Beach Boys jubeln: "Ein unfassbares Spiel!"
Jonas Reckermann und Julius Brink schaffen die Sensation und schlagen im Beachvolleyball-Finale die Brasilianer. „Nach dem dritten Matchball ist mir das Herz in die Hose gerutscht“
London - Es war die erste richtige Sommernacht dieser Sommerspiele von London 2012, als an der Horse Guard Parade in Sichtweite des „London Eye“ und dem majestätischen Turm des „Big Ben" die Post abging. Nie war es lauter hier, nie so spannend, wohl nie so heiß, und die Stimmung war sicher nie besser als am Abend des Beach-Volleyball-Finals zwischen Jonas Reckermann und Julius Brink und dem „besten Team der Welt“, den Brasilianern Alsion Cerutti und Emanuel Rego.
Nach dem 23:21-Erfolg in Satz eins folgte ein 16:21-Satzverlust. Im dritten Satz drehten Brink/Reckermann noch einmal auf und verwandelten den fünften Matchball zum 16:14. Ein ungläubiger Blick, dann tollten die beiden ausgelassen über den Londoner Olympia-Sand, wussten gar nicht wohin mit all ihrer Freude. Sie hatten sie geschafft, die Sensation.
Reckermann umarmte nach dem Sieg sofort seine hochschwangere Frau: „Ich brauche eine Weile, um das zu kapieren. Es war ein unfassbares Spiel.“ Im entscheidenden Satz hatten die Europameister zunächst bei 14:11 drei Matchbälle in Serie vergeben, dann aber den vierten mit gütiger brasilianischer Hilfe doch noch genutzt.
Die Musik donnerte aus den Lautsprechern und die „Horse Guard Parade Dance Crew" tänzelte aufreizend durch den Sand - eine traumhafte Strand-Nacht mitten in London. Sie endete mit der ersten Goldmedaille für ein europäisches Team überhaupt.
Dabei schien der Gegner übermächtig. Alison Cerutti ist 2,03 Meter groß und breit wie ein Schrank. Keiner, sagen die Beachvolleyballer, schmettert härter als er und keiner kann so hoch in die Luft steigen, um den Gegner zu blocken. Im ersten Satz fanden Reckermann/Brink genau dagegen geeignete Gegenmittel. Die Brasilianer kamen nie in den Spielrhythmus.
Seit zwei Jahren hatten Jonas Reckermann und Julius Brink keinen Sieg mehr gegen das brasilianische Top-Duo landen können. Auch die Gesamtbilanz sah bei 3:5 negativ aus. Zuletzt hatten die Deutschen beim Weltcup in Moskau drei Matchbälle vergeben, aber die Erkenntnis gewonnen: Die Unbesiegbaren sind doch zu packen.
„Das war ein sehr großes Spiel mit so vielen Höhen und Tiefen“, sagte Reckermann nach dem Gold-Coup überglücklich. „Als ich gezweifelt habe, hat Jonas immer gesagt 'Komm, kühler Kopf', sagte Julius Brink, „als der dritte Matchball vergeben war, ist mir schon das Herz in die Hose gerutscht. Aber der Beachvolleyball-Gott war heute auf unserer Seite.“
DOSB-Chef Thomas Bach jubelte: „Das war grandios, wie sie nach drei vergebenen Matchbällen zurückgekommen sind.“ Und Delegationsleiter Michael Vesper betonte: „Für das deutsche Beach-Volleyball ist das herausragend.“
Nach dem Halbfinale hatte Brink noch gesagt: „Ich weiß nicht, was ich zu Hause zerstört hätte, wenn ich auf dem Heimweg nur meine Olympia-Akkreditierung um den Hals gehabt hätte.“ Nun trug er neben der Akkreditierung noch ein halbes Kilo mehr um den Hals: die ersehnte olympische Goldmedaille.
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