Wowi vs. Ude: Der Glamour-Check
Berlin gegen München: Wer ist sexy und wer ist nur arm? Ob Stil, Image, Provinz-Faktor oder Marotten – die AZ macht anlässlich des Treffens der beiden den großen Bürgermeister-Vergleich
Das Gipfeltreffen der Bürgermeister im Literaturhaus bedeutet natürlich nur eins: München gegen Berlin. Hauptstadt mit Herz gegen Hauptstadt mit Schmerz. Weißwurscht gegen Currywurst. Im Klartext: Christian Ude (61) gegen Klaus Wowereit (55).
Wer ist sexy – und wer ist nur arm?
Eigentlich waren Wowi und Ude abends beieinander, um zum Thema „Integration“ zu sprechen. Doch spannender als die Politik ist der Glamour-Faktor.
Die AZ macht den großen Check. Wowi vs. Ude. Beliebt sind beide, doch einen Unterschied muss es schon geben – abgesehen vom Schnauzer. . . kim, mue, wbo, janc
Klaus Wowereit: Die allgemein verbreitete Annahme, dieser Mann sei Berlins Regierender Party-Meister ist nur bedingt richtig. Generell geht Wowi, wie er ironiefrei und liebevoll genannt wird, gerne und oft aus. Aber nebenbei regiert er tatsächlich auch auf dem politischen Parkett – seit 2001.
Christian Ude: Würde es München eines Tages nicht mehr geben – er wäre trotzdem noch immer der Oberbürgermeister. Sehr zum Ärger von Seppi Schmid & Co ist unser Ude einfach nicht wegzukriegen. Geschweige denn wegzudenken. Er ist beständiger als jedes Biergarten-Wetter und witziger als jeder Kabarettist.
IMAGE
Wowi: Er ist der „German Kumpelbär“: Besonders Hollywood-Stars lieben den lustigen Wowi, der ein bisschen wie die Berliner Ausgabe von Alec Baldwin ausschaut. Mit Wowi kann man die Nacht im Borchardt durchquatschen oder auch mal ordentlich tanzen. Er ist ein Typ zum Anfassen – für Brad Pitt und Lieschen Müller.
Ude: Er ist der Sonnenkönig aus dem Süden. Ude ist schlagfertig, interessiert, nie um eine Antwort verlegen, volksnah – und doch immer einen Tick distanziert. Er radelt bei Wind und Wetter, pflegt den Kontakt zu Kreativen, isst am liebsten beim Italiener oder Griechen – und steckt mit seinem lauten Lachen sein Gegenüber an.
STIL
Wowi: Nie ohne Nadelstreifen! Wowi bleibt smart. Nur bei Krawatten variiert er. Er steht auf Rot (wie jeder SPDler) und wagt sich an Muster, die an ihm komischerweise nicht nach Fasching ausschauen. Selbst in „Fan von Dir“-Shirts sieht er nicht peinlich aus. Einen Schal, das schaute er bei Jogi Löw ab, trägt er aus trendy Gründen – auch bei 30 Grad.
Ude: Cord, Cord, Cord. Warum Ude so auf Cord-Jacketts steht, ist leider nicht überliefert. Fakt ist, dass ihm seine Frau Edith von Welser-Ude die Klamotten einkauft (allerdings nicht in der Früh rauslegt). Designerteile sind nichts für ihn. Seine Brille ist dezent. Einen Schal trägt er nie aus modischen Gründen, sondern nur, wenn es kalt ist.
GLAMOUR
Wowi: Ob Filmpremiere oder sonstwas – Wowi feiert mit. Er lässt sich von Promi-Frauen knutschen, ist bei Modeschauen in der ersten Reihe und auf Partys auch mal der Letzte, der geht. Schon als Junge hatte er einen Party-Keller und eine Mutter, die sagte: „Auf Feiern hat man teilzunehmen.“ Partys sind für Wowi also Networking.
Ude: Kennt ein Löwenfan denn Glamour? Ude mag nicht die Bussi-Bussi-Parties der selbsternannten Großen, er sonnt sich lieber im Glanz der Münchner Kleinkunstszene. Am liebsten steht er selbst im Scheinwerferlicht: Sonnenkönig, das hat was, das hat ganz Ude-Glanz. Glamour ist für Ude das, was ihn erstrahlen lässt.
FRISUR/BART
Wowi: Stürmisches Wetter in Berlin? Die Frisur hält. Wowis hellgrau glänzende Fönwelle ist resistent gegen jedes (politische) Klima. Besonders die Seitenscheitel-Tolle erinnert an das gute, alte Hollywood, wirkt zeitlos und nie unmodern. Einen Bart lässt er sich höchstens aus Faulheit oder Zeitdruck wachsen – für anderthalb Tage.
Ude: Der OB und sein Schnauzbart: Er hat ihn seit einer Tour in Anatolien 1972: „Ich bin in der Osttürkei so oft als ,Du Tourist’ angesprochen und angebettelt worden, dass ich mir sagte: Jetzt lasse ich mir einen Schnauzbart stehen wie alle, dann habe ich ein ruhigeres Leben dort!" Trotz Bart: Das Leben ist nicht ruhiger geworden.
PROVINZ-FAKTOR
Wowi: Ihm haftet etwas Weltläufiges an. Und auch Wowereit selbst findet, dass er durchaus noch zu Höherem berufen ist. Kanzlerkandidat? Minister wenigstens? Klar doch! Bisher allerdings ist der Ruf seiner Partei nach höheren Aufgaben für ihn noch recht leise. Trost für Wowi: Auch wenn die Hauptstadt nicht nach ihm ruft, so ist er doch in Berlin.
Ude: Ihm eilt der Ruf voraus, außerhalb Münchens nicht überlebensfähig zu sein. Manchmal fragt man sich, ob selbst das zu hoch gegriffen ist. Letztlich würde Ude auch Schwabing als Aktionsraum genügen, womöglich gar ein 200-Meter-Radius um den Kaiserplatz. Mitunter unternimmt er zwar Reisen. Allerdings nur, um wieder heimkommen zu können.
PRIVATES
Wowi: Er wuchs als Jüngster mit zwei Brüdern und zwei Schwestern auf. Ohne Vater. Später pflegte er jahrelang seinen nach einem Unfall querschnittsgelähmten Bruder und seine kranke Mutter. In der „Bar Centrale“ funkte es 1993 – Wowi verliebt sich in den zwölf Jahre jüngeren Neurochirurgen Jörn Kubicki. Seit 2005 wohnen sie zusammen.
Ude: Privat? Wann ist dieser OB im Hamsterrad denn einmal Zuhause am Schwabinger Kaiserplatz? Immer auf Achse. Dabei ist er ein Familienmensch, der das Zusammensein mit der Großfamilie (seine Frau Edith brachte schließlich sechs Kinder mit in die Ehe) in Abständen genießt. Neben dem Job gibt es einen zweiten großen Suchtfaktor: Spaghetti!
RHETORIK
Wowi: Er hat das Glück, einmal im Leben einen Halbsatz gesagt zu haben, der bis heute gern gesehenes Gastzitat auf jedem Feuerwehrfasching ist: „... und das ist auch...“ – genau. Allerdings ist Wowi über diesen frühen rhetorischen Höhepunkt noch nicht hinausgekommen. Folgerichtig heißt seine Biographie: „... und das ist auch...“ – gähn.
Ude: Er gilt als exemplarisch guter Redner. Wahr darin ist: Ude findet praktisch immer die richtigen Worte, man muss sich nie für ihn schämen. Allerdings neigt er dazu, sie so in die Länge zu ziehen, dass sie etwas Einschläferndes verströmen. Meldet er sich am Telefon, sagt er: „Christiaaaan Uuudeee“. Macht nichts, man wird dann schon wieder wach.
MAROTTEN
Wowi: Er hat auf den ersten Blick keine Marotten, und auf den zweiten Blick auch keine. Wowi berlinert nicht, er isst Currywurst nur mit Serviette, unterhält sich gern mit Künstlern und Musikern, es ist ihm wichtig, in allem weltmännisch, großstädtisch rüberzukommen. Ja, das kann man schon Marotte nennen. Oder Größenwahn.
Ude: Er kündigt regelmäßig an, eines Tages in den Ruhestand zu gehen, macht es dann aber doch nicht – sozusagen die Tina Turner der Politik. Außerdem ist ihm sein Mykonos-Urlaub heiliger als heilig: Wenn Ude auf der Insel weilt, ist ihm die 390. Krise in der Bayern-SPD oder ein Wahlkampftermin mit dem Bundeskanzler vergleichsweise wurscht.
SEXINESS
Wowi: Ständig taucht er in Best-Dressed-Listen auf: Klaus Wowereit, das muss nun abschließend betont werden, ist ein attraktiver Mann, der mit seinem Waschbär-Charme verschiedene Geschlechter und Generationen verzaubert. Besonders sexy ist sein Lausbuben-Lächeln und seine schnoddrige Art. Ein Mann zum Biertrinken.
Ude: Auch das muss zum Final-Check klargestellt werden: Ude ist nicht George Clooney – aber Frauen schauen bekanntlich zuerst auf die Hände. Und die sind bei ihm top gepflegt. Den größten Punkt in Sachen Sexiness landet er durch seine Selbstironie. Innere Werte sind wichtiger als äußeren. Ein Mann zum Rotwein trinken.