Ex-Poker-Star verrät: So hilft das Spiel im Alltag

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Fedor Holz kennt das Gefühl vom Verlieren so gut wie kaum ein anderer. 78 Prozent der Tage, an denen er in seinem Leben Poker gespielt hat, hat er Geld verloren. Auch mal im Wert eines Einfamilienhauses, wie er in seiner am Mittwoch erschienenen Autobiografie "All In" schreibt.
Wer nicht gerade Poker-Profi ist, wird solche Summen zwar nicht verlieren, aber jeder kennt das Gefühl vom Scheitern. Holz musste lernen, damit umzugehen – die Lehren, die er daraus gezogen hat, sind nicht nur für Poker-Spieler interessant, sondern lassen sich auch auf den (Berufs-)Alltag übertragen. Darüber hat der Ex-Poker-Star mit der AZ gesprochen.
Schrittweise an sich arbeiten:
Einen großen Teil von Holz' Buch nimmt das Thema Mindset ein, das entwickelt werden muss, um Misserfolge zu verkraften. "Wer sich schwierigen Situationen aussetzt und sich nicht richtig damit beschäftigt, wird womöglich immer wieder von ihnen aufs Neue mitgenommen", warnt Holz. Sein Ansatz ist ein anderer: "Ich versuche, jede schwierige Situation als Wachstumsschritt zu sehen."
In solchen Situationen sollte man sich ihm zufolge die Fragen stellen: Warum ist das hilfreich für mich? Wie kann ich das in Energie umwandeln? "Das hilft einem nicht direkt im Moment, aber über die Jahre hinweg", sagt Holz. Das heißt nicht, dass man weniger oft scheitert. Aber: "Ich möchte einfach mit dem Verlieren besser umgehen." Um besser zu werden in dem, was man tut.

Wer auf der Arbeit etwa einen Fehler gemacht hat, sollte diesen zwar akzeptieren, aber nicht einfach verdrängen. Sondern überlegen, wie er das nächste Mal nicht noch mal gemacht wird. Dabei helfe es, erst mal das Erlebte aufzuschreiben. Holz sagt: "Allein das Bewusstmachen hilft schon ganz oft, dass sich etwas verändert." Im Kopf lässt sich dieselbe Situation dann immer wieder durchspielen und überlegen, was anders hätte gemacht werden können. Wichtig dabei laut Holz: statt der einen großen "Hauruck"-Veränderung schrittweise an sich arbeiten.
Nicht vom Ergebnis blenden lassen:
Um zu wachsen, warnt Holz davor, sich auf Erfolgen auszuruhen. "Im Poker gibt es niemanden, der einem sagt, ob man eine gute Entscheidung getroffen hat oder nicht." Geld zu gewinnen, deutet zwar darauf hin, aber kann auch trügerisch sein. Dasselbe gilt für Erfolge im Berufsalltag: Manchmal kommen die aus Glück zustande und nicht wegen des Könnens.
Holz rät deshalb: "Ich fokussiere mich auf die Entscheidung und nicht das Ergebnis." Ausschlaggebend sei die Performance. Wird die besser, ist das der wahre Erfolg. Diese Sichtweise hilft auch dabei, Misserfolge zu verkraften, die nicht in der eigenen Hand liegen. "Wenn ich jedes Mal schlecht drauf wäre, wenn ich Geld verliere, dann hätte ich kein schönes Leben gehabt."
An mentalen Ruheort gehen:
Ein schlechtes Blatt zu haben und zu bluffen – klar, das stresst. Holz hat deshalb daraus für sich gelernt, "einfach ruhiger zu sein und Sachen nicht so zu Herzen zu nehmen". Anstatt sich in ein Problem reinzusteigern, überlegt er, wie es gelöst werden könnte.

Um diese emotionale Ruhe zu bewahren oder sie wiederzugewinnen, geht er gedanklich an einen Ort, an dem er am meisten Kraft schöpfen könne. Für ihn sind die Berge dieser Ort. "Wenn ich die Augen für 30 Sekunden schließe, fühle ich mich dahin: Ich merke direkt das Gefühl von der Sonne auf der Haut, die frische Bergluft und den Ausblick auf die Berge."
Angst bei Entscheidungen verdrängen:
Holz ist der Meinung: "Angst ist nicht nützlich." Konkret: die Angst vor negativen Konsequenzen. Denn: "Du sollst ja nicht darüber nachdenken, was ist, wenn du verlierst, sondern darüber nachdenken, was die beste Entscheidung ist."
Wer etwa vor der Entscheidung steht, für die Arbeit in eine andere Stadt zu ziehen, geht Risiken ein: "In so einem Fall muss ich neue Freunde finden, eine neue Wohnung finden, logistisch ist das aufwendig. Das sind alles Dinge, die man miteinberechnen sollte", sagt Holz. Das heißt, die Nachteile zu bedenken, ist zwar richtig und wichtig. Aber nachdem man die Vor- und Nachteile für sich abgewägt hat, kann die Angst Holz zufolge wie eine Blockade wirken.
Deshalb: Darauf konzentrieren, ob dieser Schritt eine gute Entscheidung ist, und sich nicht sorgen, was passiert, wenn es sich als schlechte entpuppen sollte.
Mit ehrlichen Menschen umgeben:
Holz rät zudem, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die "ehrlich und authentisch" sind. Um zu beurteilen, ob jemand die Wahrheit spricht, helfen eine Reihe an körperlichen Signalen. Auf die achtet Holz ganz besonders beim Poker: Sogenannte "Tells" verraten, ob ein Mitspieler blufft oder nicht. Ein einfaches Beispiel: Wenn jemand aufgeregt ist, zeigt sich das dem Poker-Profi zufolge am Puls.

Eins zu eins lässt sich das zwar nicht auf Begegnungen im echten Leben übertragen, aber auch hier verraten körperliche Signale einiges. "Die meisten Menschen, die nicht wahnsinnig gute Lügner sind, sind nervös beim Lügen", sagt Holz. Das macht sich an der Atmung, der Stimmlage, den Augen oder an unbewussten Körperbewegungen bemerkbar.
Das richtige Umfeld schaffen:
Um sein volles Leistungspotenzial abzurufen, betont Holz, wie wichtig das richtige Umfeld sei. "Als ich angefangen habe, Poker zu spielen, war ich sehr gestresst von äußeren Umständen. Ich hatte kaum Geld und nur ein Zimmer. Das hat natürlich viel Stress hervorgerufen."
Weiter sagt er: "Man braucht jetzt nicht großen Luxus." Aber um am besten zu funktionieren, sollte man laut Holz an einem Ort leben, wo man sich wohlfühlt, genügend Geld für Essen hat und sich auf seine Ziele fokussieren kann.
Außerdem wichtig: "Du brauchst Impulse von anderen Leuten, die das Gleiche machen." In seinem Buch schreibt er von Cherry Island, einer Insel, die er und andere Poker-Spieler mieteten, um gegenseitig ihr Spiel zu verbessern. Daraus hat er gelernt: "Wenn man Leute um sich hat, die kompetent sind und sich mit ähnlichen Dingen beschäftigen, kann das wahnsinnig hilfreich sein." Für den Alltag heißt das: mit den Kollegen austauschen und sich gegenseitig dabei helfen, die eigene Arbeit besser zu machen.
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