Al-Sultan hört auf: " Ich gehe mit erhobenem Haupt"

Der Münchner Triathlet Faris Al-Sultan, der 2005 den Ironman auf Hawaii gewann, beendet seine Karriere. In der AZ spricht er zum Abschied über Schmerzen, Entschuldigungen und seine Pläne.  
Matthias Kerber |
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Der Münchner Triathlet Faris Al-Sultan beendet seine Karriere.
dpa Der Münchner Triathlet Faris Al-Sultan beendet seine Karriere.

Der Münchner Faris Al-Sultan, der 2005 den Ironman auf Hawaii gewann, beendet seine Karriere. In der AZ spricht er zum Abschied über Schmerzen, Entschuldigungen und seine Pläne.

AZ: Herr Al-Sultan, Sie sagen Servus, wir sagen Servus. Sie, der 2005 den legendären Ironman Hawaii gewonnen hat, beenden Ihre Karriere als Triathlet, dabei hatten Sie vor wenigen Wochen erklärt, zwei Jahre weitermachen zu wollen. Woher der Sinneswandel?

FARIS AL-SULTAN: Mei, es ist nicht so, dass mir urplötzlich ein Bein abgefallen wäre. Aber ich war es einfach leid, immer wieder nach Entschuldigungen suchen zu müssen für schlechte Leistungen, die ich abgeliefert habe – weil mein Körper nach 20 Jahren Leistungssport einfach nicht mehr so konnte. Entschuldigungen anderen gegenüber, aber vor allem auch mir selbst gegenüber. Man muss brutal motiviert sein, um das alles auf sich zu nehmen. Wir reden hier nicht von Basketball. Die Schmerzen sind dein ständiger Begleiter, und wenn man nicht mehr diese hundertprozentige Motivation hat, dann spürt man die Pein, hat nicht mehr die Lust, sich durch all das durchzuquälen, was man in unserem Sport eben fast selbstverständlich erleidet. Aber ich kann hier eindeutig sagen: Ich verlasse die Bühne mit stolz erhobenem Haupt.

Wer wie Sie den Ironman gewinnt, hat jedes Recht dazu!

Ich hatte eine tolle Karriere, viele tolle Erfolge, tolle Rennen. Ich hatte meine drei magischen Jahre von 2004 bis 2006 und noch viele sehr gute Jahre. Ich bin immer noch in der Lage, gute Ergebnisse zu erreichen, aber eben nicht mehr diese magischen Momente. Das gibt der Körper einfach nicht mehr her. Und dann habe ich mich entschieden, dass es das war. Dass meine Pläne, die ich für die nächsten zwei Jahre hatte, in dem Sport nichts mehr wert sind.

Wie muss man sich das vorstellen? Sie sitzen da, alles tut weh – und dann sagen Sie sich einfach: Das war’s?

(lacht) Eine ziemlich akkurate Beschreibung der Situation. Beim letzten Rennen in Texas ging im Schwimmen noch alles, aber auf dem Rad hat gleich die Rückseite des Beins zugemacht. Mal wieder, dachte ich. Und dann quälst du dich weiter – und irgendwann denkst du dir: ‘Für einen zehnten Platz muss ich mich nicht mehr dermaßen schinden.’ Da kamen viele Kleinigkeiten zusammen, die mich genervt haben. Dinge, da lachst du drüber, wenn du 25 bist, aber eben nicht mehr, wenn du 37 und gerade Vater geworden bist. Da verschieben sich die Wertigkeiten. Daher die Entscheidung: Ich bringe jetzt den Sommer mit ein paar kleinen Sachen zu Ende – dann war’s das.

Was hat Ihre Familie gesagt?

Meine Frau hatte gleich volles Verständnis. Zum einen hat sie ja früher selbst Leistungssport gemacht, zum anderen hat sie ja all die Probleme hautnah miterlebt. Meine Mama wollte schon, dass ich noch weitermache. Sie war ja immer dahinter her, dass ich mehr mache, noch erfolgreicher bin, aber das passt schon. Und mein Vater meinte: ‘Es ist gut jetzt.’

Wie wird es weitergehen?

Ich bin nicht ganz sicher. Das Leichteste wäre, im Sport zu bleiben. Eine Aufgabe als Trainer würde mich schon reizen, etwa im Nachwuchsbereich. Aber vielleicht mache ich ganz was anderes. Zum einen, weil es mich interessieren würde, zum anderen, weil ich auch mir selbst gern beweisen würde, dass ich auch was anderes beherrsche, als nur schwimmen, radeln und laufen. (lacht)

Sie sprachen Ihre Familie an: Wie sehr sind die Ereignisse in der arabischen Welt ein Thema bei Ihnen? Ihr Vater stammt ja aus dem Irak...

Natürlich ist das ein Thema, allein schon, weil Mossul, die Heimatstadt meines Vaters, in Händen des IS ist. Mein Onkel, der da noch lebte, musste fliehen, hält sich jetzt im Kurdengebiet auf. Es ist furchterregend, was im Moment in der arabischen Welt los ist. In jedem Land bis auf den Oman und die Emirate knallt es. Der IS ist eine skrupellose Räuberbande. Da wird auch vieles überhöht. Die haben keine Luftwaffe, nichts, die haben Gewehre – und eine extreme Entschlossenheit, eine brutale Skrupellosigkeit. Es gibt kein Patentrezept, denn selbst wenn man die IS militärisch besiegen würde, bleiben ja die Ideen erhalten. Dann gibt es halt eine andere Fanatisten-Gruppierung, die sich AS oder was auch immer nennt. Wir als Familie betrachten die Entwicklung mit großer Sorge. Man hat schon das Gefühl, dass die Welt gerade etwas verrückt wird.

 

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