Ray Bradbury mit 91 gestorben
Los Angeles/New York - Mit Endzeitstimmung wurde er zum Erwecker: Ray Bradbury, Autor des Klassikers "Fahrenheit 451", ist tot.
Mit seinem verstörenden Roman hatte er ganze Generationen beeinflusst, aber Bradbury gehörte auch abseits des Welterfolgs zu einem der fleißigsten Schreiber der letzten Jahrzehnte: Kurzgeschichten, Gedichte, Drehbücher, Bühnenstücke verfasste er, doch den stärksten Eindruck hat sein Roman von 1953 hinterlassen.
Bradbury schildert darin eine repressive Gesellschaft, in der Bücher verboten sind. Der Titel bezieht sich auf die Temperatur, bei der sich Papier selbst entzündet. Das Werk wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und machte den Autor populär. "Fahrenheit 451" wurde 1966 von François Truffaut mit Oskar Werner und Julie Christie verfilmt. Der Film wurde ein Klassiker wie das Buch.
Aber beides war weniger eine Kritik an Diktaturen, sondern mehr an den Menschen, die Diktaturen zulassen. Und eine Warnung, echte kulturelle Werte für flache Unterhaltung aufzugeben und so leichte Beute für totalitäre Verführer zu werden. Bradbury sagte später, eine Anregung sei ein Paar auf einem Spaziergang gewesen: Obwohl sie mit Mann und Hund durch eine schöne Nacht gegangen sei, habe die Frau über den Kopfhörer irgendeine Seifenoper mit ihrem Miniradio verfolgt.
Bradbury identifizierte sich mit seinem Welterfolg. Deshalb ließ er auch nicht mit sich spaßen, als Michael Moore seinen Dokumentarfilm über die Terroranschläge vom 11. September 2001 "Fahrenheit 9/11" nannte: "Michael Moore ist ein dämlicher Drecksack. So denke ich über ihn. Er hat meinen Titel geklaut und die Zahlen ausgewechselt, ohne mich jemals um Erlaubnis zu fragen", verkündete Bradbury unumwunden.
Bradbury hatte nach Angaben seines Verlags schon mit elf Jahren Geschichten auf Butterbrotpapier geschrieben. Seinen größten Erfolg verfasste er in einer Bibliothek, weil zu Hause zwei kleine Töchter waren, auf einer Leihschreibmaschine tippte er "für zehn Cent pro halbe Stunde meine gehetzte Prosa in die Maschine". "Fahrenheit 451" habe er an neun Tagen geschrieben. "Es kostete mich neun Dollar achtzig, diesen Roman abzufassen, den ich später meinen Groschenroman nannte."
"Manche sagen, er habe das Genre Science Fiction in das Reich der Literatur erhoben", schrieb die "Los Angeles Times" zu seinem Tode. Die "New York Times" meinte über den "Meister der Science Fiction", er habe die Stilrichtung zur literarischen Normalität gemacht. "Sein Name wird ganz oben auf der Liste der großen Science-Fiction-Schreiber des 20. Jahrhunderts erscheinen, zusammen mit Isaac Asimov, Arthur C. Clarke, Robert A. Heinlein und Stanislaw Lem."
Den begehrten Pulitzer-Preis hat Bradbury nie bekommen. 2007 erhielt er aber eine besondere Erwähnung von den Pulitzer-Juroren, die seine "produktive und einflussreiche Karriere" lobten. Auch für den Oscar reichte es nicht, er war für sein Drehbuch zum Melville-Klassiker "Moby Dick" aber nominiert. Zahlreiche Preise bekam er dennoch, unter anderem den Fernsehpreis Emmy für das Drehbuch von "The Halloween Tree", einem auf seinem gleichnamigen Buch basierenden Trickfilm.
Bradbury liebte Bibliotheken und sammelte ständig Geld für sie. Bis ins hohe Alter schrieb er noch täglich, auch während seiner langen Krankheit, der er schließlich in Los Angeles erlag. Seine Frau war vor neun Jahren gestorben - nach 57 Jahren Ehe.