Aufgalopp zum großen Streit

Riem - Wäre die außerordentliche Mitgliederversammlung des Münchener Rennvereins nicht eine geschlossene Veranstaltung, man hätte mit Plakaten sicherlich Zuschauer dafür gewinnen können: „Zünftiger Millionen-Streit am Dienstag in Riem – hitzige Wortgefechte und Kampfabstimmung garantiert. Beginn 19 Uhr, Eintritt frei.”
Die Zeichen stehen auf Sturm, immerhin herrscht Einigkeit über das Dilemma: Der Klub besitzt zwar eine Menge Land im Münchner Osten (ca. 100 Hektar), macht aber wegen der Strukturkrise des deutschen Galoppsports jährlich rund 400 000 Euro Verlust. Etliche Gebäude sind marode, die Konten leer. Präsident Norbert Poth will die 39,2 Hektar umfassende Trainierbahn für 64 Millionen Euro an Investor Erich Schwaiger verkaufen, um den klammen Galoppverein auf Jahrzehnte am Leben zu erhalten. Doch der Vertrag ist komplex und umstritten. Die AZ gibt eine Übersicht, wer am Dienstagabend aufeinander trifft:
Der Vorstand: Auch wenn Präsident Poth zuletzt Gespräche mit der Presse ablehnte, seine Position hatte er zuvor klar dargestellt: „Die Zukunftssicherung des Vereins ist mein Lebenswerk, es gibt keine Alternative zum Verkauf.” Die Vorwürfe, er persönlich würde daran profitieren, haben den 72-jährigen Unternehmer arg getroffen. „Er hat unzählige ehrenamtliche Arbeitsstunden für den Verein geleistet, da schmerzen solche haltlosen Anschuldigungen natürlich”, sagt Generalsekretär Rudolf Oster. Mit einer Mehrheit darf Poth rechnen, jedoch benötigt er drei Viertel der Stimmen der anwesenden Mitglieder. 93 sind geladen, mit etwa 60 wird gerechnet. Für den Fall, dass seine Pläne abgelehnt werden, hat Poth seinen Rücktritt angedeutet.
Die Gegner: Als Rädelsführer der Opposition gilt Kassenprüfer Hermann Bauer (57). Der Besitzer eines Autohauses hat die Treffen der Verkaufsgegner mitorganisiert: „Wir können ja nicht unvorbereitet in die Sitzung gehen, sonst werden wir überfahren”, meint Bauer, der „mindestens 20 Mitglieder” auf seiner Seite wähnt. Mit dem Vertragskonstrukt hätten sich mehrere Anwälte und Wirtschaftsprüfer beschäftigt – das Ergebnis: „Poths Pläne sind hochgefährlich, wir haben kein Vertrauen mehr in ihn. Es gibt sogar Leute, die überlegen, ob sie gegen Poth Strafanzeige wegen mangelhafter Vereinsführung stellen.” Poths Rücktrittsdrohung findet Bauer „eine Sauerei. Da kann man nur hoffen, dass er sie auch wahr macht.”
Die Stimmung ist vergiftet. Es wird befürchtet, dass der Rennverein – unabhängig vom Abstimmungsergebnis – ins Chaos schlittert und auf Dauer in zwei tiefe Lager gespalten wird. Generalsekretär Oster appelliert daher: „Diskussionen sind wichtig, aber sie müssen sachlich bleiben.”