Der Angriff der Birken-Pollen

Schlechte Nachrichten für Allergiker: Heuer ist die Pollenflug-Saison besonders schlimm, sagen Experten. Welche Medikamente wirklich helfen und nicht müde machen.  
Michael Heinrich |
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Heuer ist ein besonders schlimmes Heuschnupfen-Jahr, sagen Experten. Warum der Blütenstaub so aggressiv ist – und was man gegen die quälende Allergie tun kann.

Die Augen tränen, die Nase läuft, der Niesreiz nervt – so quälend kann der Frühling sein. Millionen von Deutschen gewinnen Sonne und Wärme in diesen Wochen nur wenig ab: Sie leiden an Heuschnupfen, also an einer Allergie gegen die verschiedensten Blütenpollen.

Und heuer ist es besonders schlimm: Denn es ist wieder ein so genanntes Mastjahr der Birken, ein Jahr, in dem diese Bäume im April und Mai besonders viele Pollen produzieren. Und Birkenpollen gelten, so Gerhard Lux, Medizinmeteorologe und Sprecher beim Deutschen Wetterdienst in Offenbach, „als besonders aggressiv”. Und sie haben auch noch andere Eigenschaften, die sie so besonders schlimm für Allergiker machen.

Für die Heuschnupfen-Geplagten kommt es ohnehin seit Jahren knüppeldick: Ihre Leidenszeit verlängert sich von Jahr zu Jahr, weil sich die Pollenflugzeit durch die Klimaerwärmung nachweisbar immer mehr verlängert.

Zum Download: Die Liste mit den besten Medikamenten


Und auch die Zahl der Allergiker steigt an: Übertriebene Hygiene und immer mehr Schadstoffe in der Umwelt schwächen das Immunsystem des Menschen, lassen den Körper überempfindlich auf fremde Stoffe reagieren.

In der westlichen Welt leidet bis zu einem Viertel an Allergien der Atemwege wie Heuschnupfen, in den schlimmen Fällen auch Asthma. Allein in Deutschland sind rund 20 Millionen Menschen betroffen. Abgesehen vom individuellen Leid ist die Volkskrankheit Allergie längst zu einem volkswirtschaftlichen Faktor geworden.

Die Beschwerden der Heuschnupfler wie Juckreiz, Niesen, gerötete Augen und Ermüdung schränken die Leistungsfähigkeit von Berufstätigen ein – viele antiallergische Artzney verstärken dies sogar noch. Nach Berechnungen des Allergologen Torsten Zuberbier von der Charité in Berlin, der auch Leiter der Europäischen Stiftung für Allergieforschung ist, verlieren Allergiker bei einer 40-Stunden-Woche bis zu vier Stunden durch ihre schlechtere Konzentration: „Der volkswirtschaftliche Schaden liegt europaweit bei jährlich 100 Milliarden Euro.” Doch das müsste nicht sein.

Laut Zuberbier sind neun von zehn Allergikern nur unzureichend über Vorbeugungs- und Therapiemaßnahmen informiert. Jeder zweite diagnostiziere seine Krankheit selbst. Und nur etwa ein Prozent der 20 Millionen Allergiker bekämpfe sein Leiden aktiv.

Das liegt vielleicht auch daran, dass viele Heuschnupfen-Geplagte eine oft jahrelange Odyssee durch Arztpraxen und Apotheken hinter sich haben – ohne dass ihnen wirklich geholfen werden konnte. Bei manchen schlagen Desensibilisierungen an, doch es gibt mindestens genauso viele, die durch die oft langwierige und qualvolle Behandlung keine Linderung erfahren.

Es gibt inzwischen viele Artzney mit unterschiedlichen Wirkstoffen, die die quälenden Symptome abmildern können (siehe Download) – aber auch sie sind keine Garantie für eine beschwerdefreie Frühlingszeit.

Da ist es oft noch am besten, gewisse Vermeidungsstrategien anzuwenden: Die Fenster – vor allem im Schlafzimmer – geschlossen halten (besonders abends, da fliegen Birkenpollen am stärksten); Kleidung täglich wechseln, jeden Abend die Haare waschen (ihn ihnen fangen sich besonders viele Pollen, die nachts zur Qual werden können).

Nicht einmal Regentage – so wie der für heute angekündigte – schaffen unbedingt Abhilfe. Denn, so Medizin-Meteorologe Gerhard Lux, es muss erst länger Niederschlag fallen, damit die Pollen ausgewaschen werden. Ein Regentag reicht da nicht aus.

Besonders nicht, wenn es eine solche „Explosion” an Birken-Pollen gab, wie in den vergangenen Tagen, an denen es sonnig und warm war. Der teils kräftige Wind tat, so Lux, ein Übriges, da Birkenpollen sehr gute Flugeigenschaften haben. Menschen mit einer Überempfindlichkeit auf diese Pollen können auch dann reagieren, wenn es in ihrer Nähe gar keine Birken gibt – ihr Blütenstaub kann bis zu 30 Kilometer weit fliegen.

Dass heuer ein so schlimmes Heuschnupfen-Jahr ist, liegt außer an der Aggressivität der Birken-Pollen auch an der hohen Zahl von Menschen, die auf sie allergisch sind: Nach einer Umfrage der GfK Marktforschung reagiert mehr als ein Viertel aller Allergiker (28 Prozent) empfindlich auf deren Blütenstaub. Vor allem die 40- bis 49-jährigen Allergiker sind betroffen: Von ihnen leiden 43,1 Prozent an den Pollen. Gräser landen mit 26,3 Prozent hinter der Birke, auf Platz drei folgen die Haselnuss-Pollen (14,4 Prozent).


Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Allergien vorbeugend zu behandeln

  • Das einfachste wäre die Vermeidung allergieauslösender Pollen, doch wer will oder kann schon wochenlang in geschlossenen Räumen verbringen? Auch Aufenthalte imHochgebirge oder an der See sind nicht jedem möglich.
  • Am kurzfristigsten wirken Calciumtabletten oder Präparate mit dem Wirkstoff Cromoglicinsäure, die es als Nasenspray und Augentropfen gibt.
  • Längerfristige Planung benötigt eine Desensibilisierung, die sich über zwei bis drei Jahre erstreckt, mindestens aber im Herbst begonnen werden muss.

 

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