Bernie, der Fallensteller
Formel-1-Zampano Ecclestone macht den Rebellen Avancen. Aber sie trauen ihm nicht.
SILVERSTONE Sein Friedensangebot an die Vollgas-Freibeuter unterbreitete Max Mosley auf Deutsch. Der FIA-Präsident, dessen Eltern in ihrer Heiratsurkunde Adolf Hitler und Joseph Goebbels als Trauzeugen stehen haben, ist einst in Stein an der Traun bei Traunstein zur Schule gegangen, mit der Sprache verbindet er wohl gute Gefühle. „Ich glaube, wir sind sehr nah an einer Einigung", sagte Mosley am Sonntag drei Stunden vor Beginn des Rennens in Silverstone zum RTL-Experten und dreimaligen Weltmeister Niki Lauda, „die Teams und uns trennt nicht viel. Es wird keine Klage geben. Ich bin unbedingt für einen Dialog mit der FOTA. Normalerweise sollte man dieses Problem sehr schnell lösen können."
Das war insofern bemerkenswert, weil Mosley noch am Vorabend auf Englisch ganz andere Ausdrücke über die Teamchefs der acht abtrünigen Rennställe verwendet hatte. „Loonies“ wären die Rebellen um Ferrari-Boss Luca di Montezemolo, Renault-Teamchef Flavio Briatore und Mercedes-Motorsportboss Norbert Haug, die angekündigt hatten, eine eigene Rennserie installieren zu wollen. Auf Deutsch: „Geisteskranke".
Auch Mosleys Schicksalsgenosse Bernie Ecclestone, der Formel-1-Zampano, der nun Angst um sein Lebenswerk hat, ändert seine Meinung momentan oft. Gestand der am Abend der BBC, dass er den Aufstand verstehen könne, so meinte Ecclestone wenig später, dass man sich schon einigen werde auf eine neue Formel 1 – ohne Budgetlimit. Zudem müssten sich die Teams für fünf Jahre einschreiben.
"Wir brauchen Regeln, auf die wir uns verlassen können"
In der größten Krise bis dato reagieren Mosley und Ecclestone also wie immer: unberechenbar. Seit fast 40 Jahren regieren die beiden die Formel 1. Ihr Prinzip: Zwietracht säen, um sich die Wettbewerber gefügig zu machen. Doch die Rennställe, hinter denen meist Weltkonzerne stecken, wollen sich dem Diktat nicht mehr unterwerfen.
„Wir brauchen Regeln, auf die wir uns verlassen können", sagt BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen. Vor allem aber sind die Rennställe entschlossen, Differenzen nur noch auf der Strecke auszutragen. Die FOTA-Teams sind sich einig wie nie. „Wir wollen keine Einzelverträge mehr mit der Serie schließen“, sagt Theissen, „heute haben alle Teams individuelle Verträge mit den Rechteinhabern und der FIA, diese laufen spätestens Ende 2012 aus." Hinter Ecclestones Vorschlag, sich nun für fünf Jahre zu verpflichten und dann nochmal über alles zu reden, scheinen die Teams eine Falle zu wittern. Harsch fällt auch Briatores Urteil zu diesen Friedensbemühungen aus: „No way!" Und dies, obwohl dem Italiener gemeinsam mit Ecclestone sogar der Fußballklub Queens Park Rangers gehört.
Am Mittwoch werden sich die Parteien erneut vor dem FIA-Weltrat treffen. Eine Einigung wird es wohl nur geben, wenn Mosley und Ecclestone den Rennställen mehr Rechte einräumen.
Filippo Cataldo