
„Ich habe mein Geld auf Didier Cuche gesetzt“, versicherte der „Canadian Cowboy“ – und es dauerte eine Weile, ehe er begriff, dass er sich verzockt hatte. Guay fuhr mit Nummer 10, der Schweizer mit der Nummer 18, und danach war klar: Zwei Jahre nach John Kucera ist schon wieder ein Kanadier Weltmeister in der Abfahrt, der alpinen Königsdisziplin.
„Das ist das beste Gefühl der Welt“, sagte Guay. Er war der würdige Sieger eines packenden Rennens auf der „Kandahar“, die im Gegensatz zu den vergangenen Tagen nicht mehr ganz so hart und eisig war – die vorderen Startnummern hatten einen kleinen Vorteil.
Cuche, Topfavorit auf den Titel, erreichte mit immerhin schon 0,32 Sekunden Rückstand Rang zwei, der Südtiroler Christof Innerhofer, bereits Super-G-Weltmeister, holte mit Nummer 9 und trotz Anflügen einer Grippe Bronze (0,76 Sekunden zurück).
Tobias Stechert aus Oberstdorf belegte mit 4,90 Sekunden Rückstand Rang 31, Andreas Sander aus Ennepetal flog nach einem Sturz in die Fangzäune. Er klagte danach über Schmerzen im rechten Knie. Die Konkurrenz hätte gewarnt sein können. Guay und die „Kandahar“, das ist schließlich eine ganz besondere Beziehung.
Am 24. Februar 2007 war dem Kanadier dort sein erster Abfahrtssieg im Weltcup gelungen, damals freilich noch auf der alten Strecke, die jetzt die Damen befahren. Hinterher feierte er im In-Lokal „Peaches“, wo auch Bode Miller ein gern gesehener Gast ist, derart ausgiebig, dass er seinen Siegerscheck auf dem Tresen liegenließ.
Gleiches drohte für die Nacht zum Sonntag. Guay kündigte an: „Ich werde heute alle einladen, Trainer, Physiotherapeuten, Mannschaftskollegen, die haben es sich verdient.“ Auf dem Siegerscheck werden übrigens umgerechnet 31.000 Euro stehen. Auch elf Monate vor den Weltmeisterschaften war Guay in „GAP“ erfolgreich, beim Weltcup-Finale 2010 gewann er den Super-G, mittlerweile auf der neuen „Kandahar“.
Es war sein dritter Weltcup-Sieg. „Garmisch ist immer so toll gewesen, und jetzt Weltmeister“, sagte Guay, der seinen Erfolg voller Pathos den verletzten Mannschaftskollegen der „Canadian Cowboys“ widmete. Kucera ist nach einem Beinbruch unmittelbar vor Olympia 2010 noch nicht wieder in den Weltcup zurückgekehrt, zwei Wochen vor der WM verletzte sich Manuel Osborne-Paradis bei der Weltcup-Abfahrt in Chamonix.
„Wir haben recht harte Zeiten durchgemacht“, sagte Guay mit ernster Miene. Auf der „Kandahar“ gelang Guay wohl die Fahrt seines Lebens. „Er ist ein phantastischer Skifahrer, ein großartiger Techniker, ein super Springer“, sagte Bernhard Russi, Olympiasieger von 1976 aus der Schweiz.
Guay führt die große Tradition der kanadischen Abfahrer fort. Früher hieß die Mannschaft um Steve Podborski und Ken Read „Crazy Canucks“, doch Gold gewannen die „Verrückten“ nie. Dazu musste erst die aktuelle, von Read geförderte Generation kommen, die sich nun eben „Canadian Cowboys“ nennt.
Der Spitzname „beschreibt uns als Gruppe sehr gut“, erklärt Kucera: „Wir sind hart arbeitende Jungs, wir machen das, was wir tun, mit Hingabe, und wir wollen auch gar nichts anderes machen.“ Auch das Logo der „Canadian Cowboys“ hat es in sich: Ein Totenkopf mit Cowboyhut und Tuch um den Hals und zwei gekreuzten Skiern im Hintergrund.