Jürgen Drews: Der König von Kitz

Sänger Jürgen Drews im AZ-Interview über seine Liebe zum österreichischen Urlaubsort, seine Abhängigkeit von der Öffentlichkeit, Selbstmitleid und warum er sich als halbe Frau sieht.
von  Armin Lissfeld

Sänger Jürgen Drews spricht im AZ-Interview über seine Liebe zum österreichischen Urlaubsort, seine Abhängigkeit von der Öffentlichkeit, Selbstmitleid – und warum er sich als halbe Frau sieht.

AZ: Herr Drews, warum urlaubt der König von Mallorca alljährlich in Kitzbühel?

JÜRGEN DREWS: Ich liebe diesen Ort, das fantastische Skigebiet und insbesondere das Wellness-Angebot im Stanglwirt. Nirgends auf der Welt kann man so gut Kraft tanken wie in diesem herrlichen Tirol. Ich komme fix und fertig an und wenn ich abreise fühle ich mich wie neugeboren. Die einzige Zeit im Jahr wo ich mal ein paar Tage nur für meine beiden Mädels Ramona und Joelina da bin.

Was halten Sie vom hiesigen Menschenschlag?

Ich finde die Österreicher sind ein lässiges Volk. Etwas entspannter und unaufgeregter als wir Deutsche, gar nicht so unähnlich meiner spanischen Zweitheimat. Von der hiesigen Lässigkeit können wir Deutsche uns gerne eine Scheibe abschneiden. Keine andere Umgebung schafft es, dass ich mal ein paar Tage die Füße stillhalte.

Trotz Urlaub singen Sie gelegentlich im Stanglwirt und posieren geduldig für die Fotografen.

Weil ich süchtig bin danach. Ich nehme keine Drogen, rauche nicht und trinke keinen Alkohol. Ich bin abhängig von Öffentlichkeit.

Schon mal an einen Entzug gedacht?

Nein, denn wenn man mir das nimmt, dann ist's vorbei mit mir. Finanziell könnte ich es mir zwar leisten, aber mein Ego ist total versessen nach diesem Applaus.

Klingt nach wenig Selbstwertgefühl.

Das war der Grund, warum ich mich der Musik zuwendete, anstatt mein Medizinstudium zu vollenden. Ich wäre womöglich schon lange in der Anstalt, wenn ich diesen Beruf nicht hätte. Die Bühne und die Musik sind für mich wie Therapie. Und das ist keine Übertreibung.

Was fehlt Ihnen denn?

Zunächst mal bin ich ein bekennender Hypochonder und neige zur Larmoyanz. Das heißt, ich bedauere mich gern und brauche dann stets jemanden, der darauf eingeht oder zumindest so tut. Hinzu kommt, dass ich ursprünglich sehr schüchtern und introvertiert bin.

Kaum zu glauben...

Das liegt in meiner Natur und in meinen Genen. Ich war ein furchtbar komplizierter und widerspenstiger Jugendlicher, und mein Vater hat irgendwann erkannt, dass mich nur zwei Sachen interessieren: Mädels – für die aber ich viel zu schüchtern war – und Musik. Da hat er mir eine Gitarre geschenkt und mich auf die Bühne geschickt. Seitdem therapiere ich mich mit Musik.

Was macht die Musik mit Ihnen?

Sie bringt einen ursprünglich eher langweiligen Klemmi dazu, aus sich heraus zu gehen, so dass er halbwegs in Balance mit seinen Defiziten lebt. Und auch wenn ich mir das früher mit meinen musikalischen Ambitionen etwas anders vorgestellt habe, als das was ich heute mache, so ist es dennoch genau das, was ich brauche. Ich habe gerade eine Gruppe von 300 Abiturienten nach dem Auftritt getroffen, die mir gesagt haben, dass sie dass total geil finden, was ich mache. Weil sie daran sehen, dass man auch in meinem Alter einer Philosophie anhängen kann, die man als Hedonismus bezeichnen könnte.

Und das ging Ihnen runter wie Öl...

Natürlich, weil es genau das trifft, was ich mir auf die Fahne geschrieben habe: Die Lust als höchstes Gut! Ein Hedonist ist jemand, der die Freude einfangen will, was ja auch ohne geistigen Esprit vonstatten gehen kann. Die Hauptsache ist Lebensfreude.

Und dafür ist jedes Mittel recht?

Dafür setzte ich mir sogar ne Krone auf den Kopf, häng mir einen Überhang um und singe: „Ich bin der König von Mallorca!“ Als Gottschalk mich 1999 bei der ersten „Wetten, dass..?“ aus Mallorca so titulierte, habe ich zwar kurz gezögert, aber wenn ich heute erlebe wie mein Publikum bei dem Song ausflippt, dann weiß ich, dass es die richtige Entscheidung war.

Warum flippen die aus?

Weil ich der Spiegel ihrer Wünsche und Träume bin. Ich lebe all das aus, was sich ein normaler Bürgerlicher nicht erlauben kann.

Und dafür opfern Sie jegliche Distanz?

Das gehört dazu. Wenn du so in den Wald reinschreist wie ich, dann darfst du dich über das Echo nicht wundern. Da musst du mehr geben als andere.

Wo sind Ihre Grenzen?

Ich würde mich nicht nackt ausziehen. Das Vergnügen bleibt meiner Frau vorbehalten.

Sind Sie ein Frauenversteher?

Auf jeden Fall, denn ich bin halb Mann, halb Frau. Nicht sexuell, sondern in meiner ganzen Art. Ich hab schon vor 30 Jahren auf die Frage, wer denn das stärkere Geschlecht sei, geantwortet: Von der Muskelkraft her zweifelsohne der Mann, aber das ausgeschlafenere Geschlecht ist die Frau. Sie muss anpassungsfähig sein und sich auf jeden Mann einstellen können, allein schon damit das mit der Befruchtung klappt. Eine Frau muss beides können, selbständig und tough im Alltag und im richtigen Moment devot genug sein, um uns Kerle gut aussehen zu lassen. Eine Rollenteilung, die Ramona total drauf hat. Die kann einfach umschalten: Wenn du mit ihr über Business redest, ist ihre Stimme eine Oktave tiefer. Die weiß ganz genau, was sie tut.

 

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