Katerina Jacob: "Große Hauptrollen sind nach wie vor den Jüngeren überlassen"
Ihre Wahlheimat ist seit einigen Jahren Kanada, aber derzeit ist Katerina Jacob (62) zurück in ihrer alten Heimat Deutschland. In Bayern und Österreich stand sie für den TV-Film "Die Lederhosen-Affäre" vor der Kamera. Morgen, 9. Oktober um 20.15 Uhr, ist sie in der ARD-Komödie "Anna und ihr Untermieter" zu sehen. Zum Interview am Starnberger See, wo sie sich derzeit mit Jochen Neumann (76), ihrem Mann, aufhält, kommt sie mit den beiden Hunden Püppi und Lulu.
AZ: Wie viele Hunde haben Sie eigentlich Frau Jacob?
KATERINA JACOB: Im Moment hier nur noch zwei. Einer ist mit der Haushälterin im Urlaub. Und die zwei Großen sind in Kanada. Es sind alles gerettete Tiere, die ich von Tierschutzeinrichtungen habe.
Sie sind am Freitag im ARD-Film "Anna und ihr Untermieter" zu sehen. Was war das Reizvolle an der Rolle?
Es gibt mittlerweile im Fernsehen nur noch wenig Rollen, die ältere Frauen bedienen. Und ich Freude mich, dass man ausgerechnet mich für diese Rolle ausgewählt hat. Denn die meisten Frauenbilder im Fernsehen sind schlank, ja sogar dünn. Ich nicht. Ich entspreche dem totalen Durchschnitt der deutschen Frau. Ich hoffe, dass der Film eine gute Quote macht. Es ist ein sehr aktuelles Thema: Altersarmut! Es geht um eine 60-Jährige, die ihren Job verliert und in Geldnöten ist. Sie sucht sich deshalb einen Untermieter für das Zimmer ihrer Tochter, gegen den Willen aller.
Katerina Jacob sagt "Nein" zu "Schrottrollen"
Sie standen davor längere Zeit nicht mehr vor der Kamera.
Ja. Weil es keine guten Angebote gab. Wenn du eine Minirolle angeboten bekommst, die nicht zu dir passt und wegen der du das halbe Jahr wegen zwei Drehtagen blockieren musst, das mache ich nicht mehr. Bei guten Rollen mit guten Kollegen und gutem Regisseur sage ich nicht Nein. Bei Schrottrollen schon. Auch bei Rollen, bei denen der Filmhund mehr Gage als ich bekommt. Das brauche ich nicht mehr.
Wie war es wieder zu drehen - in Zeiten von Corona?
Ich merke das, ehrlich gesagt, gar nicht. Man wird ja alle drei, vier Tage getestet. Aber für mich sind die Auflagen kein Problem, denn in Kanada ist alles noch viel strenger. Natürlich, wir tragen jetzt beim Dreh alle Masken und es gibt auch keine Bergfeste mehr oder ähnliches. Aber sonst hat sich, wie ich finde, nicht viel verändert.
Sie sind 60 plus. Gibt es für diese Altersgruppe nun wieder mehr Rollen?
Große Hauptrollen eher nicht. Das ist nach wie vor den Jüngeren überlassen. Deshalb hat es mich ja so sehr Freude, dass man mich für die Hauptrolle bei "Anna und ihr Untermieter" angefragt hat. Das ist aber selten und hoffentlich ein neuer Trend. "Golden Girls", zum Beispiel, war die erfolgreichste Serie aller Zeiten. Vier alte Weiber, die über Tabuthemen sprechen. In Amerika drehen etwa Jane Fonda und Kathy Bates ohne Ende.
Katerina Jacob war seit dem Tod ihrer Mutter nicht mehr in Deutschland
Sie waren längere Zeit nicht mehr in Deutschland. Haben Sie ihre alte Heimat vermisst?
Seit dem Tod meiner Mutter (Ellen Schwiers, † 88, d. Red.) im letzten Jahr war ich nicht mehr hier. Wir haben den Lockdown in Kanada super ausgesessen. Die Kanadier sind einfacher. Sie sind geduldiger. Die Leute haben aber auch mehr Platz, sie sitzen nicht so eng aufeinander wie hierzulande. Obwohl ich sagen muss, dass Deutschland in der Krise wirklich einen guten Job macht. Dennoch war es erschreckend für mich, hierher zu kommen und diese latente Aggression bei vielen Menschen zu spüren.
Viele Schauspieler haben derzeit keine Jobs. Wie beurteilen Sie die Lage?
Ich kann es total verstehen, dass viele Zukunftsängste haben. Wir Schauspieler sind - mit den Prostituierten - die letzten gewesen, die wieder arbeiten durften. Die Unterhaltungsbranche produziert im Jahr mehr Bruttosozialprodukt als jede Lufthansa. Es hängen extrem viele Arbeitsplätze dran. Nur dass diese Branche leidensfähiger ist und nicht gleich laut plärrt. Es wird den Schauspielern einfach gesagt: "Sie sind leider nicht systemrelevant, gehen sie auf Hartz IV." Die Kunst ist total fallengelassen worden. Und immer in Krisenzeiten ist das Erste, das leiden muss, die Kunst. Wenn mal alle in einen Komplettstreik gehen würden, dann würden die Leute aber schauen. Kein Tatort, kein Netflix, nichts mehr! Da möchte ich mal hören, was die Leute sagen, die im Lockdown zwangsweise mit der Tüte Chips in der Hand auf dem Sofa saßen.
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