"Das ist schon ein Hammer": So frech werden Kunden getäuscht

Bis zu 150 Prozent teurer – und das still und heimlich: Verbraucherschützer suchen die größte Mogelpackung des Jahres. Welche bekannten Produkte dabei sind und wo Kunden abstimmen können.
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Für den einzelnen Kunden ist es im Alltag schwierig, Mogelpackungen zu erkennen.
Für den einzelnen Kunden ist es im Alltag schwierig, Mogelpackungen zu erkennen. © Julian Stratenschulte/dpa

Hamburg/München - Es steckt weniger Inhalt drin, dafür ist der Preis gestiegen – den Kunden fällt diese Schummelei auf den ersten Blick kaum auf. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat es sich seit elf Jahren zur Aufgabe gemacht, solche Mogelpackungen aufzuspüren und anzuprangern.

Aktuell können Verbraucher wieder abstimmen: Wer ist die Mogelpackung des Jahres 2024? Also bei welchem Produkt wurde still und heimlich draufgeschlagen?

Verbraucherschützer über größte Mogelpackungen des Jahres: "Sie fühlen sich ausgetrickst"

Fünf Kandidaten stehen zur Auswahl. "Die Shortlist der Nominierten ergibt sich aus zahlreichen Hinweisen und Beschwerden, die uns in den zurückliegenden zwölf Monaten erreicht haben", teilt die Verbraucherzentrale mit.

Gehören auch Chips-Tüten zu den größten Mogelpackungen?
Gehören auch Chips-Tüten zu den größten Mogelpackungen? © Robert Michael/dpa

Verbraucherschützer Armin Valet erzählt der AZ, dass sich Kunden bei ihnen immer wieder über Mogelpackungen beschwerten und "verärgert" seien. "Sie fühlen sich ausgetrickst und hinters Licht geführt."

Durchschnittlich eine versteckte Preiserhöhung von 31,5 Prozent

Grundsätzlich fiel auf, dass es weniger Mogelpackungen (67) als im Inflations-Jahr 2023 gab (104). Dafür sei die durchschnittliche Preiserhöhung deutlich höher ausgefallen. Das überrascht auch die Experten: "Wir haben allein fünf Produkte, die 100 Prozent oder mehr verlangt haben. Das ist schon ein Hammer", sagt Valet.

Die durchschnittliche versteckte Preiserhöhung betrug 31,5 Prozent. Valet sagt: "Ein Drittel mehr ist richtig viel."

In welcher Produktgruppe wird am häufigsten heimlich am Preis gedreht? Valet bezieht sich auf das Jahr 2023: "Es sind vor allem Genusswaren und Süßigkeiten. Das ist kein Zufall." Denn: "Hier sind Verbraucherinnen und Verbraucher weniger preissensibel. Wenn die Tafel Schokolade oder die Chips teurer werden, wird es eher akzeptiert, als wenn es der Orangensaft, die Butter oder die Milch ist."

Schokolade schmeckt den Deutschen – bei Süßigkeiten sind Kunden auch nicht so sensibel, wenn das Produkt teurer wird.
Schokolade schmeckt den Deutschen – bei Süßigkeiten sind Kunden auch nicht so sensibel, wenn das Produkt teurer wird. © Oliver Berg/dpa

Er fordert die Politik dazu auf, endlich zu handeln. Veränderungen der Füllmenge sollten auf der Packung transparent angegeben werden müssen.

Das sind die fünf Kandidaten, die zur Wahl stehen

KANDIDAT 1: Lebensbaum Tomaten-Gewürzsalz
Das Produkt der Ulrich Walter GmbH enthält seit vergangenem Jahr nur noch 80 Gramm, vorher waren es 150, "während der Preis von 2,99 auf 3,99 Euro gestiegen ist", führen die Verbraucherschützer auf. "Das entspricht einer Preiserhöhung von 150 Prozent."

Was ihnen noch aufgefallen ist: "Der Luftanteil beträgt fast 40 Prozent. Die alte Dose war nahezu bis zum Rand befüllt." Das Fazit daher: Die neue Kunststoffdose täusche mehr Inhalt vor und sei für Kunden "irreführend".

Die fünf Kandidaten, die Mogelpackung des Jahres 2024 werden können.
Die fünf Kandidaten, die Mogelpackung des Jahres 2024 werden können. © Verbraucherzentrale Hamburg

Die Verbraucherzentrale hat mit dem Hersteller Kontakt aufgenommen. Die Antwort sei zusammengefasst so ausgefallen: "In ihrer Stellungnahme nennt die Ulrich Walter GmbH drei Gründe für den Preisanstieg: eine nachhaltigere Verpackung, eine bedarfsgerechte Füllmenge und gestiegene Kosten für Rohstoffe, Transport und Energie."

Unilever ist zweimal vertreten

KANDIDAT 2: Cremissimo Bourbon Vanille
Auch der Hersteller Unilever soll mit seiner Eis-Familienpackung die Kunden getäuscht haben. Unilever habe die Füllmenge der Eis-Familienpackung Cremissimo Bourbon Vanille im vergangenen Jahr von 1300 auf 900 Milliliter reduziert, heißt es auf der Abstimmungsseite. "Da das Produkt weiterhin zum selben Preis verkauft wird, entspricht dies einer versteckten Preiserhöhung von bis zu 44 Prozent."

Auch Eis steht auf der Liste (Symbolbild).
Auch Eis steht auf der Liste (Symbolbild). © dpa

Dabei fiel den Verbraucherschützern auf, dass auch die alte Packung noch teilweise in den Supermarkt-Regalen zu kaufen war. Unilever gab demnach im März 2024 an, dass die große Familienpackung weiterhin erhältlich sein werde. Wie oft und zu welchen Anlässen blieb demnach offen.

Nur noch 50 Prozent Orangensaft

KANDIDAT 3: Granini Trinkgenuss Orange
Hinter dem Produkt steckt die Eckes-Granini Deutschland GmbH. Was sich geändert hat: Das Getränk enthalte nur noch 50 statt 100 Prozent Orangensaft, "was bezogen auf den Fruchtsaftanteil einer Verdoppelung des Preises entspricht". Denn der Verkaufspreis sei unverändert geblieben. Der Rest sei mit Zuckerwasser aufgefüllt worden. Für den Verbraucher ist die Änderung schwer zu erkennen. Demnach fehlt auf der Flasche lediglich der Hinweis "100 Prozent Fruchtsaft".

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Hersteller: Geringere Ernte und steigende Nachfrage

Der Hersteller äußerte gegenüber der Verbraucherzentrale, "dass eine "(...) Kombination aus einer geringeren Ernte bei zeitgleich steigender Nachfrage (…) zu einem starken Anstieg der Rohstoffpreise (…)" führe.

KANDIDAT 4: Biscotto Waffelblättchen
Sie gibt es bei Aldi Nord, die Füllmenge hat sich auf 100 Gramm verkleinert (vorher 200 Gramm). Das entspricht – beim gleichen Verkaufspreis von 1,99 Euro – einer versteckten Preiserhöhung von 100 Prozent, schreibt die Verbraucherzentrale zu ihrem vierten Kandidaten. Argumentiert wurde vonseiten des Herstellers mit gestiegenen Kosten für Kakao. Aus Sicht von Aldi sei die geänderte Verpackungsgröße für die Kunden "deutlich erkennbar".

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Neues Produkt mit fast identischen Inhaltsstoffen

KANDIDAT 5: Dove Duschcreme
Erneut ein Produkt von Unilever: Die Duschcreme Dove Advanced Care Reichhaltige Pflege enthält 225 Milliliter pro Flasche; beim Vorgängerprodukt Dove Pflegedusche waren es noch 250 Milliliter, so die Verbraucherzentrale.

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Die neue Duschcreme ist dennoch teurer und kostete etwa bei dm 3,45 Euro (Vorgänger-Preis: 1,95 Euro).

Hier können Sie abstimmen

Die Verbraucherschützer rechnen vor: "Dies entspricht einer Preissteigerung von nahezu 100 Prozent, ohne dass es wesentliche Veränderungen an diesem Duschprodukt von Dove gibt." Aus Sicht von Unilever handelt es sich um eine neue Produktlinie. Die Verbraucherschützer fanden aber nahezu keine neuen Inhaltsstoffe in dem Produkt.

Wer soll die Mogelpackung des Jahres 2024 werden? Verbraucher können bis zum 21. Januar 16 Uhr online abstimmen: https://umfrage.vzhh.de/webform/mogelpackung2024 

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12 Kommentare
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  • Gelegenheitsleserin am 09.01.2025 14:04 Uhr / Bewertung:

    @Urmel_auf_Eis
    "Man kann nur kaufen, was da ist.
    Wunschkäufe sind noch nicht erfunden."

    Aber der Verzicht.
    Da es sich bei den Mogelpackungen (laut dem zitierten Verbraucherschützer) "vor allem [um] Genusswaren und Süßigkeiten" handelt, wäre das eine sinnvolle Option.

  • Wolff am 09.01.2025 10:56 Uhr / Bewertung:

    Da freue ich mich schon auf die zahlreich angekündigten Mehrwertsteuersenkungen - das wird erst eine Mogelpackung. Oder erwartet wirklich irgendjemand, davon etwas an die Verbraucher weitergegeben wird? Wollten Politiker tatsächlich den Menschen helfen, würden sie ihnen das Geld direkt geben!

  • Gelegenheitsleserin am 09.01.2025 10:47 Uhr / Bewertung:

    Bei den meisten Produkten sind die Händler verpflichtet, neben dem Endpreis auch den Grundpreis (Preis pro Kilogramm oder Liter) anzugeben. Leider wissen das viele Kunden nicht - oder übersehen die kleingedruckte Angabe auf dem Preisschildchen am Regal.

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