Interview

Box-Legende Axel Schulz im Interview: "Joshua sollte die Karriere beenden"

Wie geht es mit dem britischen Ex-Champ Anthony Joshua nach der erneuten Niederlage gegen Oleksandr Usyk weiter? Box-Experte Axel Schulz hat dazu eine klare Meinung: "Ihm wurden seine Grenzen aufgezeigt."
Matthias Kerber
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"Joshua war Weltmeister, das ist etwas, was kaum einer je erreicht. Ich hatte drei Mal die Chance, ich habe es drei Mal nicht geschafft. Und trotzdem bin ich ein glücklicher Mensch", sagt Schulz über Anthony Joshua.
"Joshua war Weltmeister, das ist etwas, was kaum einer je erreicht. Ich hatte drei Mal die Chance, ich habe es drei Mal nicht geschafft. Und trotzdem bin ich ein glücklicher Mensch", sagt Schulz über Anthony Joshua. © Nick Potts/PA Wire/dpa

AZ-Interview mit Axel Schulz: Der jetzt 53-Jährige boxte in seiner Karriere dreimal um die Schwergewichts-WM - 1995 gegen George Foreman, 1995 gegen Frans Botha, 1996 gegen Michael Moorer - verlor aber jeweils. Das Urteil gegen Foreman gilt als Box-Skandal.

Axel Schulz über Anthony Joshua: "Was will er denn als Boxer noch erreichen?"

AZ: Herr Schulz, am Wochenende kam es zum Rückkampf zwischen Weltmeister und Ausnahmeboxer Oleksandr Usyk und Anthony Joshua, den er im September vergangenen Jahres entthront hatte. Abermals siegte Usyk. Was würden Sie Joshua nun raten?
AXEL SCHULZ: Er sollte einen klaren Schlussstrich ziehen, nicht dem hinterhertrauern, was er verloren hat, sondern nach vorne schauen, sich neue Aufgaben im Leben suchen. Was will er denn als Boxer noch erreichen? In welcher Liga wird er denn in Zukunft noch spielen? Usyk hat ihn zweimal ausgeboxt, da kann er einfach nicht mithalten - und nur gegen irgendwelche Boxer ein paar Aufbaukämpfe bestreiten, das bringt doch nichts.

Joshua hat aber angekündigt, dass er weitermacht, dass er schon im Dezember wieder in den Ring steigen will...
Ich weiß ja selber sehr genau, wie schwer es ist, diesen Schritt zu gehen und die Boxhandschuhe an den Nagel zu hängen. Aber wenn man ganz ehrlich ist, ist er seit seiner Niederlage gegen Andy Ruiz im Juni 2019 nicht mehr der gleiche Joshua.

Er war in dem Fight der 25:1-Favorit, wurde aber vier Mal zu Boden geschlagen, ehe der Ringrichter den Kampf dann abbrach.
Solche Niederschläge, das Wissen um deine eigene Verwundbarkeit, das kriegst du im Schwergewicht nicht mehr aus dem Kopf raus. Eine schwere Niederlage hat da schon ganz viele Leute gebrochen. Ich sage nicht, dass Joshua ein gebrochener Mann ist, aber er ist nicht mehr derselbe Kerl, der seine Gegner ausgeknockt hat. Sein erster Fight gegen Ruiz war eine Katastrophe, und der Rückkampf war ja auch alles andere als prickelnd. Man hat gesehen, dass die Niederschläge in Joshuas Kopf sind. Er hatte Angst, getroffen zu werden. Und hätte sich Ruiz vorher nicht vollkommen außer Form gepartyt und gegessen, wer weiß, ob wir überhaupt noch über Joshua reden würden. Jetzt hat ihm Usyk zweimal die boxerischen Grenzen aufgezeigt.

Ex-Profiboxer Axel Schulz. (Archivbild)
Ex-Profiboxer Axel Schulz. (Archivbild) © Soeren Stache/dpa

Ich finde, Joshua sollte die Karriere beenden und stolz auf das sein, was er erreicht hat. Er war Champion im Schwergewicht, hat beim Titelgewinn mit Wladimir Klitschko einen der ganz Großen geschlagen. Das ist großartig. Joshua war Weltmeister, das ist etwas, was kaum einer je erreicht. Ich hatte drei Mal die Chance, ich habe es drei Mal nicht geschafft. Und trotzdem bin ich ein glücklicher Mensch. Joshua hat viel mehr erreicht und sollte damit zufrieden sein. Er hat vielleicht nicht die Karriere gemacht, die alle von ihm nach dem Sieg über Klitschko erwartet haben, aber er war zur richtigen Zeit am richtigen Platz und hat das Beste daraus gemacht. Genau wie Nico Rosberg damals in der Formel 1. Ich habe gehört, dass Joshua daran interessiert ist, selber Box-Promoter zu werden. Ich denke, das wäre eine tolle Aufgabe für ihn. Leider hat sich Joshua mit seinem Auftritt nach dem Kampf keine Freunde gemacht.

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Er hat die WM-Gürtel aus dem Ring geworfen, eine mehr als bizarre Rede gehalten und Usyk, dem Gewinner, die Siegesfeier versaut.
Das geht gar nicht. Damit hat Joshua dem Boxen - aber in erster Linie sich selbst - geschadet. In dem Moment ging es nicht um ihn, sondern um Usyk. Ihm gehörte die Bühne.

Axel Schulz über Oleksandr Usyk: "Solche Talente wie ihn gibt es nicht oft"

Kommen wir zu Usyk, der aus dem Cruisergewicht aufgestiegen ist und jetzt mit seinen 35 Jahren das Schwergewicht dominiert. Ihre Meinung?
Ein toller Boxer, ein Ausnahmeboxer. Solche Talente wie ihn gibt es nicht oft. Er ist perfekt ausgebildet, ein Wahnsinnskämpfer. Wenn man gesehen hat, wie er nach der neunten Runde, in der ihm Joshua schwer zugesetzt hat, zurückkam, zwei Gänge hochschaltete und den Kampf vollkommen übernahm, dann weiß man, von was für einem Kämpfer man hier redet. Ich mag ihn auch als Mensch sehr. Ich habe ihn mal kennengelernt. Was für eine Type. Eigentlich ist er ganz ruhig, aber dann wieder total verrückt. Wenn man ihn in den Videos sieht, die er von seinem Training postet...

Bei denen er meist in Unterhosen, die bunter und schriller nicht sein könnten, durch den Ring tanzt.
(lacht) Genau. Wenn ich das gemacht hätte, mir hätte mein Trainer Manfred Wolke den Kopf heruntergeschlagen und nur gemeint: "Bist du jetzt vollkommen durchgedreht?" Aber Usyk ist einfach so eine Type, das ist keine Show, der ist wirklich so. Völlig Banane!

Jetzt soll es zum Kampf gegen den andere Schwergewichts-Dominator, den nicht minder verrückten Tyson Fury, gehen.
Was wäre das für ein Kampf! Zwei unglaubliche Boxer und vollkommen verrückte Typen. Fury hat ja schon angekündigt, das er für diesen Fight aus seiner selbstgewählten Rente zurückkommen würde.

"Ein Ausnahmeboxer", sagt Schulz über Weltmeister Usyk.
"Ein Ausnahmeboxer", sagt Schulz über Weltmeister Usyk. © Nick Potts/PA Wire/dpa

Wenn das "große Scheckbuch" ausgepackt würde. Er sagte auch über den Usyk-Joshua-Fight, es wäre einer der "schlechtesten Kämpfe" gewesen, die er je gesehen hätte. Und er würde an einem einzigen Tag gegen Joshua und Usyk boxen und beide "vernichten".
(lacht) Fury pur, er promotet den Kampf jetzt schon und es gibt keinen, der da besser macht. Der Kampf ist das Beste, was dem Boxen passieren kann. Trotzdem weiß ich nicht, ob ich will, dass er stattfindet.

Wieso?
Weil es auch bedeutet, dass eine dieser Legenden verlieren muss. Das will ich eigentlich gar nicht. Beide sind so geniale Boxer. Ich fürchte, dass Fury mit seinen 2,06 Meter Körpergröße und dementsprechend Gewicht zu viel für Usyk wäre.

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