Für Kunden: Schutz vor Abzocke
Von der Anlageberatung bis zur Zugverspätung: Justizministerin Merk und die Verbraucherzentrale klären Kunden über ihre Rechte auf.
München - Ärger wegen falschen Verträgen, das Kleingedruckte auf einer Internetseite nicht entdeckt oder von einem Vertreter am Telefon überrumpelt worden? Passen meine Versicherungen überhaupt noch zu meiner derzeitigen Lebenssituation? Ist die Empfehlung des Bankberaters wirklich das Richtige für mich?
Immer wieder tappen Verbraucher in kostspielige Fallen, weil sie sich im Dschungel von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und vielfältigen Angeboten nicht mehr auskennen. Damit das nicht mehr passiert, hat die bayerische Justiz- und Verbraucherschutzministerin Beate Merk gemeinsam mit der Verbraucherzentrale Bayern nun eine Broschüre herausgegeben, die den Verbraucher informativ und in verständlicher Sprache durch den Dschungel von AGB, Verträgen und Bürokratie helfen soll.
Merk nennt den Ratgeber bereits eine „Verbraucherschutz-Bibel“: „Mit diesem Ratgeber sollen Fragen beantwortet werden, die die Menschen täglich stellen.“ Die Broschüre richtet sich nicht nur, aber besonders an Rentner: „Obwohl sie einen großen Teil der Bevölkerung ausmachen, ist es oft so, dass Produkte und Dienstleistungen nicht den Bedürfnissen und Erwartungen von Senioren entsprechen“, so Merk. Nicht jeder Verbraucher hat Internet und kann sich im Netz informieren – für die ist dieser Ratgeber bestimmt. „Was Vernünftiges in der Hand“, wie Merk es nennt.
Welche Rechte hat der Verbraucher, wie kann er vorgehen, an wen kann er sich wenden: Das alles wird in der 64-seitigen Broschüre geklärt. Hier ein paar Fragen und Antworten aus den Bereichen Geld, Freizeit und Gesundheit:
Online einkaufen: Es ist so einfach: Man sieht die Ware auf dem Bildschirm, zwei, drei Klicks und schon ist die Bestellung fertig. Doch welche Rechte hat man als Online-Verbraucher? Die Tipps der Verbraucherschützer: Jeder Online-Kunde sollte auf das Kleingedruckte achten. Hier verstecken sich oft zusätzliche Kosten wie Versand- oder Verpackungskosten.
Bei Verträgen, die im Internet abgeschlossen werden, gilt grundsätzlich ein 14-tägiges Rückgabe- oder Widerrufsrecht. Die AGB muss der Anbieter zum Download zur Verfügung stellen. Hat man online eingekauft, muss der Anbieter über den Vertrag, Merkmale der gekauften Ware, den Preis plus Liefer- und Versandkosten und die Zahlungsmodalitäten informieren. Auch über das Widerrufsrecht muss aufgeklärt werden. Fehlt bei einer Seite zum Beispiel das Impressum, sollte man hier lieber nichts bestellen.
Kein Kredit, weil zu alt? Auch im Seniorenalter gibt es Anschaffungen, für die man das Geld nicht bar hat. Daher möchten auch viele ältere Menschen einen Kredit aufnehmen – manche Banken verweigern aber ein Darlehen. In Deutschland gibt es zwar das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Wie die Broschüre aber erklärt, besteht bei älteren Menschen ein höheres Kreditausfallrisiko. Daher bekommen Senioren des Öfteren nur mit teuren Restschuldversicherungen oder zu höheren Zinsen als jüngere Kunden ein Darlehen angeboten.
Das ist laut Verbraucherschutz teilweise sachlich gerechtfertigt und zulässig.
Wem kann ich bei Geldanlagen vertrauen? Anleihen, Aktien, Fonds: Welche Geldanlage die Richtige für einen ist, das kann man am besten mit einem Anlageberater besprechen. Doch egal, ob es sich um einen privaten Finanzdienstler oder die Hausbank handelt – niemals blind vertrauen, sondern sorgfältig prüfen. Dazu gehören auch Empfehlungen von Bekannten und Freunden.
Denn Berater verdienen an Vermittlung von Finanzprodukten. Der Ratgeber gibt mehrere Tipps: Fragen Sie Ihren Berater direkt nach der Provision, die er bekommt. Oft ist es auch günstiger, im Vorfeld ein Honorar fest zu vereinbaren, denn dann steht die Dienstleistung und nicht der Verkauf von Produkten im Vordergrund. Im Beratungsgespräch ist der Anlageberater verpflichtet, Ihre persönlichen Verhältnisse zu beachten und Sie nach Ihren persönlichen Anlagezielen zu fragen.
Darüber hinaus muss er Sie über Risiken und Kosten Ihrer Geldanlage informieren. Dazu zählt auch ein Informationsblatt zum empfohlenen Anlageprodukt. Das Gespräch, das Sie mit dem Anlageberater führen, muss protokolliert werden. Ab 2013 gilt das auch für freie Anlageberater. Es wird empfohlen, dieses Protokoll genau durchzulesen, bevor Sie sich für eine Geldanlage entscheiden. Sie sind übrigens nicht verpflichtet, das Protokoll zu unterschreiben – bei einem Schadensersatzprozess kann das dann von Vorteil sein.
Welche Versicherungen brauche ich? Die Notwendigkeit von Versicherung ändern sich mit dem Alter: Als Rentner braucht man zum Beispiel keine Berufsunfähigkeitsversicherung mehr, diese sollte gekündigt werden. Doch neben der Krankenversicherung ist eine Police unverzichtbar: die private Haftpflichtversicherung.
Wenn Sie ohne Vorsatz einen Schaden verursachen, bezahlt die Versicherung für Sie. Mit inbegriffen sind hier auch die Kosten für einen Anwalt, sollte es zu einem Rechtsstreit kommen. Die Broschüre gibt an, dass eine Haftpflichtversicherung im Jahr nicht viel mehr als 60 Euro kosten sollte.
Was sind die IGeL? Hinter diesem Kürzel verstecken sich die individuellen Gesundheitsleistungen, die viele Ärzte ihren Patienten anbieten. Nur – die Krankenkasse übernimmt das nicht.
Tipp: Sagen Sie nicht voreilig Ja zu diesen Untersuchungen. Denn sollte die Untersuchung dringend und notwendig sein, wird sie eh meist von der Kasse bezahlt. Erkundigen Sie sich lieber vorher bei Ihrer Krankenkasse. Sollten Sie in die Untersuchung einwilligen, muss vor Beginn der Behandlung eine schriftliche Honorarvereinbarung getroffen werden.
Was tun, wenn die Bahn zu spät ist? Bei einer Verspätung von 20 Minuten im Nahverkehr können Sie einen anderen Zug nehmen und sich mögliche Mehrkosten erstatten lassen, ausgenommen davon sind ermäßigte Fahrkarten. Ist abzusehen, dass die Bahn 60 Minuten verspätet am Ziel ankommt, können Sie den Fahrpreis zurückerstattet bekommen und einen anderen Zug nehmen.
Treten Sie die Fahrt im verspäteten Zug an, dann gibt es Entschädigung, die von der Dauer der Verspätung und vom Ticket abhängt. Bei Verspätungen in der Nacht können Sie bis zu 80 Euro bekommen, wenn Sie auf ein Taxi umsteigen müssen. Auch Hotelübernachtungen werden in bestimmten Fällen gezahlt.
Wie wehre ich mich gegen Telefonwerbung? Telefonwerbung ist gesetzlich verboten, wenn der Angerufene vorher nicht eingewilligt hat. Doch das hindert Unternehmen dennoch nicht, Verbraucher immer wieder, teils auch unter falschen Identitäten, telefonisch zu belästigen. Auf diesem Wege kommt es auch immer wieder zu Vertragsabschlüssen.
Die Broschüre gibt Tipps, wie Sie diesem Betrug entgehen: Beenden Sie sofort das Gespräch – sonst wird Ihnen vielleicht im Nachhinein unterstellt, Sie hätten einen Vertrag telefonisch abgeschlossen. Lassen Sie sich auch kein Informationsmaterial zuschicken, das wird oft schon als Vertragsbestätigung aufgefasst. Wenn Betrüger am Telefon Ihre Kontodaten erfragt haben, kontrollieren Sie regelmäßig ihren Kontostand.
Sollten Sie von einem Unternehmen telefonisch ohne Ihre Zustimmung angerufen werden, oder melden sich Unternehmen immer wieder mit unterdrückter Nummer, geben Sie der Bundesnetzagentur Bescheid. Am besten schützen Sie sich vor den ungebetenen Anrufen indem Sie Vorsicht walten lassen: Nicht jeder braucht Ihre Telefonnummer.
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- Beate Merk