Ausgelassene Partystimmung bei Beachvolleyball!

Schlaflose Nächte für Ministerpräsident Cameron: Unweit des britischen Regierungssitzes in der Downing Street 10 sorgen die Sportler auch für viel Krach. 
von  Thomas Becker

Schlaflose Nächte für Ministerpräsident Cameron: Unweit des britischen Regierungssitzes in der Downing Street 10 sorgen die Sportler mitten in London auch für viel Krach. 

London - Es gibt in Whitehall sicher andere Möglichkeiten, den Luftraum über London zu beobachten. Aber im britischen Verteidigungsministerium steht man gerne auf dem Dach. Denn nebenan wird Beachvolleyball gespielt. Oder besser: Es wird Party gemacht, von morgens neun bis nachts um eins. Von Whitehall aus bestens zu sehen und zu hören. Das Beach-Stadion auf dem Platz der Horse Guard Parade ist zu Londons Hotspot geworden.

Selten gab es bei Olympia eine Wettkampfstätte, die mitten im Zentrum der Macht lag wie im Vereinigten Königreich. Nebenan wohnt englische Queen in Buckingham Palace, knappe 200 Meter sind zum britischen Premierminister David Cameron.

Der, so amüsiert sich die „Times“, habe mal wieder nicht schlafen können, weil die Partybeats der Beachvolleyballer bis in sein Schlafzimmer dringen. Die letzte Night-Session war kurz vor ein Uhr zu Ende. In 10 Downing Street sieht man sich gezwungen „Lärm-Belastungs-Meldungen“ heraus zu geben. Man habe ein „sanftes Gebrüll“ wahrgenommen und habe deutlich die Songs „Macarena“ und „We will rock you“ erkannt, hieß es im letzten Bulletin.
Im Lager der Volleyballer macht man sich einen Spaß daraus, den Premierminister zu stören. „Wake up Downing Street“ ruft der Stadionmoderator am Morgen. Nach Einbruch der Dunkelheit: „Zeigt ihm, dass wir noch da sind.“

Zum Lärm gibt es eine Trompeten-Fanfare aus dem Lautsprecher, die die Beach-Fans mit lautem „Ole“ abschließen. Während Hotels, Geschäfte und Restaurants über dramatische Umsatzrückgänge klagen, werden auf dem Beach-Gelände Rekordumsätze verzeichnet. Getrunken wird von neun bis das Licht ausgeht und mancher vernimmt ein erleichtertes Seufzen aus Richtung der Downing Street, wenn es am Strand endlich still ist.
Mit der Stimmung steigt der Alkoholkonsum. Wenn die Nachmittags-Session beginnt, sind die Pegelstände alarmierend. „Was hier abgeht, ist unvorstellbar“, sagte die deutsche Beacherin Ilka Semmler.

Jonas Reckermann spürt eine „geniale Stimmung“. Und das in einer Sportart, die im UK nie eine Rolle spielte. Jetzt flippen die Briten aus. Vor allem, wenn die „Horse Parade Dance Crew“ auftritt, die in Pausen in Bikinis erscheint und Hüftschwünge mit Wasserbällen vorführt.

Ernsthaft gespielt wird auch. Heute sind Katrin Holtwick und Ilka Semmler dran, die nach dem Sieg über ein Duo aus Mauritius praktisch ins Achtelfinale einziehen. Es ist ein Auswärtsspiel. Die Fans sind für die gebräunten Mauritius-Girls. Die fragen später: „Hey, habt ihr überhaupt geschwitzt?“ Sie lachen sich kaputt und sagten: „Wir kämpfen mit einem Messer, die beiden haben ein Gewehr.“ In London hat der exotische „Olympia-Tourismus“ Hochkonjunktur. „Jetzt wollen wir Spaß haben und London genießen“, sagen Elodie Li Yuk Lo und Natacha Rigobert.

Abends ist die Aussicht noch gigantischer. Das Riesenrad London Eye blinkt und leuchtet in den britischen Farben blau, rot und weiß, und die Glockenschläge von Big Ben hören sich wie Seufzer an, weil auf dem Centercourt weiter laut gejubelt wird und von der Tribüne Lustschreie herüber dringen, die Schlafen unmöglich machen. Manchem Athleten geht es dabei wie Premierminister Cameron. Spiele bis ein Uhr nachts sind sie nicht gewohnt.
„Normalerweise gehen ich um zehn ins Bett“, sagte die Österreicherin Stefanie Schwaiger. „Aber wer dabei sein will, muss tough sein.“ Die Stadtverwaltung in Westminster meldet derweil, das Beach-Event habe keine „Live-Music-Licence“ beantragt. Beachvolleyball sei ja kein Bruce-Springsteen-Konzert. Dem US-Star hatte man vor zwei Wochen um halb elf nachts im nahen Hyde Park den Saft abgedreht. Der Mann war zu laut, und in Whitehall keiner auf dem Dach.

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