96 000 Euro Schmiergeld für den Finalsieg?

Neue schwere Vorwürfe gegen Kiel. THW soll Schiris in zehn Spielen der Champions League die Schiedsrichter bestochen haben. Der Manager wehrt sich und will juristische Schritte einleiten.
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Er bestreitet jegliche Manipulationsvorwürfe: Kiels Manager Uwe Schwenker, der nun erneut schwer belastet wird.
dpa Er bestreitet jegliche Manipulationsvorwürfe: Kiels Manager Uwe Schwenker, der nun erneut schwer belastet wird.

Neue schwere Vorwürfe gegen Kiel. THW soll Schiris in zehn Spielen der Champions League die Schiedsrichter bestochen haben. Der Manager wehrt sich und will juristische Schritte einleiten.

KIEL Die Pleite in der Champions League war Nebensache. Dass der THW Kiel am Samstag beim 33:35 bei Ciudad Real das erste Pflichtspiel in dieser Saison verlor? Unerheblich. Schließlich zog der Deutsche Handballmeister trotz der Niederlage als Gruppensieger ins Viertelfinale ein. Viel mehr interessierten einmal mehr die Manipulationsvorwürfe, bei denen nun erstmals konkrete Zahlen genannt wurden. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, wäre es einer der größten Skandale in der Geschichte des deutschen und europäischen Sports.

Nach Recherchen des „Spiegel“ gibt es einen protokollierten Beschluss von Kiels Liga-Konkurrent Rhein-Neckar Löwen, in dem die Löwen-Gesellschafter davon ausgehen, dass Kiels Manager Uwe Schwenker und Ex-THW-Trainer Noka Serdarusic Schiedsrichter bestochen haben sollen.

So soll der THW bei mindestens zehn Champions-League-Spielen Schiedsrichter geschmiert und sich auch den Finalsieg 2007 über die SG Flensburg-Handewitt mit 96 000 Euro erkauft haben. Bestechungen, die Kiels Manager Uwe Schwenker bei einem Treffen mit einem Gesellschafter der Rhein-Neckar Löwen eingeräumt habe. „Diese Bestechungen seien einvernehmlich zwischen Schwenker und Serdarusic vorgenommen worden“, zitiert der „Spiegel“ aus dem Beschluss.

Gerade Schwenker wird schwer beschuldigt. Er soll am 30. Juli 2007 auf der Finca von Andreas Rudolph (Präsident von Liga-Rivale HSV Hamburg) auf Mallorca bestätigt haben, dass er lange gebraucht habe, um zu begreifen, dass die Champions League nur mithilfe der Schiedsrichter zu gewinnen sei. Als Teilnehmer dieses Abends nennt das Magazin unter anderen Rudolph, Schwenker und dessen Ehefrau sowie Gerd Butzeck, den Geschäftführer der Group Club Handball (GCH), die Vereinigung der 16 wichtigsten europäischen Klubs. „Ich war dabei auf der Terrasse", sagt Butzeck, auch die vielen Einzelheiten, die der „Spiegel“ schildere, stimmten. Doch dann relativierte er, denn Schwenker „habe nicht gesagt, dass er die Schiedsrichter bestochen hat".

Auch im vergangenen Jahr sollen es die Kieler mit Bestechung im Finale gegen Ciudad Real versucht haben – die Schiedsrichter hätten aber das Geld des THW abgelehnt, nachdem der Gegner ihnen zuvor gekommen sei.

Der THW weist alle Vorwürfe in einer von Schwenker unterzeichneten Erklärung zurück. Es sei „falsch und frei erfunden, dass Uwe Schwenker gegenüber einem Gesellschafter der Rhein-Neckar Löwen Bestechungen bestätigt haben soll.“ Auch Serdarusic bestreitet die Vorwürfe.

Der Europäische Handballverband EHF, der den Fall am Freitag eigentlich schon für beendet erklärt hatte, will jetzt wieder Ermittlungen aufnehmen. „Solche schwerwiegenden Vorwürfe hat es im europäischen Handball noch nie gegeben“, sagte EHF-Generalsekretär Michael Wiederer zur AZ.

Der Handball-Bundesliga (HBL) liegen weiterhin keine Beweise vor. „Es gibt verschiedene Behauptungen, aber weiterhin keine belastenden Unterlagen. Wir werden jetzt das weitere Vorgehen beraten“, sagte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann dem sid und versicherte: „Die Sache wird sicher nicht im Sand verlaufen.“ Allerdings bewertet Bohmann auch einen protokollierten Beschluss der Gesellschafter des Bundesligisten Rhein-Neckar-Löwen, in dem diese davon ausgehen, dass Kiels Manager Uwe Schwenker und der frühere THW-Trainer Noka Serdarusic Schiedsrichter bestochen haben sollen, nicht als eindeutiges Belastungsmaterial. „Dieses Papier ist uns inzwischen vorgelesen worden. Wir haben es zur Kenntnis genommen, aber es ist kein Beweis“, betonte der HBL-Chef.

Am Montagabend wollte Bohmann am Rande der Viertelfinal-Auslosung der Champions League in Wien mit Vertretern der Europäischen Handball-Federation (EHF) über das weitere Vorgehen in der Affäre beraten. Alle Bundesligisten hat er ebenfalls am Montag über den aktuellen Stand der Untersuchungen informiert.

Derweil hat der deutsche Spitzenschiedsrichter Frank Lemme (Magdeburg) eine mögliche Änderung in Sachen Referee-Betreuung bei Europacup-Einsätzen begrüßt. Anders als beim Fußball werden die Unparteiischen im Handball von Vertretern der gastgebenden Mannschaft betreut. Damit sind einer möglichen Manipulation Tür und Tor geöffnet. „Wenn man etwas verbessern möchte, dann kann man ruhig zum Fußball rüberschauen und es bei uns auch so machen. Das ist ein konstruktiver Vorschlag, eine tolle Idee“, sagte Lemme dem sid. Nach Recherchen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel soll der THW Kiel bei mindestens zehn Champions-League-Spielen Schiedsrichter bestochen und sich auch den Finalsieg in der Königsklasse 2007 über die SG Flensburg-Handewitt mit 96.000 Euro erkauft haben.

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