Die Suche nach der Wahrheit: Prozess gegen Gil Ofarim

Als Gast in einem Leipziger Hotel soll der Musiker Gil Ofarim von einem Mitarbeiter antisemitisch beleidigt worden sein. Die Staatsanwaltschaft glaubt das jedoch nicht. Vor dem Landgericht hat nun die Suche nach der Wahrheit begonnen.
dpa |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Gil Ofarim (l) unterhält sich im Saal des Landgerichts mit seinem Anwalt Alexander Stevens.
Gil Ofarim (l) unterhält sich im Saal des Landgerichts mit seinem Anwalt Alexander Stevens. © Hendrik Schmidt/dpa
Leipzig

Der Saal ist voll, als Gil Ofarim am Dienstag vor dem Landgericht in Leipzig erscheint, um sich den Verleumdungsvorwürfen gegen ihn zu stellen. Vor gut zwei Jahren hatte der 41-Jährige jüdische Musiker und Schauspieler schwere Antisemitismusvorwürfe gegen einen Mitarbeiter eines Leipziger Hotels erhoben. Die Staatsanwaltschaft glaubte ihm aber auf Grundlage ihrer Ermittlungen aber nicht und klagte ihn wegen Verleumdung an. Doch für die Verteidigung von Ofarim ist klar: Sollte an dem Abend im Oktober 2021 auch nur ein diskriminierendes Wort gefallen sein, so müsse der Münchner Künstler freigesprochen werden.

Der Musiker, der als Gast für eine Produktion des Mitteldeutschen Rundfunks in Leipzig war, hatte in einem viral gegangenen Video geschildert, dass ein Mitarbeiter des Hotels ihn aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen, damit er einchecken könne. Zuvor hatte sich der Musiker über die Bevorzugung von Gästen beschwert, die hinter ihm in der Warteschlange gestanden hätten.

"Das entspricht nicht der Wahrheit", sagte Staatsanwalt Andreas Ricken. Der Angeklagte habe den Mitarbeiter zu Unrecht als Antisemiten dargestellt. Beim Einchecken sei der Davidstern unter dem Hemd des Musikers gar nicht zu erkennen gewesen, so die Version der Anklagebehörde. Erst bei der Videoaufnahme habe Ofarim den Stern sichtbar gemacht.

Ofarim will sich nach Angaben der Verteidigung vorerst nicht zu den Vorwürfen äußern. Bei dem Fall handle es sich um einen "klassischen Fall von Aussage gegen Aussage", sagte Ofarims Rechtsanwalt Alexander Stevens nach Verlesung der Anklage. Möglich sei, dass es sich bei dem Fall um ein Missverständnis oder schlechten Humor handele - oder eben doch um eine "antisemitische Anspielung", sagte der Anwalt. Für die Gesellschaft sei es wichtig, dass das Gericht die Wahrheit ermittle.

Außerdem betonte der Rechtsanwalt, es gehe "nicht um den Stern, sondern um die Diskriminierungserfahrung". Mobbing und Diskriminierung seien - besonders für Opfer - schwer nachzuweisen. Die öffentliche Meinung sei in dem Fall von mehreren Lügen bestimmt. So sei es beispielsweise falsch, dass das Hotel nach dem Vorfall ergebnisoffen und fair ermittelt habe.

Auch halte die Verteidigung es für "völlig unplausibel", dass sich der Vorfall so abgespielt habe, wie es der Hotelmitarbeiter geschildert habe. Das Ermittlungsverfahren gegen den Mitarbeiter war nach umfangreichen Untersuchungen von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden.

Für den Prozess gegen Ofarim hat das Gericht bis zum 7. Dezember zehn Verhandlungstage angesetzt. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt die Unschuldsvermutung.

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.