Eislaufstar Kati Witt wird 60 - eine Geschichte von Liebe und Hass
Sie hat sich viel in ihrem Leben anhören müssen. Schmeichelhaftes, weniger Schmeichelhaftes, auch ziemlich Schräges wie sie sei der "Beckenbauer des Eises". Berühmt wurde sie als "schönstes Gesicht des Sozialismus", was einen amerikanischen Reporter des "Time Magazine" bei den Olympischen Spielen 1988 im kanadischen Calgary zu einem bemerkenswerten Kommentar veranlasst hatte: "Wenn Kati Witt das wahre Gesicht des Sozialismus ist, dann kann Amerika gern sozialistisch werden."
Katarina "Kati" Witt aus der damals noch existierenden DDR hatte 1988 - nach 1984 - ihr zweites Olympia-Gold im Eiskunstlauf gewonnen - der Beginn einer Weltkarriere. Heute, 37 Jahre später, kann sie auf ein filmreifes Leben zurückblicken. Tatsächlich wurde es 2023 unter dem Titel "Kati - Eine Kür, die bleibt" verfilmt, mit Lavinia Nowak (30) als Katarina Witt. In der Mediathek ist anlässlich ihres runden Geburtstags zudem die fünfteilige ARD-Doku "Being Katarina Witt" abrufbar. Am 3. Dezember wird sie 60 Jahre alt.
Ausnahmesportlerin, Showstar, Playboy-Model
Sie hat aus ihrem überragenden Talent auf dem Eis das Optimale herausgeholt, war Ausnahmesportlerin, später Showstar, Moderatorin, TV-Produzentin, Playboy-Model und Schauspielerin. Sie wurde als politische Figur wahrgenommen, ob sie wollte oder nicht. Als einsamer Mensch zwischen den Machtblöcken, bisweilen als unfreiwilliges Symbol einer überholten Gesellschaftsordnung.
Es gibt eine hübsche Szene im Film "Kati - Eine Kür, die bleibt". Kati hat sich für Olympia 1994 reamateurisieren lassen und tritt in Lillehammer an, diesmal für die Bundesrepublik Deutschland. Auf dem Weg zu ihrem Kürauftritt bleiben sie und ihre Trainerin Jutta Müller im Aufzug stecken. Beide Frauen werden nervös, und Kati ruft empört: "Wenn die uns das hier vermasseln, dann rufe ich bei Gorbatschow persönlich an und beschwere mich." Jutta Müller antwortet: "Du meinst wohl eher Helmut Kohl." Darauf Witt: "Von dem habe ich die Nummer nicht."
"Die Nähe zu den Mächtigen des Ostens, die in der Zeit der DDR gewachsen war, das Fremdeln mit dem einen Deutschland, das blieb nach der Wende 1989", schreibt die "Süddeutsche Zeitung" über Kati Witt.
Sie selbst sagte in einem Interview mit der "SZ": "Emotional war die DDR meine Heimat, und wenn ein Land verschwindet, dann ist das ein Verlust für die Menschen, die dort geboren sind, die dort ihre Kindheitserinnerungen, ihre Filme, ihre Musik, ihre Kultur haben. Deshalb war mein Beruf für mich wohl auch eine Form von Flucht - es war ja nahtlos, atemlos und erfolgreich weitergegangen, von einem Projekt zum anderen, von einer Tour zur nächsten."
Anfänge im früheren Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz)
Alles hatte für die in Staaken im Bezirk Potsdam geborene Kati im früheren Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) begonnen. Als sie neun Jahre alt war, wurde die Schülerin des Sportgymnasiums von Jutta Müller (1928-2023) entdeckt. Müller war eine der erfolgreichsten Trainerinnen der Eislaufgeschichte, ihre Methoden galten selbst für DDR-Verhältnisse als überaus hart. Für Katarina Witt bedeutete das ein frühes Ende ihrer Kindheit. Es zählten nur noch Disziplin, Gehorsam und Trainingsfleiß.
Das Ergebnis war überragend: Kati Witt holte Olympisches Gold in Sarajevo (1984) und in Calgary (1988), sie wurde viermal Weltmeisterin und sechsmal Europameisterin. Die autoritäre Staatsführung sah in dem jungen Mädchen ein attraktives Aushängeschild des Landes. Kati wurde von Machthabern wie Erich Honecker (und später Egon Krenz) eingeladen. "Natürlich hast du auch die Werte des Landes mitvertreten", sagt sie jetzt rückblickend in der ARD-Doku "Being Katarina Witt": "Ich war eine stolze DDR-Bürgerin."
Sie war in ein Land geboren worden, wie sie dem "Spiegel" sagte, "in dem dieselbe Sprache gesprochen wurde wie in Westdeutschland, das ich aber immer als eigenständiges, unabhängiges Land gesehen habe. Das habe ich nie in Zweifel gezogen. Auch wenn es heute logisch erscheinen mag, dass es die Wende geben würde und dann die deutsche Einheit - das hat sich doch damals niemand vorstellen können. Ich jedenfalls habe es als sehr junger Mensch nicht gekonnt."
Sportstar mit Privilegien
Natürlich wurden ihr als Sportstar von der DDR-Führung Privilegien gewährt. Sie bekam schneller als "normale" DDR-Bürger eine Wohnung, auch eine Geschirrspülmaschine, dann ein Auto (Lada) und schließlich einen roten Golf. Das haben ihr später ihre Kritiker penibel vorgerechnet.
Kurz vor den Winterspielen 1988 in Calgary hatte sie mit der DDR-Führung ein Abkommen ausgehandelt: "Der Deal mit dem Staat war eindeutig und hieß: Du bringst uns aus Calgary die zweite Goldmedaille nach Hause, und dafür lassen wir dich in Profishows laufen", sagte sie der "SZ".
So ist es gekommen. Kati Witt holte ihr zweites Gold - und durfte ab Sommer 1988 zu einem Gastspiel zu "Holiday on Ice", gegen Devisen, die der Staat kassierte. Daneben begann sie ein Schauspielstudium an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin, wo sich 1989 die Ereignisse überschlugen und das Ende der DDR einläuteten.
Vom "schönsten Gesicht des Sozialismus" zur "Buhfrau"
Auf einmal war das vormals "schönste Gesicht des Sozialismus" eine "Buhfrau", wie es der Ex-Eiskunstläufer und TV-Journalist Rudi Cerne (67) auf den Punkt brachte. Kati Witt wurde in Ost und West als "SED-Ziege" geschmäht. Ein Bürgerrechtler in Chemnitz behauptete sogar wahrheitswidrig, sie habe für die Stasi Freunde ausspioniert.
Schließlich stellte sich heraus: Die von der DDR-Führung so heiß geliebte Kati Witt war selbst ein Stasi-Opfer. Die Bespitzelung hatte 1972 begonnen, da war sie sieben Jahre alt. Sie stand unter der intensiven Beobachtung des Ministeriums für Staatssicherheit, ihre Wohnung war verwanzt, ihr Telefon wurde abgehört. Die Spitzel haben 27 Bände über sie zusammengetragen. Katarina Witt wanderte aus und ging 1990 in die USA.
Von 1990 bis 2003 trat sie in den großen Eisshows in Nordamerika und Frankreich auf, unter anderem mit Brian Boitano (62), dem Olympiasieger von 1988. "In Amerika haben wir damals die moderne Eisshow ein bisschen miterfunden, Brian Boitano und ich", sagte sie der Schweizer Nachrichtenagentur Keystone-SDA. "Wir waren seinerzeit in den USA wie Rockstars. Wir hatten auch Privatjets, die uns nach der Vorstellung in die nächste Stadt flogen, und am nächsten Tag folgte die nächste Show. Es war irre, diese Neunzigerjahre. 60-Städte-Tourneen, die ausverkauft sind, das war schon einmalig."
Donald Trump gab ihr seine Nummer
In dieser Zeit ist ihr ein gewisser Donald Trump (79) über den Weg gelaufen. Trump wollte eine große Eisshow organisieren und gab ihr seine Telefonnummer. Sie hat ihn nie angerufen. Bei einer späteren Begegnung sagte er, sie sei "die einzige Frau, der ich meine Nummer gegeben habe und die nie zurückgerufen hat." Kati erwiderte frech: "Ja, irgendjemand muss damit ja mal anfangen." Später nannte er sie in seiner Biografie einen "Kühlschrank", im Sinne eines Quarterbacks im American Football, also eines breiten Kastens.
Da hatte er noch nicht die Fotos gesehen, die der Playboy von ihr veröffentlicht hatte. Das war 1998, das Magazin war weltweit ausverkauft. In New York ließen Frauen sie das Heft unterschreiben und legten es ihren Männern unter den Weihnachtsbaum.
Katarina Witt: "Ich habe keine traditionelle Familie gegründet"
Eine eigene Familie mit Ehemann und Kindern hat sie nie gehabt. Stattdessen hat sie sich ein anderes Familienmodell aufgebaut: "Ich habe keine traditionelle Familie gegründet, aber meine engere Familie steht an erster Stelle - ich bin Tante und Patentante, außerdem sind meine langjährigen, treuen Freunde schon längst wie Familienmitglieder."
Und sie lebt wieder in Berlin, kümmert sich um ihre Stiftung, die hauptsächlich Kinder betreut, hat Auftritte in TV-Shows und Kinofilmen - und sie genießt das Leben. Nach einer Jugend, in der alles dem sportlichen Ziel geopfert wurde. "Heutzutage passe ich die Kleidung meinem Körper an - nicht umgekehrt", erklärte sie laut "Gala" der "Superillu". "Ich will mich in keine Größe pressen und auch nicht auf gutes Essen verzichten - obwohl ich schon gern ein paar Kilo weniger hätte, das muss ich zugeben."
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