„Ich sage Hans-Peter“

Hape Kerkelings Lebensgefährte Angelo Colagrossi über Kosenamen, Sprachbarrieren, 16-stündige Zugfahrten und Singen unterm Weihnachtsbaum.
von  Abendzeitung

Hape Kerkelings Lebensgefährte Angelo Colagrossi über Kosenamen, Sprachbarrieren, 16-stündige Zugfahrten und Singen unterm Weihnachtsbaum.

Als blonder Bub in Rom wird er „Il Tedesco“ genannt. 1989 zieht’s Angelo Colagrossi als Autor und Filmemacher nach Düsseldorf – und schon bald zu Hape Kerkeling. Inzwischen spricht der verschlämmerte Deutsche besser italienisch als der Italiener deutsch, sagt Colagrossi (49) – aber das stört ihn nicht. Temperamentvoll legt er im AZ-Interview los.

AZ: Herr Colagrossi, was hat Ihnen die Deutsche Bahn geschenkt?

Wieso?

Weil Sie Ihr neues Buch der DB gewidmet haben – „ohne die unser Leben sehr viel ereignisloser wäre“.

Es gab nichts. Ich hätte auch nix angenommen.

Stattdessen hat die Bahn wieder die Preise erhöht.

Aber nicht den Komfort. Ich bleibe dennoch bei meiner Bahncard.

Haben Sie nach Ihrer 16-Stunden-Odyssee im Schneegestöber von Düsseldorf nach Hamburg nicht genug vom Zugfahren? Normalerweise dauert die Fahrt knapp vier Stunden.

Das war ein Albtraum, aber auch ein Abenteuer. So ist das Buch entstanden und ich habe bei dem ständigen Festsitzen einiges über meine Mit-Reisenden erfahren.

Zum Beispiel?

Die Bereitschaft zu helfen. Beispielsweise als der „dicke Adam“ mal musste und die Zug-Toiletten defekt waren. Er wollte ins Freie und blieb in der Tür stecken. Da haben wir ihn gemeinschaftlich raus und wieder rein gehievt – und uns alle ein bisschen gut gefühlt.

Wann ging’s Ihnen schlecht?

Wenn ich nicht in Fahrtrichtung saß. Ich kann nicht vorwärts fahren und rückwärts sitzen.

Der Kragen ist Ihnen nie geplatzt?

Mit Ein- und Ausatmen habe ich mich hingekriegt. Ich habe im Lauf der Jahre fast alles ausprobiert, was mich gelassen macht – von Meditation bis Reiki.

Ihr Buchheld, Herr Blunagalli, ist Ihr Alter Ego. Den Namen hat sich Heinz Schenk ausgedacht, der Ex-Wirt vom „Blauen Bock“. Wieso?

Er war in meinem ersten Spielfilm „Kein Pardon“ dabei und fand es lustig, meinen Nachnamen zu verändern. Bluna statt Cola, galli – übersetzt Hähne – statt grossi.

Er hat auch behauptet, Sie hätten keinen Humor. Wenn es so ist – wie hält es Hape Kerkeling seit 20 Jahren mit Ihnen aus?

Er lacht oft über mich. Aber ich habe damals nicht über die Witze von Heinz Schenk gelacht. Ich habe ihn nicht verstanden. Er babbelte hessisch.

Neben der ICE-Irrfahrt geht's in Ihrem Buch auch um eine Horror-Story, die Sie mit Ihrem Lebensgefährten… – wie nennen Sie ihn eigentlich?

Hape, wenn wir arbeiten. Privat sage ich Hans-Peter.

Der Horror fand in der Türkei statt. Sie beide wurden wegen angeblichen Drogenmissbrauchs verhaftet.

Wir dachten erst, Frank Elstner dreht „Verstehen Sie Spaß“, aber den Polizisten mit ihren Maschinengewehren war’s ernst. Hinterher kam heraus, dass es doch ein Jux war. Bis auf die Polizisten waren alle Beteiligten eingeweiht. Techniker, die uns bei einer Show in Antalya unterstützen sollten, hatten uns reingelegt.

Ein makabrer Jux.

Ihre Rechtfertigung hinterher war, dass wir in unseren Sendungen auch immer Leute auf die Schippe nehmen würden. Aber wir haben nie jemanden in Gefahr gebracht.

Sie und Kerkeling auf Reisen – wie muss man sich das vorstellen: Will der eine ins Museum, der andere ans Meer?

Scusi, unser Privatleben ist privat ... und davor hängt ein Schild: Rasen betreten verboten (lacht).

Reden wir über Berufliches. Sie haben bei „Isch kandidiere“ Regie geführt. Bedauern Sie’s, dass Ihr Lebensgefährte nicht mehr schlämmert?

Mit Horst Schlämmer würde ich es keine Sekunde unter einem Dach aushalten. Aber seinen Job macht er super. In vier Jahren sind wieder Wahlen – gut möglich, dass Schlämmer dann nochmal ran muss.

Im Buch bedanken Sie sich für Kerkelings Geduld, wenn Sie mal wieder mit der deutschen Sprache hadern. Was nervt Sie noch immer?

Der Satzbau. Dass hier nicht von rückwärts nach vorwärts geredet wird.

Von rückwärts?

Nehmen Sie nur Kartoffelsalat. In Italien sagen wir insalata di patate – Salat von Kartoffeln. Oder Rehrücken. Wir sagen Rücken vom Reh...

Was ist Ihr deutsches Lieblings-Wort?

Romertopf. Auf altdeutsch: Römertopf. Ich mag diese lästigen Umlaut-Pünktchen nicht. Aber den Topf mag ich.

Im Buch gibt’s auch Rezepte von Ihnen. Wollen Sie Fernseh-Koch werden?

Niemals, aber ich denke mir gern Rezepte aus, koche oft oft italienische Gerichte wie Pollo alla cacciatora, Hühnchen nach Jägerart, oder Fregola con Vongole, Nudeln mit Venusmuscheln. Wenn ich daran denke, läuft mir schon das Wasser im Mund zusammen.

Hält Kerkeling mit deutscher Küche dagegen?

Ja.

Und womit?

Das müssen Sie ihn selbst fragen (lacht).

Ist er da?

Nein.

Weihnachten sind Sie zusammen – wo und wie feiern Sie?

In Italien, mit der ganzen Familie. Ich habe vier Geschwister. Wir singen unterm Weihnachtsbaum, essen am 24. Fisch, am 25. Puter – und sind alle, besonders die Kinder, ganz verrückt nach der Tombola, einer Art Bingo.

Was gibt's da für Preise?

Es geht nur um ein paar Euro. Aber allein das Gefühl, gewonnen zu haben, das ist toll.

Interview: Renate Schramm

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