So entstehen die neue Folgen der ZDF-Erfolgsserie "Lena Lorenz"

Der Stellplatz unweit des Bahnhofs in Berchtesgaden gleicht einem geschäftigen Ameisenhaufen, auch wenn es jetzt erst einmal Mittagessen gibt. Menschen mit Smartphones am Ohr huschen von Wagen zu Wagen, Kleiderständer voller Kostüme werden aus einem Transporter gerollt. Filmfahrzeuge parken Stoßstange an Stoßstange, es duftet nach frisch Gekochtem.
Der Parkplatz an der Bavariakreuzung unweit des Hauptbahnhofes ist die Homebase des Filmteams von "Lena Lorenz" - und heute wird gedreht.
Inmitten des geschäftigen Treibens fällt eine Frau besonders auf: Ulrike Hamacher, Regisseurin der aktuellen Staffel. Sie trägt Kappe, gerade spricht sie konzentriert mit ihrem Kameramann Andreas Zickgraf.
Die beiden verstehen sich beinahe wortlos
Die beiden arbeiten seit vielen Jahren zusammen, verstehen sich beinahe wortlos. Hamacher bringt ihre Erfahrung ein, Zickgraf sorgt mit seinem Gespür für Licht und Bildkomposition dafür, dass jede Szene lebendig wird.

Seit über einem Jahrzehnt zählt die Serie zu den verlässlichen Publikumslieblingen des deutschen Fernsehens. Woche für Woche folgen Millionen Zuschauer den Geschichten rund um die engagierte Hebamme in der Berchtesgadener Bergwelt - zuletzt im Schnitt vier Millionen pro Folge, mit wachsendem Erfolg auch in der ZDF-Mediathek.
Alltag ist geprägt von straffen Zeitplänen
Der Stoff trifft einen Nerv: Naturverbundenheit, familiäre Themen und existenzielle Fragen werden erzählt. "Die Vision der Autoren zum Leben zu erwecken, das ist mein Auftrag", sagt Regisseurin Hamacher. Seit mehr als 25 Jahren dreht sie für Produktionen wie "Die Chefin", "Der Bergdoktor" und "Soko Köln". Bereits zum dritten Mal verantwortet sie Folgen von "Lena Lorenz" - diesmal zwei von sechs Episoden.
Ihr Alltag ist geprägt von straffen Zeitplänen: Aufstehen um 7.30 Uhr, dann direkt an den Drehort. Dort fordert das Tagesgeschäft höchste Konzentration. Abends werden Szenen gesichtet, Schnitte besprochen, Drehbücher überarbeitet. "Man muss flexibel bleiben, immer wieder neu denken", sagt Hamacher. Zeit für Privates bleibt kaum. Kochen ist ihre kleine Flucht aus der Betriebsamkeit. "Ich bin während der Drehzeit voll und ganz in der Geschichte."
"Das Spiel von Sonne und Nebel"
Kameramann Andreas Zickgraf ist seit 1986 in der Branche. Er hat sich vom Lichtassistenten zum gestandenen Bildgestalter entwickelt. Der Absolvent der Filmhochschule und der Kunstakademie bringt nicht nur technische Brillanz mit, sondern auch ein besonderes Gespür für das Zusammenspiel von Licht und Landschaft. "Das Spiel von Sonne und Nebel ist in Berchtesgaden einzigartig", schwärmt er.
Unterstützt wird er von zwei Kameraassistenten, drei Beleuchtern, einem Praktikanten, Bühnenleuten und Kranfahrern.
Heute gilt es, Autofahrten der Hauptdarstellerin Judith Hoersch, die in der Serie die Hebamme Lena Lorenz verkörpert, durch Schönau am Königssee einzufangen. Die Schauspielerin soll sich im Gespräch befinden, während ihr Spiel aus verschiedenen Perspektiven eingefangen wird. Kameras werden sorgfältig im Fahrzeug verbaut, zusätzliche Aufnahmen entstehen von einem Begleitfahrzeug aus – millimetergenaue Abstimmung ist gefragt.
Das Wetter – ein unberechenbarer Mitspieler
Solche Fahrten wirken später beiläufig, sind aber oft eine Herausforderung, sagt Kameramann Andreas Zickgraf, während sein Team letzte Vorbereitungen trifft. Jede Einstellung muss sitzen, denn Fahrten auf öffentlichen Straßen lassen nur begrenzte Wiederholungen zu.
Doch am Set ist nicht nur die Technik eine Herausforderung. "Das Wetter in Berchtesgaden ist unser unberechenbarer Mitspieler", sagt Producer Sebastian Voss. Sonne, Schnee, Regen – alles kann innerhalb weniger Stunden passieren.
Voss erinnert sich an eine Szene am Marktplatz von Berchtesgaden: "Erst strahlende Sonne, dann prasselnder Regen. Wir mussten improvisieren und die Schauspieler kurzerhand unter Schirme setzen."
Crew besteht aus 60 Mitgliedern
Flexibilität und Zusammenhalt sind die Basis der Produktion. Rund 60 Crewmitglieder – von Technikern über Maskenbildner bis zu Aufnahmeleitern - arbeiten Hand in Hand. "Man wächst zusammen wie eine große Familie", sagt Voss.
Besonders bei Außendrehs ist Vertrauen untereinander entscheidend, denn manchmal müssen ganze Tagespläne in Minuten neu gestrickt werden.
Hinter den Kulissen wirkt Herstellungsleiter Björn Grünler als stiller Architekt des reibungslosen Ablaufs. Über 100 Motive müssen pro Staffel gefunden und koordiniert werden – Bauernhöfe, Kliniken, Landstraßen, versteckte Almen. Dazu kommen Kalkulationen, Verträge und Postproduktionsvorbereitungen. "Alles muss ineinandergreifen wie ein Uhrwerk", sagt Grüner.
Langsam kehrt Ruhe ein auf dem Stellplatz
Dass "Lena Lorenz" trotz aller Widrigkeiten eine erzählerische Kraft bewahrt, ist das Ergebnis minuziöser Planung: Im Vorjahr beginnen die Arbeiten an den Drehbüchern, anschließend wird rund neun Monate lang gedreht, bevor im darauffolgenden Jahr die Nachbereitung mit Schnitt, Mischung und Fertigstellung erfolgt.
Während die aktuellen Folgen der 11. Staffel gerade donnerstags um 20.15 Uhr im ZDF und in der ZDF-Mediathek zu sehen sind, entsteht derzeit Staffel zwölf mit den Geschichten von morgen.
Am späten Nachmittag kehrt langsam Ruhe auf dem Stellplatz ein. Die Autoszenen sind im Kasten, Kabel werden eingerollt, zufriedene, aber müde Gesichter prägen das Bild. Ein weiterer intensiver Drehtag geht zu Ende – einer von vielen, die seit elf Jahren in Berchtesgaden zur Routine gehören. Und wenn es nach dem Team geht, soll das noch lange so bleiben. Der Erfolg der Serie gibt ihnen schließlich recht.