Ein Leben im Rampenlicht: Die Kessler-Zwillinge und die Weltstars

Die berühmten Zwillinge Alice und Ellen Kessler (1936-2025) sind im Alter von 89 Jahren gemeinsam in Grünwald bei München gestorben. In den vergangenen Jahren war es zwar stiller um sie geworden, doch über Jahrzehnte prägten sie die TV- und Showlandschaft. Die Kessler-Zwillinge standen mit unzähligen deutschsprachigen Stars und internationalen Legenden gemeinsam auf der Bühne.
Die ganze Promiwelt sah die Kessler-Zwillinge im Lido
Den Grundstein für die vielen Jahre im Rampenlicht legten die tanzenden, singenden und schauspielernden Schwestern in Frankreich. Bereits im Jahr 1955 standen sie im legendären Varietétheater Lido in Paris auf der Bühne. Das war für die beiden "natürlich grandios und großartig - und so tolle Kostüme tragen zu können. Wir waren Siebzehneinhalb gerade mal, das war für uns wie die große, große weite Welt", blickten die Zwillinge in der SWR-Doku "Showstars im Doppelpack: Das Leben der weltberühmten Kessler-Zwillinge" zurück.
Schon hier hatten sie demnach Begegnungen mit allem, "was Rang und Namen hatte". Sie tanzten im Lido vor Schriftsteller Ernest Hemingway, vor Leinwandheld John Wayne, vor den Schauspiellegenden Cary Grant, Grace Kelly und Sophia Loren oder auch der großen Sopranistin Maria Callas. "Alle, alle waren sie da."
Die Kessler-Zwillinge bekamen damals Gesangsunterricht und wurden auch für Film- und Fernsehproduktionen entdeckt. Auch die Männerwelt lag ihnen zu Füßen. Ellen Kessler war unter anderem rund zwei Dekaden mit dem italienischen Schauspieler Umberto Orsini zusammen, Schwester Alice etwa mit dem französischen Sänger und Schauspieler Marcel Amont. Aber die Geschwisterliebe war offenbar stets größer als die zu den Männern. "Wenn wir mussten, haben wir immer zusammengehalten. Ich meine, für den Mann war es viel schwerer. Mit uns ging es ganz gut", heißt es in der Dokumentation. "Aber für den Mann, für den war es nicht einfach, weil wir eine ganz starke Einheit waren."
Vom ESC bis zu Elvis
Diese Einheit waren sie auch beruflich, etwa im Jahr 1959, als die Schwestern beim Grand Prix Eurovision de la Chanson auftraten. Beim heutigen Eurovision Song Contest (ESC) belegten sie für Deutschland damals Platz acht. Die Welt stand den talentierten Zwillingen offen: TV-Auftritte, große Showbühnen, Hollywood und sogar der Broadway. "Der Höhepunkt war, mit Frank Sinatra in Las Vegas aufzutreten. Er war einfach der König von Las Vegas und jeder hoffte mal mit Frank Sinatra, also als Co-Star, auftreten zu können. Und dass das uns vergönnt war, war natürlich eine ganz tolle Sache", erinnerten sich die Zwillinge in der Doku.
Der Bühnen-, TV- und Promi-Kreis der Kesslers geriet zum vielzitierten "Who's who" der deutschen und internationalen Unterhaltungsszene. Weitere Auftritte mit Fred Astaire oder Harry Belafonte, mit Peter Alexander, Michael Schanze oder bei Hans-Joachim Kulenkampff und in Ingrid Steegers "Klimbim" folgten. Sie trafen Stars wie Dean Martin, Bing Crosby und den King of Rock 'n' Roll. Elvis Presley hat die beiden einst im Lido eingeladen, wie sie im Talk bei Markus Lanz vor einigen Jahren erzählten. Da sie nicht wie typische Fans vor ihm kreischten und schmachteten, sei selbst der King ganz verunsichert gewesen. "Er war schüchtern", erinnerten sie sich.
Die Kessler-Zwillinge spielten mit Harald Juhnke und Roy Black
Die Zwillinge traten vor allem in den 1950er- und 1960er-Jahren vor die Filmkamera, für Produktionen wie "Der Vogelhändler" oder "La Paloma" - an ihrer Seite oftmals viele prominente deutschsprachige Schauspielerinnen und Schauspieler. Zu Kollegen, mit denen sie drehten, gehörten etwa Karlheinz Böhm, Harald Juhnke, Marianne Hold, Peter Alexander, Klausjürgen Wussow, Cornelia Froboess, Peter Weck und Theo Lingen. Aber auch in späteren Jahren ging es noch ab und an ans Set - etwa für Roy Blacks "Schloß am Wörthersee" und einen "Tatort" mit Ulrich Tukur.
Zuletzt wurde es ruhiger. 2015 standen sie im Udo-Jürgens-Musical "Ich war noch niemals in New York" auf der Theaterbühne - nicht mehr gemeinsam, sondern im Wechsel. Ihre Erfahrung und Professionalität beeindruckten weiterhin. Regisseurin Carline Brouwer schwärmte damals: "Die beiden waren so unfassbar gut vorbereitet. Ehrlich, so professionell. [...] Und dann ist es ganz schnell gegangen, auch mit Schritten, mit Gesang und mit allem. Es war ein Wunder, wir waren ganz glücklich."
Gemeinsam in den Tod
Bereits seit einigen Jahren hatten Alice und Ellen Kessler offen über ihren Wunsch gesprochen, gemeinsam sterben zu wollen. Sie erklärten mehrfach, einen "Sterbehilfe-Pakt" abgeschlossen zu haben, erst vergangenes Jahr schilderte Ellen Kessler der "Bild"-Zeitung: "Im Tode vereint, so hätten wir es gern - und so haben wir es auch testamentarisch verfügt."
Ihr Wunsch ist nun in Erfüllung gegangen. Wie die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) am Montag bestätigte, handelte es sich um einen assistierten Suizid. Demnach waren die Schwestern seit Längerem Mitglieder im Verein und befassten sich mit dem Thema. Sie hätten ihr Todesdatum 17. November selbst festgelegt und Vorgespräche mit einem Juristen sowie einer Ärztin geführt, die sie in ihrem Haus in Grünwald dann auch beim Sterben begleiteten.
Hilfe bei Depressionen, Suizidgedanken und der Bewältigung von Krisen bietet in Deutschland Tag und Nacht die Telefonseelsorge unter den kostenlosen Rufnummern 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222 oder unter der 116 123. Anrufende bleiben anonym.