König Ludwig II von Bayern: Fantast, Förderer, Feingeist
Man nennt mich einen Narren. Wird Gott, wenn er mich einst zu sich ruft, mich ebenso nennen?
Sonne im dritten Haus – Jungfrau
Ein zentrales Thema seiner Selbst-Werdung mag das Anliegen seiner Seele, Neues zu erforschen und weiterzuentwickeln, gewesen sein. Ludwigs fortschrittliches technisches Verständnis, das seiner Zeit weit voraus war, und seine große, detailversessene Bauleidenschaft lassen sich über die Aspekte, die seine Sonne mit anderen Planeten bildet, leicht erklären.
Hier haben wir es mit einem sehr wissbegierigen Geist zu tun, der sich mit besonderer Freude den Details einer Sache widmet. Ein Hang zum Perfektionismus und ein kritischer Verstand waren sicherlich nicht nur förderliche Antriebsfaktoren, um seine Ideale als Monarch und auch als visionärer Bauherr umzusetzen.

Die Sonne-Saturn-Opposition zeigt an, dass Ludwigs Lebensfreude durch großes Pflichtgefühl und einen Zweifel am Selbstwert zeitweise stark gelitten haben mag. Die Vaterfigur in Ludwigs Geburtshoroskop (die ebenso durch Sonne/Saturn symbolisiert wird) erscheint unklar, diffus, streng und distanziert.
Aszendent Krebs
Der Aszendent steht unter anderem für das Bild der Persönlichkeit, das nach außen sichtbar wird. Es lässt erkennen, wie Ludwig von seiner Umwelt wahrgenommen wurde. Mit dem Aszendenten in Krebs und dem Mond als dessen Herrscher war der Märchenkönig eine gefällige, verträumte Erscheinung.
Zumindest in jungen Jahren war sein Erscheinungsbild aufgrund nobler Blässe (Signatur Mond) und eines verträumten Blickes, obwohl groß und stattlich gewachsen (der König maß 1,91 Meter) die einer eher weichen, durchlässigen und luzide anmutenden Persönlichkeit.

Der Krebs-Aszendent lässt zudem erkennen, dass des Königs Temperament wohl eher zur Melancholie und Launenhaftigkeit neigte. Schüchternheit und eine hohe Empfindsamkeit gegenüber allem Rauen und Groben kann (zusätzlich mit Mond im zwölften Haus) die Erklärung für seine oft dokumentierte Flucht in Fantasiewelten sein.
Dabei kam dem König seine Feinfühligkeit und die sehr ausgeprägte romantische Ader, die mit einem Krebsaszendent einhergeht, dem Streben nach mystischen, entgrenzenden Erfahrungen entgegen. Die Mythologie germanischer Sagen und die musikalisch inszenierten Götterdramen Wagners waren überaus geeignet, dem strengen Protokoll der Krone und der allzu prosaischen Wirklichkeit – zumindest zeitweise – zu entfliehen.
Mond im zwölften Haus – Zwilling
Diese Mondposition ist ein eindeutiger Hinweis auf die Notwendigkeit, sich immer wieder in Abgeschiedenheit und Stille zurückzuziehen. Die Weltflucht Ludwigs füllt Bände. Mit dieser Planeten-Anlage war es dem Monarchen ein tiefes Bedürfnis, die Einsamkeit dem lärmenden Pöbel vorzuziehen und dem Getriebe der Stadt (Ludwig verabscheute München) zu entkommen.
Außerdem zeigt der Mond im zwölften Haus eine Tendenz zur Suchtproblematik an. Diese Konstellation spricht dennoch über ein großes Mitgefühl für die Sorgen der Armen und Schwachen. Und für Ludwigs großes Interesse an der „Wohlfahrt“ seines bayerischen Volkes.

Mond in Zwilling ist ein sicherer Hinweis, dass Ludwig bereits als Kind gern und viel gelesen hat und wohl sehr neugierig und wissenshungrig war. Der Welt der Gefühle begegnete der Wittelsbacher eher durch eine skeptische, verstandesbetonte Weise. Betrachtet man den Mond als Symbol für das Mutterbild im Horoskop, spricht dieser eine auffällig unterkühlte Sprache: Er zeigt eine Mutter, die psychisch und gefühlsmäßig nicht erreichbar oder dauerhaft abwesend war.
Ludwig mag sich in seiner frühen Kindheit einsam und alleingelassen gefühlt haben. Ein Ausgegrenzter gewissermaßen. Mit dieser Mangelsituation konfrontiert, war die einzige kindliche Überlebensstrategie des Kronprinzen, sich in eine Fantasie- und Märchenwelt zurückzuziehen. Diese frühkindliche Strategie, die Ludwig zeitlebens verfolgte, machte ihn zu dem Fantasten, der er war.
Merkur im vierten Haus – Jungfrau
Mit Merkur im vierten Haus in der Jungfrau werden Ludwigs oben beschriebene Anlagen noch einmal verstärkt. Sie bestätigen den Drang seiner Seele, sich mit Märchen, Träumen und Symbolen intensiv zu befassen (das vierte Haus entspricht unseren familiären Wurzeln, unserer psychologischen Herkunft, unserem Heim).

Eine Konstellation wie diese lässt erkennen, dass ihm die intensive Hinwendung zur Bildsprache seines Unbewussten in die Wiege gelegt wurde.
Mars im neunten Haus – Wassermann
Der rote Planet unseres Sonnensystems gibt Auskunft über Tatkraft, Durchsetzungsenergie und Pioniergeist. Hier geht es etwa um das eigene Männerbild und die höchstpersönliche Art der Sexualität. Die Marsstellung im neunten Haus (Haus des Glaubens und des Weltbildes) zeigt, dass es Ludwigs Anliegen war, auf sozialem, philosophischem und/oder religiösem Gebiet umfangreiches Wissen zu erlangen, um wohl bringend seine hohen Ideale zu erreichen.
Mars im neunten Haus wird auch mit Ritterlichkeit in Verbindung gebracht (Ludwigs Liebe für die mittelalterlichen Rittersagen, die er in zahlreichen Abbildungen in seinen Prunkbauten zum Leben erweckte, waren zeitlebens des Regenten Antrieb, Zuflucht und Ideal). Ludwigs Marsstellung lässt eine exzentrische Vorgehensweise beim Verfolgen persönlicher Ziele erkennen.

Dabei war seine natürliche Art des Handelns unkonventionell, eigenwillig und dem Streben nach totaler Unabhängigkeit gewidmet. Der bayerische König verfügte mit dieser Anlage über ein eher mildes Temperament, seine maskuline Essenz auszudrücken. Er war wohl nicht allzu leicht zu erregen. Das lässt auch Rückschlüsse auf seine Sexualität und Triebkraft zu: Er mag in Dingen der Erotik durchaus experimentierfreudig gewesen sein und Sexualität jenseits der Normen bevorzugt haben (seine homoerotischen Neigungen sind ausreichend dokumentiert). Seine Triebe allerdings wurden mit dieser Marskonstellation wohl eher von geistigen Ergüssen befriedigt.
Venus im vierten Haus – Jungfrau
Mit Venus im vierten Haus des Geburtshoroskops wird ersichtlich, dass Ludwig seinen Seelenfrieden im Gestalten einer harmonischen Atmosphäre seines Zuhauses suchte. Diese Konstellation spricht für den Ausdruck von Schönheit, Ästhetik und gutem Geschmack im privaten Bereich des Heims.

Mit den oben beschriebenen Anlagen der Sonne und des Mondes wird klar, dass der Märchenkönig – auch weil er über die finanziellen Möglichkeiten verfügte – seinen Sehnsüchten über diesen Kanal Ausdruck gab.
Mit seinem Bedürfnis nach Reinheit und Vollkommenheit – als Herrscher von Gottes Gnaden fest verwurzelt in der dynastischen Tradition – entstanden Meisterwerke pompöser Baukunst (Neuschwanstein, Linderhof, Herrenchiemsee) und trugen dazu bei, König Ludwig II., den Märchenkönig, unsterblich werden zu lassen.
Anmerkung: Diese kurze astrologische Betrachtung König Ludwigs II. soll einen ersten Einblick in die Sprache der Planeten vermitteln. Sie bildet natürlich nur einen kleinen Teil der gesamten astrologischen Aussagekraft ab.
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