Angerer stürmt nach «perfektem Rennen» zu Silber

Whistler (dpa) - Nach seinem Sturmlauf zu Silber lag Tobias Angerer völlig ausgepumpt im Ziel und wurde von Teamkollege Jens Filbrich fast erdrückt. Im Schlussspurt der Doppelverfolgung über 30 km hatte sich Angerer klug positioniert und war hinter dem Schweden Marcus Hellner durchs Ziel gelaufen.
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Tobias Angerer genießt den Gewinn der Silbermedaille sichtlich.
dpa Tobias Angerer genießt den Gewinn der Silbermedaille sichtlich.

Whistler (dpa) - Nach seinem Sturmlauf zu Silber lag Tobias Angerer völlig ausgepumpt im Ziel und wurde von Teamkollege Jens Filbrich fast erdrückt. Im Schlussspurt der Doppelverfolgung über 30 km hatte sich Angerer klug positioniert und war hinter dem Schweden Marcus Hellner durchs Ziel gelaufen.

«Das war grandios, es lief alles so, wie ich es noch am Tag zuvor nach dem Training geplant hatte. Ich hatte mir im Zielgarten alles angesehen und für mich festgelegt, wo und wann ich an welcher Position sein muss. Und genau so ist es gekommen», frohlockte Angerer, der im Spurt nur Hellner den Vortritt lassen musste. «Der ist halt zehn Jahre jünger und hat 100 000 Kilometer weniger in den Beinen. Da war er eben etwas schneller», erklärte der Bayer.

Vier Jahre nach dem Gewinn von Bronze über 15 Kilometer in Turin sorgte der 32 Jahre alte Vachendorfer mit der Medaille für den ersehnten Befreiungsschlag im Lager der deutschen Langläufer. «Ich bin überglücklich. Es war ein perfektes Rennen. Beim Skaten ging es von Runde zu Runde schneller. Aber ich war mir so sicher, dass ich diese Medaille gewinne», bilanzierte Angerer das Rennen. Für ihn war es sein insgesamt viertes olympisches Edelmetall. Im Rennen über 15 Kilometer hatte er in Whistler den siebten Platz belegt.

Angerer war bei frühlingshaften Temperaturen immer auf der Höhe. Gemeinsam mit Filbrich (Frankenhain) und René Sommerfeldt (Oberwiesenthal) setzte er die taktische Marschrichtung, immer vorn dabei zu sein, so gut um, dass selbst Bundestrainer Jochen Behle ins Schwärmen geriet: «Das war alles so, wie wir es uns ausgerechnet hatten.» Vor allem Filbrich erfüllte diese Forderung des Trainers. Der 30-Jährige hielt auf der Klassik-Strecke engen Kontakt zu den Führenden, und auch Angerer und Sommerfeldt blieben in Lauerstellung. Vorne machte Lukas Bauer mächtig Druck. Durch das hohe Tempo des Tschechen wurde das Feld frühzeitig auseinandergerissen und auch Reichelt verlor schon bald den Anschluss.

Zum Skiwechsel kamen Filbrich als Vierter und Angerer als Neunter. Zur Halbzeit verschärfte der Schwede Olsson plötzlich das Tempo und zog an der Spitze davon, während seine Landsleute Hellner und Anders Soedergren versuchten, das Feld zu «bremsen». Die Teamorder der Skandinavier schien aufzugehen, denn der 29 Jahre alte Olsson baute seinen Vorsprung auf bis auf 25 Sekunden aus, während sich im Feld die Favoriten lange Zeit belauerten. Doch Olssons mutige Flucht wurde am Ende nicht mit Gold belohnt, auch weil Angerer aufs Tempo drückte.

«Fips» Jens Filbrich aus Frankenhain beendete das Rennen bei seinem ersten Auftritt in Whistler an sechster Stelle. Mit dieser Platzierung war er mehr als zufrieden: «Form, Material und Strecke passen. Jetzt will ich auch noch eine Medaille.» Rene Sommerfeldt aus Oberwiesenthal wurde 21. mit 2:00,5 Minuten Rückstand auf den Sieger. Der als Ersatz für den erkälteten Axel Teichmann aufgebotene Tom Reichelt aus Oberwiesenthal belegte mit einem Rückstand von 6:01,8 Minuten den 35. Rang.

Erst am Abend hatte Angerer mit seiner Familie bei einer kleinen Feier im Deutschen Haus Gelegenheit, die Silbermedaille zu genießen. «Ich bin mit einem sehr guten Gefühl in das Rennen gegangen, habe die Medaille nie aus den Augen verloren. Natürlich muss alles passen, aber heute passte es», sagte Angerer. Nur einmal während der 30 Kilometer in beiden Stilarten gab es eine Schrecksekunde. «In der ersten Skatingrunde war mein Stock plötzlich kaputt. Irgendjemand war draufgetreten und ich hatte da nur noch das Handstück in der Schlaufe», berichtete Angerer, dem die Schweizer mit einem neuen Stock aus der Misere halfen. «Ein großer Dank geht an die Schweizer. Wie der aussieht, klären wohl die Skitechniker unter sich», meinte «Tobi» mit einem breiten Grinsen.

Ob er neben dem 50-Kilometer-Rennen und in der Staffel noch einmal startet, ließ Angerer offen. «Für den Team-Sprint muss man spritzig sein. Ich weiß nicht, ob ich das nach dem schweren Rennen heute am Montag schon wieder bin», sagte er. Behle wollte sich dazu nicht äußern. «Wir müssen sehen, ob Axel Teichmann wieder vollkommen fit ist. Meldet er sich gesund, ist er gesetzt. Alles andere muss ich mit den Athleten noch besprechen», sagte der Coach, der sich Freude, dass der Knoten bei seinem Team geplatzt ist. «Wir sind hier, um die Plätze eins bis drei zu belegen. Ich bin froh, dass das geklappt hat und die Sportler den Lohn für jahrelanges Training erhalten.»

Angerer sah die Medaille auch als Lohn für das Verständnis seiner Frau Romy an. «Sie muss so oft auf mich verzichten. Ich bin glücklich, dass sie mit hier ist und das miterleben konnte», bemerkte der nun viermalige olympische Medaillengewinner.

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