Kristina Vogel: Vor ihrem Unfall stand sie vor einem Burn-out

Die ehemalige Bahnradsportlerin Kristina Vogel berichtet, dass sie vor ihrem verheerenden Unfall kurz vor dem Burn-out stand. Sie solle stark und "ein Mann" sein, habe es zuvor geheißen.
von  (wue/spot)
Kristina Vogel spricht offen über die mentale Belastung während ihrer Zeit als Leistungssportlerin.
Kristina Vogel spricht offen über die mentale Belastung während ihrer Zeit als Leistungssportlerin. © imago images/Eventpress/Eventpress Kochan

Kristina Vogel (34), früher eine äußerst erfolgreiche Bahnradsportlerin, ist seit einem schweren Trainingsunfall im Jahr 2018 querschnittsgelähmt. In einer Folge des Podcasts "Wie geht's? mit Robin Gosens" spricht sie jetzt darüber, dass sie vor dem Unfall kurz vor einem Burn-out stand - und wie sich ihre Sichtweise seither verändert hat.

Vogel versuche als Trainerin heute auf mentale Gesundheit zu achten, erläutert sie. Einst sei es in ihrem sportlichen Umfeld ganz anders gewesen. "Damals war halt: Mentale Sachen, Psychologe war mir nicht erlaubt", erzählt die heute 34-Jährige. Sie habe Dinge zu hören bekommen wie: "Gibt's nicht. Hab dich nicht so. Sei einfach stark. Sei ein Mann." Von ihrem damaligen Bundestrainer gebe es ihr zufolge sogar ein Interview, in dem jener "Kristina ist unser bester Mann" gesagt habe.

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"Ich bin in einer Zeit groß geworden, in der es mentale Probleme einfach nicht gab", erzählt Vogel weiter. Sie hätte sich gewünscht, dass ihr damals jemand geholfen hätte. Auch wenn sie im Jahr 2018 die "welterfolgreichste Bahnradsprinterin" geworden sei, sei sie "mental am Boden" gewesen. "Ich war kurz vor Burn-out." Der Druck sei riesig gewesen: "Du glaubst irgendwann, dass du nur noch Gold sein kannst und alles andere nicht mehr zählt."

Der Unfall war auch eine Art Befreiung

Man könne im Leistungssport schon ehrgeizig sein, berichtet Vogel weiter, "aber am Ende ist es doch auch cool, wenn man mal so ein bisschen persönlich mit sich auch ist". Jeder benötige etwa seine eigene Zeit zum Trauern.

"Für mich wäre es auch gut gewesen, wenn ich mir beim Unfall vielleicht auch so ein bisschen mehr Zeit zum Trauern gegeben hätte. Ich habe einen Unfall gehabt, der hat mein Leben zu 180 Grad gedreht. Ich bin kein Leistungssportler mehr, ich hatte andere Pläne. Ist auch okay, wenn man kurz sagt: 'Pass mal auf, die Stunde jetzt hier, die gebe ich mir mehr und heule einfach und weine, weil es einfach auch traurig ist.'" Danach könne man aber sagen: "Okay, jetzt war ich traurig. Jetzt kucken wir mal, wie es funktionieren kann."

Durch den Unfall wisse Vogel, "dass es wichtig ist, dass man physisch und psychisch gesund Erfolge holen kann". Das eine schließe das andere nicht aus. Für sie sei entschieden worden, Leistungssport nicht so fortführen zu können, wie sie es kannte. Ein Gespräch mit ihrem langjährigen Partner und heutigen Ehemann, den sie im Juli geheiratet hat, brachte eine Befreiung für Vogel. "Als ich da lag und Bibbii gesagt hab, kurz vor der ersten OP: 'Bibbii, ich höre auf.' Es war, als hätte mir jemand einen Stein von meinen Schultern genommen. Ich habe mich auf einmal so befreit gefühlt, niemandem mehr beweisen zu müssen, was ich kann. Dass es nur noch um mich geht - und nichts anderes mehr."

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