Alice Cooper: "Golf ist Rock'n Roll"
Schock-Rock-Legende Alice Cooper (61) erzählt, wie er mit Gott und Putts vom Alkohol loskam, was er dem in Eichenried startenden John Daly rät – und wieso man in Pink extrem gut spielen muss.
AZ: Hallo, Mr. Cooper! Sie haben Ihr Überleben zwei Dingen zu verdanken, die man nicht unbedingt vom König des Schock-Rocks erwarten kann: Gott und Golf.
ALICE COOPER: Nun, den Ruhm, mein Leben gerettet zu haben, würde ich allein Gott zugestehen. Aber er hat mir den Golfsport als Obsession geschickt, damit ich meine Energien in einer nicht selbstzerstörerischen Art freisetze. Ich bin eine addiktive Persönlichkeit, ein Suchtmensch. Viel zu viele Jahre meines Lebens war meine Sucht der Alkohol. Ich bin aufgestanden und meine erste Handlung war der Griff zur Flasche. Bevor ich überhaupt am Frühstückstisch saß, hatte ich bereits zwei Drinks intus. Alkohol bestimmte mein Leben. Und ich musste erst ganz unten ankommen, um zu merken, wie sehr ich in der Hand des Dämons Alkohol war. Ich musste Blut erbrechen, ich musste erleben, dass sich meine Frau von mir scheiden lassen wollte. Erst da habe ich – mit Gottes Hilfe – begriffen, dass ich mein Leben radikal ändern muss. Und Gott gab mir eben auch gleich den Golfsport, mit dem ich mich ablenken konnte.
Sie haben sich mit der Vehemenz eines Suchtkranken diesem Sport gewidmet.
Definitiv! Ich bin dem Golfmonster verfallen! Ich spielte über ein Jahr lang jeden Tag 36 Löcher. Meine Frau zeigte auf den Golf-Bag und sagte: „Ich will dich erst in einigen Stunden wiedersehen.“ Ich spiele übrigens am liebsten am frühen Morgen. Die Sonnenaufgänge in Arizona, wo ich lebe, sind unbeschreiblich. Golf ist meine Medizin. Ich nehme auf jede Tour Schläger mit und versuche an jedem Ort einen Platz zu finden.
Nicht gerade das Leben, das man von einem Rock’n’Roller, dem Mann, der sich bei seinen Shows von einer Guillotine köpfen lässt, erwartet.
Nun, für mich haben Golf und Rock sehr viel zu tun. Es ist ein unglaublicher Kick. Und ich spiele eben, wie Alice auftritt. Wer in pinken Hosen und Glitzersachen zum Golf erscheint, sollte verdammt gut spielen, sonst ist er nur lächerlich. Ich liebe diesen Extrakick. Und Golf hat mir geholfen, mein Leben zurückzugewinnen, das ich an den Alkohol verloren hatte. Ich mache auf dem Golfplatz das, was ich auf der Bühne tue. Ich war immer ein guter Imitator. Mick Jagger war ein Revolutionär auf der Bühne. Und Tiger Woods hat Golf revolutioniert. Als er den Ball weiter und genauer spielte als alle anderen, schauten sich auch alle alles ab und versuchten ihn nachzuahmen.
Trotzdem gilt Golf gemeinhin eher als Altherrensport.
Einspruch! Das Einzige, was am Golf ein Altherrensport ist, ist, dass man ihn auch im hohen Alter noch ausüben kann. Warum glauben Sie, dass viele der größten Sportler dem Golf verfallen sind? Basketball-Ikone Michael Jordan oder Badboy Charles Barkley? Weil er so unglaublich schwer ist! Man ist immer auf der Suche nach Perfektion – und findet sie nie. Außerdem: So wie ich Golf betreibe, ist Golf definitiv Rock’n'Roll.
Auch im Golf gibt es Suchtmenschen. Das berühmteste Beispiel ist der alkohol- und spielsüchtige John Daly.
Ja, er ist ein begnadeter Golfer. Und wir haben auch schon mal über das Thema gesprochen. Ich sagte ihm: „Mir ist klar, dass du Angst hast. Du glaubst, ohne den Alkohol, der solange dein Leben war, keinen Erfolg mehr zu haben. Aber das ist falsch. Es ist nicht der Alkohol, der dich zu zwei Major-Titeln führte. Du hast es trotz des Alkohols geschafft! Der Alkohol hat verhindert, dass du vielleicht fünf Titel gewonnen hast.“ Nehmen Sie mich: Ich dachte, ich könnte ohne Alkohol nicht funktionieren, könnte meiner Kreativität keinen freien Lauf lassen. Unsinn! Es geht besser ohne. Aber das habe ich erst vor 25 Jahren gemerkt. Davor habe ich mehrere Alben aufgenommen, von denen ich nicht mal weiß, dass ich sie gemacht habe.
Ihr tollster Schlag beim Golf?
Mein erstes Hole-in-one. Ich habe den Schlag vollkommen verzogen und nur gesehen, dass der Ball irgendwo abgeprallt ist. Wir haben überall gesucht und irgendwann ins Loch geschaut. Und da war der Ball! Das war surreal! Der Schlag war eine echte Alice-Cooper-Nummer! Das war Ironie – und ich verkörpere die Ironie ja auch auf der Bühne.
Interview: Matthias Kerber