Busen, Bier & Blues Brothers
Trotz des neuen Rahmenprogramms bleiben viele Sitze bei den Sixdays leer. Der Veranstalter Klaus Cyron ist aber zufrieden und hält den Abwärtstrend für gestoppt.
MÜNCHEN Der Hallensprecher, eher: – schreier, gibt alles. Ralf Exel brüllt, reißt den Arm hoch, versucht mit großer Geste die Fans zu animieren. „Wo sind die Fans von Erik Zabel?“, brüllt der Sixdays-Moderator ins Mikro. Doch die Resonanz der Zuschauer in der Olympiahalle ist mau. „Na ja, das wird bestimmt noch“, ruft Exel.
Immerhin, die vier 1860-Profis, die mit ihren blonden Begleiterinnen an einem Tisch im VIP-Bereich Platz genommen haben, feixen. „Ich find’s super hier“, sagt Nick Ledgerwood und schaut auf den Teller von Kollege Markus Thorandt: Hüftfilet vom Rind auf Kartoffelgratin und grünen Bohnen. Löwen-Stürmer Benny Lauth bemüht sich, Co-Trainer Uwe Wolf zur Essensausgabe zu folgen. Dem Torjäger stellt sich ein Kamerateam in den Weg.
7206 Zuschauer kamen beim Eröffnungstag der 45. Münchner Sechstagerennens in die Olympiahalle, „vier mehr als im vergangenen Jahr“, sagt Veranstalter Klaus Cyron. „In der Börsensprache würde man sagen: Die Talsohle ist erreicht, der Abwärtstrend gestoppt“, meint Cyron. Was wohl die krisengebeutelten Sixdays, die 2007 einen fünfstelligen Verlust einfuhren, nicht retten kann. 13000 Radsport-Fans würden unter Münchens berühmtestes Zeltdach passen. „Die Lokale waren gerammelt voll“, frohlockt Cyron, der aber auch die vielen leeren Sitze wahrgenommen hat. „Der Gastronom hat sogar angekündigt, dass er den Biergarten aufstocken will.“ Das neue Konzept soll das angestaubte Image des Sechstagerennens aufpolieren. „Es dauert immer eine Weile, bis sich die Besucher an etwas Neues gewöhnt haben“, sagt Cyron, „aber die Frage ist: Wie lange hält man das als Unternehmer durch?“
Der Radsport, in den letzten zwei Jahren stets aufs Neue von Dopingfällen überschattet, rückt bei den Münchner Sixdays immer mehr in den Hintergrund. Rennleiter Renz: „Meine Fahrer und ich tun alles, was in unserer Macht steht.“ Olympiasieger und Stars des Radsports waren angekündigt. Gekommen sind Erik Zabel, Bruno Risi & Co.: Veteranen, die alljährlich durchs Oval rasen.
Der Fokus der Veranstalter liegt auf dem Rahmenprogramm, das Attraktionen wie in einem Varieté bietet. Mountainbiker zeigen halsbrecherische Sprünge, als Blues Brothers verkleidete Trampolinspringer fliegen artistisch unters Hallendach, die Live-Bands „Gerry & Gary“ und „Blechblos’n“ heizen ein. Eine tolle Show – für viel zu wenig Leute.
In der Disko, die keinen Extra-Eintritt kostet, animieren zwei leicht bekleidete Frauen und ein männlicher Tänzer die Besucher. „Das gehört einfach dazu“, sagt Cyron. Doch die Tanzfläche blieb am Donnerstag spärlich besetzt. An der Bar warten die Bedienungen auf Kunden. Am Wochenende soll es hier voller werden. Möglichst so voll, wie an Samstagen in den Diskos in der Innenstadt. „Der erste Abend ist immer schwierig“, sagt Cyron.
Im Umlauf der Halle präsentieren sich die Sponsoren. Sie halten (noch) zu den Sixdays, trotz Zuschauerrückgang. Die Schnäppchenjäger unter den Radfans können hier günstig Helme, Handschuhe oder gleich ganze Fahrräder kaufen. „20 Prozent Messerabatt auf reduzierte Ware“ steht auf gelben Schildern. Es verlieren sich nur wenige Kunden zwischen den Verkaufsständen.
„Ich bin ein positiver, optimistischer Mensch“, sagt Veranstalter Cyron und freut sich, „dass so viele Promis wie lange nicht mehr“ in der Halle gesichtet wurden. Michael Schanze, Ireen Sheer und vier Löwen haben an diesem Abend den Unterschied gemacht.
Joscha Thieringer
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