Alle gegen Hamilton

Fahrer-Aufstand gegen den Mercedes-Piloten, um den es in der Formel 1 allmählich einsam wird. Denn Alonso & Co. wollen Felipe Massa als Weltmeister.
FUJI Ob er ahnt, wie schwer die Auswirkungen sein können? Lewis Hamilton (23) muss nach seiner Rüpelfahrt von Fuji, als er den WM-Konkurrenten Felipe Massa massiv behinderte, nun fürchten, von der Kollegenschaft die Quittung zu bekommen. Und das könnte im Titelrennen durchaus von Bedeutung sein.
Ur-Rivale Fernando Alonso (Renault), der in Fuji zum zweitem Mal in Serie gewann, erklärte gestern klipp und klar, für wen er im WM-Entscheid (noch zwei Rennen, Sonntag in China, Finale in Brasilien) fahren wird: „Ich helfe ab sofort Felipe Massa, sobald sich die Chance dazu bietet."
Der Brasilianer liegt im Titelkampf nur noch fünf Zähler hinter Hamilton zurück. Und wie 2007 droht dem McLaren-Mercedes-Piloten Hamilton schon wieder das Aus auf der Zielgeraden. Damals vergeigte er binnen zwei Rennen einen Vorsprung von 17 Zählern auf Kimi Räikkönen.
Also darf sich sogar BMW-Sauber-Pilot Robert Kubica (12 Zähler Rückstand) noch Hoffnungen machen. Auch der WM-Außenseiter meldet sich zu Wort: „Entweder man fährt hart und fair. Oder man ist zu aggressiv, was Lewis schon öfter tat. Sein Fahrstil war schon in mehreren Fahrerbesprechungen ein Thema. Und die meisten Kollegen haben das ähnlich gesehen."
Auch der ausgebremste Noch-Weltmeister Kimi Räikkönen klagte gestern: „Mir sind am Start gleich zwei McLaren-Mercedes reingefahren. Meine Front war beschädigt." Der Iceman, der sich sonst nie über Kollegen beschwert, war stocksauer.
Das Problem: Hamiltons Teamführung von McLaren-Mercedes verteidigt den Knallkurs seines Topfahrers: „Das war mutig," sagt Mercedessportchef Norbert Haug. Und Teamchef Ron Dennis weiß nicht mal, "wofür Lewis überhaupt bestraft wurde".
Ex-Weltmeister Niki Lauda fand Hamiltons Aktion zunächst „blöde, weil er sich vor allem selbst geschadet hat." Dabei hatte Hamilton selbst gedacht, dass er nach Platz drei in Singapur genau wüsste, „was ich zu tun habe". Der 23-Jährige wollte mit drei zweiten Plätzen ohne Stress Weltmeister werden. Als kenne er sich selbst besser, gestand er: „Wenn etwas schief geht, liegt es an mir." Und bei ihm geht jede Menge schief: In Magny Cours stürmte er an Sebastian Vettel vorbei in eine Schikane, als wäre die nicht vorhanden. Schon die damals fällige Strafe verstand er nicht.
In Spa kürzte er eine Schikane ab und wurde erneut bestraft. Dass er nach der Schikane Kimi Räikkönen kurz vorbei ließ und sofort wieder überholte, war unter den Kollegen zuvor in der Fahrerbesprechung ausgeschlossen worden. Hamilton hielt sich nicht daran. Deshalb fuhr ihm Räikkönen wütend ins Heck. Bis der Finne ausflippt, muss es weit kommen.
Hamilton pflaumte im Revisionsprozess der FIA Ferrari-Anwalt Tozzi an: "Wissen Sie nicht, dass ich der beste Rennfahrer der Welt bin." Kurz darauf machte ein Zitat die Runde, in dem Hamilton sich mit Ayrton Senna verglich: „Ich spüre seine Gene in mir."
Ex-Champion Niki Lauda findet Hamiltons Entwicklung einfach "enttäuschend, denn er könnte so gut sein, lernt aber nicht."
Ein anderer Ex-Weltmeister bringt es knallhart auf den Punkt: "Lewis hat ein massives Kopfproblem: Er hat nur Eier, aber leider kein Hirn."
Das Problem: Aus dem gesamten McLaren-Mercedes-Team kommt kein Wort der Kritik. Wie soll Hamilton da lernen?
Peter Hesseler