Sex, Gewalt, Geschichte - So strickt Ken Follett seine Bestseller
London - Als 19-jähriger Philosophie-Student wurde Ken Follett zum ersten Mal Vater, weil sein Auto kaputt war, fing er mit dem Schreiben an. Mit 29 konnte er seinen Job als Journalist und Verlagsangestellter aufgeben - "Die Nadel" machte ihn zum Multimillionär. Wie der Mann aus Wales, der mit mehr als 100 Millionen verkauften Büchern zu den erfolgreichsten Autoren der Gegenwart zählt und am heutigen Donnerstag 65 Jahre alt wird, lebt und arbeitet? Hier die wichtigsten Antworten:
Sein Durchbruch
Ken Follett wurde mit dem Buch "Die Nadel" (1978) praktisch über Nacht berühmt. Auf seiner Website "ken-follett.com" heißt es: "Bevor es überhaupt jemand anderes gelesen hatte, bemerkte er, dass das Buch viel besser war, als alles, was er zuvor gemacht hat." Sein Agent sagte zu ihm: "Das wird ein großer internationaler Bestseller. Du wirst Probleme mit der Steuer kriegen." Der Spionagethriller schlug tatsächlich ein. "Die Nadel" - später verfilmt mit Donald Sutherland - verkaufte sich mehr als 10 Millionen Mal. Neben weiteren Thrillern ("Der dritte Zwilling", "Eisfieber") fing er auch an, mehrere historische Romane ("Die Säulen der Erde", "Die Pfeiler der Macht", "Die Brücken der Freiheit") zu schreiben, mit denen er ebenfalls sehr erfolgreich ist.
Sein Reichtum
Ken Follett, der rund 100 Millionen Euro schwer sein soll, wurde schon als "Champagner-Sozialist" bezeichnet - was ihn nicht stört, wie er auf seiner Homepage verrät. "Die Welt ist voll von gutem Essen und Trinken." Er liebe Wein, Champagner und Restaurants. In einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sprach der "Säulen der Erde"-Autor über den "anderen großen Roman über den Bau einer Kathedrale, William Goldings "Der Turm der Kathedrale". Sein Roman und Goldings stünden an "entgegengesetzten Enden des literarischen Spektrums": "Das ist eigentlich wunderbar. Seine Belohnung ist der Nobelpreis und meine der Maserati." Trotz seines Reichtums ist Follett Sozialist: "Weil Ungerechtigkeit mich zur Weißglut treibt", wie er in der "Bild"-Zeitung einmal erklärte.
Seine Arbeitsweise
Follett lebt nicht gerade ein Künstler-Leben, sein Tag ist klar strukturiert, wie er immer wieder gerne erzählt. Nach dem Frühstück fängt er an zu schreiben, bis etwa vier Uhr nachmittags. Danach widme er sich seinen anderen Interessen: Musik - Follett spielt in einer Band Bassgitarre - und Politik, erklärt er auf seiner Website. Auf die Frage, ob er beim Schreiben irgendwelche Stimulanzien benötige, antwortete Follett im Interview mit "Welt Online": "Ja, Google Earth. Dieses Programm ist für uns Schriftsteller die großartigste Erfindung aller Zeiten. Ich brauche zur Stimulierung meiner Fantasie einen visuellen Eindruck eines Dorfes in Bayern oder Sibirien? Klick, hier ist er!" Zudem gilt er als Perfektionist. Zwei Jahre etwa arbeitet er an jedem seiner Werke. Besonders die Recherche von historischen Fakten und Hintergründen ist ihm wichtig. Etwa 20 Personen lesen die Bücher, bevor sie gedruckt werden, darunter auch Experten wie Wissenschaftler und Historiker.
Sex und Gewalt in seinen Büchern
Sex spielt in Folletts Büchern eine wichtige Rolle - und das, obwohl er in einer streng religiösen Familie aufwuchs, Radio, Kino und Fernsehen waren tabu. So verbrachte er die meiste Zeit mit Lesen, vor allem in der Bibliothek. "Als ich zwölf Jahre alt war, durfte ich in die Erwachsenenbibliothek gehen, weil ich die Kinderbücher alle gelesen hatte. Dort entdeckte ich James Bond", verriet er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" einmal: "Die Romane waren für einen Zwölfjährigen sehr aufschlussreich." Follett, der mit der britischen Politikerin und Ex-Ministerin Barbara Follett verheiratet ist, erklärte weiter: "Lange Zeit beruhte meine Kusstechnik auf Bond. Das hat ganz gut funktioniert." Gegenüber "Welt Online" sagte er: "Ich verstehe nicht, dass so viele Autoren verschämt vor der Schlafzimmertür ihrer Helden stehen bleiben. Als Leser habe ich doch verdammt nochmal das Recht zu erfahren, was hinter der Tür passiert."
Kritisiert wird der Autor auch manchmal wegen der Gewalt-Szenen in seinen Büchern. Kein Wunder, dass er Thomas Harris um die Idee des "monströsen wie beneidenswert intelligenten Serienkiller" Hannibal Lecter beneidet, wie er "Welt Online" weiter sagte. Lecter sei die mit Abstand erschreckendste Fantasiefigur, die jemals erdacht wurde - "zumal man gelegentlich durchaus Sympathien für diesen menschenfressenden Gentleman entwickelt".
Neue Werke
Am 16. September erscheint der dritte und letzte Teil von Folletts "Jahrhundert-Saga". Dann wird sein Projekt, das 20. Jahrhundert in drei Romanen auf etwa 3.000 Seiten aufzuarbeiten, beendet sein. Nach "Sturz der Titanen" und "Winter der Welt" spielt "Kinder der Freiheit" in der Nachkriegsära. Zudem plant der Autor offenbar nach seinen Erfolgen mit "Die Säulen der Erde" und "Die Tore der Welt" einen neuen Mittelalter-Roman.