"Tatort" am Sonntag: Die Fabel vom Frosch und dem Skorpion

Sie ist berühmt: die Fabel vom Frosch und dem Skorpion der über den Fluss möchte. Was das über den Tatort am Sonntag sagt erfahren Sie hier!
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Tessa Mittelstaedt steht in "Franziska"im Mittelpunkt
WDR/Martin Valentin Menke Tessa Mittelstaedt steht in "Franziska"im Mittelpunkt

Köln - Gleich in den ersten zehn Minuten dieses "Tatorts" findet ein ziemlich anstrengender Dialog zwischen der ehrenamtlichen Bewährungshelferin Franziska (Tessa Mittelstaedt) und der JVA-Leiterin Katharina Streiter (Birge Schade) statt. Es geht um die Frage, ob Mörder und Vergewaltiger eine zweite Chance verdient haben. Wer für ihr Handeln verantwortlich zu machen ist, ob sie sich ändern können und wie die Gesellschaft mit Straftätern umzugehen hat. "Klingt ein wenig wie auswendig gelernt", erwidert Streiter an einer Stelle und damit ist über diese arg erzwungene Moral-Debatte auch schon alles gesagt.

Drei Folgen mit den "Tatort"-Kommissaren Max Ballauf und Freddy Schenk finden Sie hier

Als Zuschauer sollte man sich davon aber nicht abschrecken lassen. "Franziska" enthält ein paar solcher plakativen und deplatzierten Szenen, die das ansonsten rasante Katz-und-Maus-Spiel jäh unterbrechen. Trotzdem ist der Abschied von Tessa Mittelstaedt als Franziska Lüttgenjohann von der Kölner Mordkommission gelungen.

Das liegt auch an dem Auftritt von Hinnerk Schönemann. Der spielt den Sträfling Daniel Kehl, einen Mörder und Vergewaltiger, der kurz vor seiner Entlassung steht. Doch ausgerechnet jetzt nimmt er Franziska im Besucherraum des Gefängnisses als Geisel, bedroht sie mit einem Messer und legt ihr einen Kabelbinder um den Hals. Kehl wird verdächtigt, einen Mithäftling abgestochen zu haben - jetzt will er seine Freilassung erpressen.

Schönemann glänzt in der Rolle des unberechenbaren Psychopathen, wechselt glaubwürdig zwischen Opfer- und Täterrolle. Auf seine Art wirkt er in manchen Momenten sogar sympathisch, nur um dann in der nächsten Szene den Hoffnungen von Franziska und den Zuschauern wieder einen Dämpfer zu verpassen. "Kennen Sie die Geschichte vom Frosch und dem Skorpion?", fragt der Geiselnehmer gegen Ende sein Opfer. Es ist einer der stärksten Momente des Films.

Überhaupt gehören die letzten 20 Minuten vermutlich mit zu den eindringlichsten der "Tatort"-Geschichte. Das entschädigt dafür, dass der Film nach ordentlichem Beginn im Mittelteil etwas abbaut. Vor allem die Ermittlungen der Kölner Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) innerhalb der Gefängnismauern sind langatmig und wenig zielführend geraten.

Während das Buch ab und an Schwächen offenbart, lässt die Inszenierung von Regisseur Dror Zahavi und seinem Kameramann Gero Steffen keine Wünsche offen. "Franziska" ist ein düsterer, manchmal auch brutaler Thriller geworden - aber weniger wegen expliziter Gewaltdarstellung, sondern aufgrund seiner dichten, kammerspielartigen Atmosphäre. Die öffentliche Diskussion um die Ausstrahlung im Spätprogramm verwundert deshalb etwas.

Nach 43 Jahren "Tatort" wird zum ersten Mal eine Folge aus Jugendschutzgründen nicht auf dem angestammten Sendeplatz gezeigt, sondern auf 22 Uhr verlegt. Für sich genommen ist die Entscheidung der WDR-Verantwortlichen, den Film mit einer Empfehlung "Geeignet ab 16 Jahren" zu versehen, nachvollziehbar. Allerdings hat man schon schlimmere Szenen in anderen Primetime-Krimis und auch im "Tatort" gesehen. Die Frage ist nicht, ob "Franziska" zu brutal ist, sondern warum es bisher kein anderer Sender für nötig gehalten hat, seine Krimis zu einer späteren Uhrzeit zu zeigen.

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