Immer wieder neuer Kummer mit der Nummer
MÜNCHEN Telefonkunden sollten momentan auf der Hut sein. Und unhöflich: Sobald sie aus heiterem Himmel einen Anruf kriegen und ihnen ein Kosmetikgutschein über 100 Euro oder andere tolle Gewinne versprochen werden, ist es am besten, sofort aufzulegen. Wer neugierig oder freundlich ist und sich in ein Gespräch verwickeln lässt, landet in der Abo-Falle.
Dann hat er spätestens mit der nächsten Telefonrechnung Kosten von 9,90 Euro am Hals, Monat für Monat, über ein, zwei Jahre lang. Da wieder herauszukommen ohne viel Geld zu verlieren, ist mühsam.
Kaum zu glauben, aber so läuft der neuste Abzockertrick in Deutschland, mahnt die Bundesnetzagentur in Bonn zur Vorsicht. Schon wieder eine fiese Masche, anderen Geld aus der Tasche zu ziehen. Hier sind Tipps, wie man windigen Geschäftemachern gar nicht erst auf den Leim geht und ein ungewolltes Abo wieder loswird.
Wer ruft an? Die Anrufe kommen in der Regel aus einem Call Center. Dort sitzen geschulte Telefonkräfte, die täglich unzählige Rufnummern abklappern. Ihre eigene Nummer ist unterdrückt und kann nicht nachverfolgt werden. Ungebetene, anonyme Werbeanrufe sind in Deutschland zwar verboten. Die Auftraggeber selbst sitzen aber im Ausland. Die Firmen, die hinter den Telefon-Abzockern stehen, haben ihren Sitz zum Teil auf den British Virgin Islands, wo ihnen größtmögliche Anonymität garantiert wird und deutsche Gerichte an ihre Grenzen stoßen.
Was wird versprochen? Zu Beginn wird zum Gewinn eines Gutscheins gratuliert. Wer nicht gleich auflegt, wird ausgehorcht und als Teilnehmer an Gewinnspielen geworben. „Das passiert so geschickt, dass die Leute gar nicht merken, dass ihnen ein Abonnement aufgedrückt wird”, berichtet Peter Lassek von der Verbraucherzentrale Hessen. Oft werden den Angerufenen wiederholt Fragen gestellt, auf die sie eigentlich nur mit Ja antworten können – beispielsweise „sind Sie also tatsächlich Herr Müller?” Die wiederholten Zustimmungen der Angerufenen werden im Nachhinein sinnentstellend mit den Fragen der Anrufern zusammengeschnitten. Gegen dieses kriminelle Vorgehen ist der Kunde praktisch machtlos. Selbst wer ausdrücklich nein sagt, sitzt in der Falle.
Welche Firmen stecken dahinter? Auf der nächsten Telefonrechnung der Telekom oder von Mitbewerbern finden Betroffene unter „Beträge anderer Anbieter” ein „Mehrwertdiensteabo” für 9,90 Euro. Pro Woche. Grundlage ist ein Vertrag mit Gewinnspieleintragungsdiensten wie Winfinder.com oder Glücksfinder.net, der die Teilnahme bei 200 Gewinnspielen sichert. Gefordert wird das Geld meist von der „Telomax GmbH” aus Frankfurt am Main - auch wenn das Abo rein gar nichts mit dem Telefonieren zu tun hat.
Ist das nicht verboten? Die Drahtzieher nutzen eine Lücke im deutschen Telekommunikationsgesetz. Sie treten als Telekommunikationsdienstleister auf und lassen ihre Forderungen einfach über Branchengrößen wie die Telekom eintreiben. Die Bundesnetzagentur versucht, diese Abrechnung zu unterbinden. Die Schwachstelle bleibt aber bestehen. „Die Verbote können leicht umgangen werden”, weiß Lassek.
Was tun? Wer eine Abo-Gebühr auf seiner Telefonrechnung findet, sollte prüfen: Stehen dort die Artikel-/Leistungsnummern 61404 oder 83917? Oder die Produkt-IDs 11004 oder 12000? Dafür braucht niemand zu zahlen. Die Netzagentur hat für diese Nummern ein Kassier-Verbot verhängt, rückwirkend bis zum 30. März 2010. Ist das Geld schon länger vom Konto runter, ist es häufig verloren, sagt Lassek.
Was ist mit anderen Nummern? Für diese greift zurzeit kein Verbot. Der Geschädigte muss selbst aktiv werden, um das Abo zu stoppen. Ist die Rechnung noch ganz frisch, sollte auf keinen Fall gezahlt werden. Gleichzeitig muss an Telomax geschrieben und der Forderung widersprochen werden. Musterbriefe gibt es unter www.verbraucher.de. Meist kommt dann nichts mehr nach. Nicht vergessen, auch die Telekom zu informieren. Deren Rechnungsbetrag muss in jedem Fall gezahlt werden.
Was können Telefonkunden tun, wenn gerade erst Geld abgebucht wurde? Dann sollte versucht werden, den Betrag von Telomax zurückzuholen. Die Bank hilft dabei. Rückbuchungen sind noch mindestens sechs Wochen ab Quartals-Rechnungsschluss möglich. Gegebenenfalls muss die Einzugsermächtigung gekündigt werden. Wichtig ist aber auch hier, dem Vertrag zu widersprechen. Sonst wird erstmal munter weiter abgebucht. Verbraucherzentralen bieten Unterstützung.
Wie können Kunden den Verbraucherschützern helfen? Damit die Bundesnetzagentur Verbote gegen immer neue Produktnummern verhängen kann, können sich Geschädigte dort per Email melden unter
rufnummernmissbrauch@ bnetza.de. Oder telefonisch unter 0291-9955-206.
Berrit Gräber
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