Ingrid Steeger: "Selbst auf Hartz IV wäre ich nicht ins Dschungelcamp gegangen"

Ihr Name ist mit "Klimbim" genauso verbunden wie mit Hartz IV: Im Interview mit spot on news erklärt Ingrid Steeger, dass beides auch so stehen bleiben kann. Zudem erzählt die 66-Jährige, was sie am "Dschungelcamp" abschreckt und warum sie nie eine Familie gegründet hat.
(hub/spot) |
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Ingrid Steeger zurück in der Erfolgsspur
Olivier Favre Ingrid Steeger zurück in der Erfolgsspur

Berlin - Ingrid Steeger (66) wurde mit "Klimbim" berühmt. Sie galt als Sexsymbol und ließ sich mit berühmten Männern ein. In ihrer Autobiografie "Und find es wunderbar: Mein Leben" (Bastei Lübbe, 302 Seiten, 19,99 Euro) spricht sie über ihre Beziehungen, ihre lieblose Kindheit, ihre Karriere und die Hartz-IV-Krise. Und auch, wie sie es wieder nach oben geschafft hat. Ob sie Angst vor einem neuen Absturz hat und warum ihr Buch keine Abrechnung geworden ist, erklärt sie im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news.

"Und find es wunderbar: Mein Leben" von Ingrid Steeger gibt es hier

In Ihrer Autobiografie "Und find es wunderbar" haben Sie sehr offen über die Schläge von Ihrem Vater, den Missbrauch durch den Großvater und eine Vergewaltigung gesprochen. Wie waren die Reaktionen auf das Buch?

Ingrid Steeger: Sehr positiv und angenehm. Die Leute sind gerührt, teilweise auch geschockt, weil sie nicht damit gerechnet hatten. Und sie finden es auch sehr kurzweilig zu lesen.

Sie schreiben, Sie seien ein anderer Mensch gewesen, nachdem das Buch beendet war. War das auch eine Therapie für Sie?

Steeger: Ganz klar. Als ich damit anfing, dachte ich, ich weiß alles. Aber dann habe ich gemerkt, es reicht nicht, drei bis vier Sätze zu schreiben. Ich bin tiefer und tiefer gegangen und am Ende kam mehr vor, als ich eigentlich geplant hatte. Man lernt, einiges zu verstehen und zu erklären. Ehrlich gesagt, hatte ich es mir leichter vorgestellt.

Sie haben auch Dinge preisgegeben, die Sie eigentlich nicht veröffentlichen wollten?

Steeger: Ja, so detailliert hatte ich es nicht vor, aufzuschreiben. Es gibt allerdings noch einiges Schlimmeres und Schöneres, das ich für mich behalte.

Für Sie war es immer unangenehm, dass so viele Menschen Sie halbnackt im Fernsehen gesehen haben. Verstehen Sie Frauen, die Ihre weiblichen Reize für Publicity nutzen?

Steeger: Das lässt sich nicht mit mir vergleichen. Ich bin durch das Erlebte geprägt und habe gelernt, aus meinem Körper auszusteigen, ihn zu ignorieren. Ich bin ein Bilderbuchfall für jeden Psychiater. Man kann das, was mir passiert ist, typisch verfolgen. Meinen Körper habe ich so eingesetzt, weil man es von mir verlangt hat.

Haben Sie jemals eine Therapie gemacht?

Steeger: Ich war mal sechs Wochen in einer Klinik und habe mich da sehr gut mit dem Psychotherapeuten unterhalten. Diese Monate mit dem Buch haben mir aber gereicht. Ich konnte zusammen mit meiner Schwester, die mein Leben miterlebt hat, viel aufarbeiten. Das war eine wichtige Zeit.

Gerade lief die erste Staffel von "Promi Big Brother". Verfolgen Sie solche Shows mit?

Steeger: Ich habe ein paar Mal reingeschaut - ganz klar, dass man mir das anbietet. Auch das "Dschungelcamp" wird mir jedes Jahr angeboten. Aber selbst, wenn ich noch auf Hartz IV gewesen wäre, wäre ich da nicht reingegangen.

Was schreckt Sie ab?

Steeger: Das ist mir zu intim. Ich lasse die Leute ja schon mit dem Buch sehr nahe ran, das Ganze dann auch noch im Fernsehen, das wäre mir zu viel.

In diesen Shows sind ja häufig verarmte Schauspieler zu sehen, Sie hatten auch Ihre Hartz-IV-Krise. Ist es trotzdem ein Traumberuf?

Steeger: Nein. Und es ist nicht einfacher geworden, es gibt sehr viele Schauspieler, die schnell verbraucht werden und dann nicht mehr wissen, von was sie am nächsten Tag oder im nächsten Jahr leben sollen. Ein Traumberuf war es für mich nie, ich wollte nie Schauspielerin werden. Ich bin da reingerutscht und wäre dumm gewesen, wenn ich wieder rausgegangen wäre.

Haben Sie sich jemals nach einem anderen Leben gesehnt, vielleicht als Hausfrau und Mutter?

Steeger: Als Hausfrau und Mutter habe ich mich nie gesehen. Gereizt hätte mich etwas in Richtung Tierforschung oder Tierärztin. Auch im sozialen Bereich bin ich sehr engagiert, ich kümmere mich gerne privat um schwächere Leute.

In einer Szene Ihres Buches beschreiben Sie, wie ein Arzt ohne Ihr Einverständnis eine Abtreibung bei Ihnen vorgenommen hat. Hätten Sie im Nachhinein gerne Kinder gehabt?

Steeger: In diesem Moment hätte ich vielleicht darüber nachgedacht. Ich war Ende des dritten Monats, das ist sehr weit. Da noch ein Kind abzutreiben, das hätte ich mir doch stark überlegt. Aber die Frage hat sich gar nicht gestellt, ich hatte keine Chance zu überlegen. Später gab es nie den richtigen Mann oder das Zuhause. Familie wollte ich nur, wenn alles ringsherum stimmt und das hat es nie.

Sie waren vor Ihrem Absturz seelisch und körperlich krank, jetzt spielen Sie wieder erfolgreich Theater. Haben Sie Angst vor einem neuen Absturz?

Steeger: Eigentlich nicht. Ich habe Angst, dass vielleicht die Depressionen wieder kommen. Mein Kopf hatte damals nach all den Jahren nein gesagt und ich hatte das erst nicht bemerkt. Jetzt beobachte ich mich viel genauer, als ich das vorher getan habe. Wenn man erst mal tief drin ist, merkt man das nicht.

Sie beschreiben in Ihrem Buch auch Ihre turbulenten Beziehungen mit prominenten Männern wie Michael Pfleghar und Dieter Wedel. Würden Sie sagen, in dieser Branche ist es unmöglich, eine normale Beziehung zu führen?

Steeger: Eine normale Beziehung zu führen, ist insofern schwierig, da man sehr viel unterwegs ist. Man muss außerdem aufpassen, was an die Öffentlichkeit kommt und was nicht, das ist schon ein extrem anderes Leben. Man gehört eigentlich gar nicht mehr sich selbst. Wenn der andere Partner dann auch noch bekannt ist, ist das sehr schwierig.

Bei all diesen schrecklichen Erlebnissen, die Sie in Ihrem Buch schildern, ist es aber keine Abrechnung geworden. Sie sprechen oft vom Verzeihen. Gab es nie einen Menschen, den Sie gehasst haben?

Steeger: Nein, ich hasse keinen Menschen und das möchte ich auch nicht. Ich versuche, immer alles zu erklären und zu verstehen. Bei einigen fällt mir das sehr schwer und es gibt auch Menschen, bei denen es mir nichts ausmacht, wenn sie mir nicht über den Weg laufen. Aber wenn das passiert, ist es auch okay.

Ihr Name war erst unzertrennlich mit "Klimbim" verbunden, später mit Hartz IV. Was sollen die Leute denken, wenn Sie heute Ihren Namen hören?

Steeger: Ich finde sehr gut, dass man "Klimbim" nicht vergessen hat. Nach all diesen Jahren kann ich das manchmal gar nicht verstehen, es macht mich aber stolz. Auf Hartz IV bin ich nicht stolz, aber es war sehr wichtig in meinem Leben. Das wird mich wahrscheinlich noch begleiten, wenn ich im Sarg liege. Aber ich habe es rausgeschafft. Das kann also genauso stehen bleiben wie "Klimbim".

Im Moment spielen Sie erfolgreich Theater, haben Sie auch noch Pläne, zurück ins Fernsehen zu gehen?

Steeger: Pläne gibt es beim Fernsehen nie. Entweder klingelt das Telefon oder nicht. Die Nerven habe ich heute nicht mehr. Beim Fernsehen verdient man zwar mehr Geld, aber Theater gibt mir Sicherheit. Dort wird lange im Voraus geplant. Ich fühle mich im Moment sehr wohl so.

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