Aus der Eisrinne in die Karibik
ALTENBERG - Als Rodlerin hatte sie resigniert, als Skeleton-Pilotin steht sie nun ganz oben: Anja Huber holte ihr erstes WM-Gold. Als Belohnung wartet auf die Berchtesdgadnerin nun eine Traumreise.
Am Tag danach ging Anja Huber in Altenberg nochmal hin, an den Ort ihres Triumphs. Die 24-jährige Berchtesgadenerin schaute sich den WM-Erfolg von Andre Lange im Viererbob an, am Eiskanal von Altenberg. „Als ich da vor Ort gestanden bin“, sagte die Skeleton-Pilotin dann der AZ, „da habe ich so langsam kapiert, was ich da am Samstag geschafft habe.“ Nämlich zu WM-Gold zu schlittern.
Die Bauchrodlerin, die jetzt ihren ersten WM-Titel auf dem Buckel hat.
Als Rennrodlerin resigniert
Dabei kam sie erst spät zum Skeleton. Mit sechs begann sie das Rennrodeln, aber mit 18 resignierte sie, zu stark war die nationale Konkurrenz. „Sie hat das Rodeln deswegen aufgehört“, sagt Johann Huber, Anjas Vater und Vorstand vom Rodel-Klub Berchtesgaden der AZ, „vom Sport wollte sie nichts mehr wissen. Bis sie die Verbandstrainer zum Skeleton überredet haben.“ Und Anja Huber nicht mehr mit den Füßen voraus fuhr, sondern mit dem Kopf.
„Ich hab’ mir am Anfang denkt, da legst di drauf und fahrst obi“, erinnerte sich Huber, „aber dann hab’ ich gemerkt, dass es fast noch schwieriger ist als Rodeln.“ Und Schwierigkeiten kamen noch einige.
Die unsägliche Peinlichkeit des Verbands
Vor allem bei der unsäglichen Peinlichkeit des Verbands Anfang 2006, als Huber die nationale Olympia-Ausscheidung vor Rivalin Kerstin Jürgens gewann. Trotzdem wurde nach dem Rennen zuerst Jürgens nominiert, da die Trainer meinten, sie habe nur wegen eines blöden Patzers am Start verloren und sei eigentlich die bessere Pilotin. Bevor die Funktionäre am Tag danach ihre Entscheidung revidierten und doch Huber nach Turin schickten. Dort wurde sie noch Achte, 2007 dann feierte sie mit dem EM-Titel ihren ersten großen Triumph.
Und nun also WM-Gold. Eine große Freude für Anja Huber, aber doch noch glücklicher war sie letzten Oktober. Als ihr Lebensgefährte, der Berchtesgadener Bundeswehr-Soldat Christian Waltenberg (28) gesund zurückkehrte. Nach drei Monaten Einsatz in Afghanistan.
„Die drei Monate waren eine sehr schwere Zeit“, sagt Huber, „natürlich machst du dir da große Sorgen, die Konzentration auf Skeleton fiel da sehr schwer. Ich kann nur hoffen, dass er da bleibt, dass er jetzt da nicht mehr hin muss.“
Ab in den Traumurlaub
Im Mai sicher nicht, denn statt nach Afghanistan geht es dann für die beiden in die Karibik. In den Traumurlaub. Wenn Anja Huber mit ihrer Diplomarbeit in Sportmarketing ihr Studium in Stuttgart beendet hat. Thema der Arbeit: „Werbung und Marketing bei Internationalen Großveranstaltungen“.
Ob sich in ihrer eigenen Vermarktung viel tut, ist zu bezweifeln. Dafür sind die Skeletonfahrer noch zu sehr Randsportler unter den Randsportlern, die Nummer 3 im Eiskanal hinter Bob und Rodeln. „Vielleicht tut sich noch was mit Sponsoren“, sagt Huber, „ich habe nichts dagegen, wenn mich ein paar anrufen. Aber leben werde ich davon sicher nicht können. Mein Sport ist ein nettes Zubrot. So wie andere im Nebenjob arbeiten, mache ich halt Skeleton.“
Und das, wie sie vorhat, noch mindestens bis 2010, bis zu den nächsten Olympischen Spielen.
Wo sie hofft, dass ihr eine Posse wie vor Turin mit Jürgens erspart bleibt. Jürgens, die am Samstag Bronze holte, wird im Frühling übrigens ihren Freund, den Schweizer Physiotherapeuten Philippe Szymkowiak, heiraten. Anja Huber und ihr Christian, die seit zwei Jahren ein Paar sind, lassen sich da noch Zeit. „Das eilt nicht“, sagt sie, so wichtig sei das mit der Hochzeit im Moment nicht. Hauptsache, er bleibt da.
Florian Kinast
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