Bayerisch, urig, polyglott: Yes, we can!

2011 steigt die Ski-Weltmeisterschaft in Garmisch-Partenkirchen. Die AZ testet bereits jetzt die Tauglichkeit des Werdenfelser Landes.
GARMISCH-PARTENKIRCHEN Kaum waren die Sonntagsrennen vorbei, die Sieger geehrt, da waren die Läufer wieder weg. In aller Eile brachen die Skifahrer auf, an den nächsten Trainingsort oder gleich nach Val d’Isere, wo am heutigen Montag die WM beginnt. Die nächsten Titelkämpfe gibt’s dann 2011 in Garmisch-Partenkirchen. Doch wie WM-tauglich, wie gut vorbereitet auf das Großereignis in zwei Jahren ist man hier bereits? Das, was es für die Kinder in den Schulen nächste Woche gibt, bekommt GAP bereits jetzt in der AZ: Das Zwischenzeugnis.
STRECKEN
Bei den Läufern war die Kandahar-Abfahrt immer gefürchtet. Weil sie so fad war. „Im Mittelteil bin ich früher immer eingeschlafen“, erinnerte sich der Kanadier Erik Guay. Das kann ihm nicht mehr passieren. Die Fahrer müssen hellwach sein, nach dem Umbau bietet sich ein selektives Spektakel mit der steilsten Stelle im Weltcup, dem „Freien Fall“ mit 100 Prozent Gefälle. „Herrlich“, schwärmte Hermann Maier, „sehr harmonisch. Neue Strecken sind immer gut. Das hält den Geist jung.“ Auch für Rosi Mittermaier ist die Kandahar „ein absoluter Traum“. Zumindest wenn man fahren kann, was am Samstag nicht möglich war. Grandios auch der Gudiberg, für Alberto Tomba „der schönste Slalomhang der Welt“. Die Zuschauer unten im Stadion sehen die Fahrer von Start bis Ziel. Beste Aussichten, beste Note. Note 1
STIMMUNG
5000 bis 8000 Zuschauer bei den Rennen, ordentlich, kein Vergleich aber zu Kitzbühel oder Schladming. Außer der Weltcup-Party abends am Richard-Strauss-Platz hält sich der Enthusiasmus in Grenzen. „Der Werdenfelser ist halt kein Italiener“, sagte OK-Chef Peter Fischer zur AZ, „er ist ein stummer Begeisterer.“ Wie bitte, ich verstehe nicht, Sie sind so leise. Ach so, Sie sind Garmischer und euphorisch. Die WM als staade Zeit? Note 3
VERKEHR
Brach teilweise zusammen. 2011 verspricht Fischer Besserung, mit Parkplätzen weit vor den Strecken und reinem Shuttle-Transport. Wird gut sein, sonst droht der Kollaps. Note 3-
DRAHT ZU PETRUS
Suboptimal. Haben Weltcup-Orte wie Sölden Sonnenschein-Garantie abonniert, trübte sich das Wetter am Samstag ein. Und damit die Laune. Der Nebel ließ nicht mit sich reden, stur hing er im Mittelteil der Kandahar fest, führte zur Absage der Männer-Abfahrt. Immerhin am Sonntag bläute der Himmel wieder ein. Die weiteren Aussichten: 2011 hoffentlich besser. Note 4
AMBIENTE
Alpin und bayerisch, traditionell und urig, weiß und blau. Anders als Val d’Isere, ein in den Berg hineingeklotzer Retortenort zum Davonlaufen, laden Garmisch und Partenkirchen zum Bleiben. Auch nicht frei von Bausünde, die Absolution fällt hier aber leichter als im WM-Ort jetzt in Savoyen. Note 2
INTERNATIONALITÄT
Wann denkt man hier als Gast an Barack Obama? Wenn man die Einheimischen fragt, ob sie Englisch sprechen können. Dann sagen sie: Yes, we can! Das Tourismus-Amt drängt in der Gastronomie angesichts der Besucher aus aller Welt 2011 auf polyglotte Servicekräfte. Den schonungslos investigativen Undercovertest der AZ am Samstag in der Partenkirchener Wirtschaft bestand die Kellnerin mühelos, ohne Nachfrage brachte sie die georderten Wünsche, die da waren: „A Schnitzel and a beer, please.“ Well done. Nachholbedarf gab’s im Café, wo der Capucchino als dunkles Wasser mit Sahnehäubchen daherkam. Herr Fischer hatte ganz recht. Der Werdenfelser ist halt kein Italiener. Note 2
Florian Kinast