Bayern-Fans erobern Madrid

Madrid - Schon mehr als acht Stunden vor dem Anpfiff des Champions-League-Finals zwischen Bayern München und Inter Mailand haben Zehntausende Fans ganz Madrid in Rot-Weiß und Blau-Schwarz getaucht.
Madrid trägt rot. Tausende Fans des FC Bayern München haben vor dem Champions-League-Endspiel die Plätze und Cafés der Innenstadt überfüllt, sie tragen rot-weiße Trikots, schwenken Fahnen ihres Vereins und singen sich für den Samstagabend ein.
Auf den Straßen ist das große Duell zwischen dem deutschen Meister und Inter Mailand bereits entschieden: Obwohl beide Clubs je 20 624 Finaltickets für ihre Anhänger bekommen haben, ist Madrid rein optisch in rot-weißer Bayern-Hand. Spanische Medien berichteten, dass insgesamt rund 120 000 Fußballfans in der Stadt sind – ob sie nun eine Karte für das Bernabeu-Stadion besitzen oder nicht.
Auf der „Puerta del Sol“, dem Platz im Herzen Madrids, läuft seit Freitagabend ein Sangeswettstreit. Hunderte Bayern-Fans und genauso viele „Interisti“ versuchen sich dort zu überbieten: „Hier regiert der FCB“ oder „Ole, Inter, ole“: Welche Fanhymne erklingt lauter? In den Nebengassen erweitern einige Straßenmusikanten ihr Repertoire. Sie spielen nicht mehr nur Beatles-Songs oder Folklore nach, sondern begleiten die Gäste aus München zu deren Lieblingslied: Franz Beckenbauers „Gute Freunde kann niemand trennen“.
„Wir sind am Freitag mit dem Bus aus Norddeutschland angekommen und fahren direkt nach dem Spiel wieder zurück“, erklärt ein Bayern- Fan. Dass ein solcher Trip inklusive Unterkunft, An- und Abreise, Verpflegung und Eintrittskarte weit über 1000 Euro kosten kann, nehmen viele in Kauf. „Wenn wir gewinnen, war es das wert“, sagt der Fan. „Dann war es der schönste Tag meines Lebens.“
Das Wetter ist wie bestellt für dieses Fußball-Fest. Auf bis zu 30 Grad stiegen die Temperaturen am Mittag an. Obwohl das Bier selbst bei dieser Wärme in Strömen fließt, blieb es zwischen beiden Fangruppen zunächst friedlich. Kein Streit, keine Schlägereien, keine Randale. Die Polizei ist trotzdem in der Stadt und vor allem vor dem Stadion mit einem Großaufgebot im Einsatz. In der Arena werden Münchner und Mailänder strikt voneinander getrennt.
„Am Tag eines Champions-League-Finales schlägt das Herz ein bisschen schneller und steigt die Körpertemperatur an“, sagte Inter-Trainer José Mourinho. Das gilt für Fans und Spieler gleichermaßen. Mit dem Unterschied, dass die Spieler vor dem Trubel der Fans abgeschirmt werden. Es gebe ein paar Taktikbesprechungen, ein gemeinsames Abendessen und eine Mannschaftssitzung, erklärte Co-Trainer Andries Jonker den Tagesablauf des FC Bayern. Inter macht das nicht anders. „Ich war schon in vielen Endspielen dabei, aber dieses Erlebnis ist für mich einmalig“, sagte Kapitän Javier Zanetti.
Die einzigen, die das nicht ganz verstanden haben, waren rund 150 Mitglieder der spanischen Gewerkschaft „UGT“. Sie hielten genau am Samstagmittag auf der „Puerta del Sol“ eine kleine Demonstration ab - in roten T-Shirts, mit roten Fahnen und lauten Parolen. So hielt sie jeder für Fußballfans. Und niemand hörte ihrem Anliegen zu.
dpa